Eisen und Magie: Nordwind (Kapitel 13)


Ein neues Kapitel aus der Fantasy-Serie "Eisen und Magie: Nordwind". Heute findet Ihr die ein oder andere Erklärung, welche Gründe das Handeln unserer Protagonisten bestimmen. Doch um ihre Ziele zu erreichen, müssen sie erst lernen zusammen zu arbeiten.

Doch wird die Elfe jemals einem Elfenmörder vertrauen können?






Eisen und Magie:


Nordwind


von Peter H. Brendt 
Das Sternenlicht reichte aus, um zu erkennen, dass eine dunkle Gestalt Mirgha fesselte. Ein alter Lappen verstopfte ihren Mund, ihre vor Angst aufgerissenen Augen beobachteten, wie ihr Peiniger sie sorgfältig abtastete. Bald erkannte die Elfe Sandos, den Kopfgeldjäger, der das zappelnde Mädchen mit dem Knie auf dem Boden drückte.

«Ich werde es finden», zischte er leise. «Ob Du Dich wehrst oder aufgibst. Also halt lieber still. Umso schneller ist es vorbei.»

Mit der Linken streichelte er Mirghas Haare, untersuchte sorgfältig jede Strähne. Die Hand fuhr durch das Gesicht, betastete ihren Oberkörper und wanderte weiter. «Dein Kleidung hilft mir. Der enge Samt kann es nicht verbergen. Und meine Nase führt mich mit Sicherheit an die richtige Stelle.» Elo`tah sah, dass der Kopfgeldjäger den Kopf tief über die Gefesselte beugte und stoßweise die Luft einsog.

Nachdem Sandos an ihrer Brust keinen Erfolg hatte, schob er den Rock des Clanmädchens nach oben. Seine Linke kroch zwischen ihre Beine, zwängte sie auseinander. «Es ist so klein. Das sagen mir die Freunde, die mit mir einen Körper teilen. Ich werde es finden. Egal, wo Du es versteckst. Und falls ich versage, muss ich sie auf die Suche schicken.»

Er hob den rechten Handschuh hoch. Das dunkle Leder bewegte sich, als ob es lebte. Der Anblick ließ kalte Schauer über Elo´tahs Rücken laufen. Schließlich betastete er ihre Knöchel des Mädchens und die kurzen Stiefel, die sie trug. Ein triumphierendes Schnaufen verkündete, dass er Erfolg hatte.

Mit spitzen Fingern hob er einen kleinen Gegenstand in die Höhe. «Ich wusste es. Du hast den Kommandanten belogen. Das ist etwas, in dem durchaus Magie steckt.»

Das Licht reichte nicht aus, um zu erkennen, was der Kopfgeldjäger so aufmerksam musterte. Elo´tah fühlte Kälteschauer über den Rücken streichen, als Sandos den Fund an den rechten Handschuh hielt. Denn unter dem Leder schien ein Lebewesen zu erwachen. An mehreren Stellen versuchten unsichtbare Finger oder Krallen, durch die Oberfläche zu brechen. Die Sinne der Elbin spürte körperlich die Gier, die hinter den unheimlichen Bewegungen steckte.

Ohne eine Regung verbarg der Kopfgeldjäger den unbekannten Gegenstand im Gürtel. Mit der anderen Hand zog er ein Messer aus einem Stiefel und ging hinüber zu Elo´tah, die gebannt auf die Klinge starrte. Trotz ihrer Fesseln versuchte die Elbin, fortkriechen, aber Sandos packte sie am Bein und zog sie mühelos zurück.

Mit der behandschuhten Rechten drückte er sich auf den Boden. Er grinste, als er die Angst in den Augen seines Opfers sah. Mit einer blitzschnellen Bewegung drehte er sie auf den Bauch und stemmte einen Fuß in den Rücken der Hilflosen.

Elo´tah hielt den Atem an. Ihr Gedächtnis hatte sie nicht getäuscht. Über ihr stand wirklich Sandezz, der Mörder und Elbenjägerin, von dem die Geschichten erzählten. Sie erwartete das gleiche Schicksal wie die Elbenkönigin.

Der Kopfgeldjäger kniete neben sie und kam mit dem Mund nah an ihr Ohr. «Psst. Keinen Laut. Wir haben einen langen Weg vor uns!»

Mit einem kräftigen Ruck durchschnitt er ihre Fesseln. Mit der Linken half er Elo´tah den Knebel los zu werden. Noch einmal ermahnte er sie, ruhig zu sein, in dem er den ausgestreckten Zeigefinger an die Lippen führte. Ohne sie weiter zu beachten, ging er zu dem Clanmädchen und befreite auch sie.

Wütend erhob sich die Elbin. Hektisch suchte sie nach einer Waffe. Aus Wut über die erlittene Schmach schoss ihr das Blut ins Gesicht. Da sie nichts fand, mit dem sie auf den Kopfgeldjäger losgehen konnte, ballte sie die Fäuste.

Aber als sie waffenlos vor dem Hünen stand, erkannte sie die Nutzlosigkeit des Plans. Ohne magische Hilfe besaß sie gegen Sandos keine Chance. Mirgha stellte sich neben sie. Auch in ihrem Blick tobte Wut und Entrüstung über die Erniedrigung.

«Gib es zurück», zischte sie. «Es gehört mir!»

«Bei mir ist es besser aufgehoben!» Sandos zeigte keine Regung. Die Aufregung der zwei Frauen schien ihn wenig zu kümmern. Er wies auf die schweigende Mauer aus Untoten, die vor dem Wehrturm wartete. «Deswegen sind sie hier. Aus diesem Grund haben sie euch angegriffen.» Er deutete auf den Gürtel. «Und ihr seid offenbar nicht in der Lage, es zu beschützen.»

Leise öffnete er die Klappe in den Turm und befahl den Beiden, ihm zu folgen. «Wir müssen hier weg. Wenn der Kommandant die Situation durchschaut, dürfte er Dir deinen kleinen Schatz entreißen wollen. Er ahnt, dass er die Untoten aufgehetzt hat. Entweder wird er ihn vernichten oder den Belagerern überlassen und sich auf diese Weise freikaufen.»

Die beiden jungen Frauen zögerten. «Macht schnell», forderte Sandos sie auf. «Wir müssen weg. Ich fürchte, dass er nur noch kurze Zeit braucht, um zu einer Entscheidung zu kommen. Kommt mit mir, ich kenne den Weg hieraus.» Er verschwand in der Luke, erschien aber sofort wieder, als er bemerkte, dass sie ihm nicht folgten.

«Ihr könnt auch bleiben. Doch seid sicher, sobald der Anführer der toten Körper da draußen eingetroffen ist, wird der Wehrturm überrannt werden. Und jeder, der zu dem Zeitpunkt hier ist, reiht sich in ihre Reihen ein.»

»Ihr lügt«, entgegnete Elo´tah. »Ich weiß zwar nicht, was ihr Mirgha geraubt habt. Aber dieser Gegenstand ist der Grund, warum die Untoten hier sind. Entkommt Ihr aus dem Turm, folgen sie ihm. Hier sind wir am sichersten. Doch ohne meine Freundin ist er für Euch ebenfalls wertlos. Sie ist die Priesterin des Stammes. Ohne sie werdet Ihr nie erfahren, was er bewirkt.«

Sandos lächelte freudlos. »Da wäre ich mir nicht so sicher. Das Ritual der Steinsäulen gibt es schon seit Jahrhunderten. Aber Mirghas Hilfe kann ich wirklich brauchen. Doch das gilt nicht nur für mich. Wer immer hinter den Ereignissen steckt und was er auch damit bezweckt, er sucht zu diesem Zweck einen Priester oder Priesterin des Clans. Ich habe daher Zweifel, dass die Untoten euch zwei in Ruhe lassen werden.«

Mirgha ging zu dem Kopfgeldjäger. »Ich komme mit. Mein Stamm braucht Hilfe. Wie könnte ich mich da hinter Mauern verstecken. Ihr seid mir unheimlich, Sandos. Alle Sinne warnen vor dem Ungeheuer, das in Euch wohnt. Aber im Augenblick besitze ich keine andere Möglichkeit. Ich muss Euch vertrauen. So schwer es mir auch fällt.«

Die Elfin verschränkte die Arme vor die Brust. Dann trat sie an die Brüstung des Turms und betrachtete die Reihen der Untoten, die sie belagerten. Ein leichter Wind kam auf und trug den Geruch der faulenden Körper zu ihnen hinauf. Nach einer Weile drehte sie sich um.

»Herkosh steckt dahinter. Der Mörder meiner Familie und Zerstörer der Oase. Noch weiß ich nicht, welche Pläne er hat. Aber er bedroht die Menschen hier und bringt nur Tod und Verwüstung. Feuer bekämpft man mit Feuer. Vielleicht seid Ihr der richtige Mann, um ihm entgegenzutreten. Ich komme mit. Schon allein, damit meine Freundin nicht ohne Schutz bleibt, wenn sie mit einem Ungeheuer, wie Ihr seid, zusammen reist.«

Der Kopfgeldjäger wollte hinabsteigen, aber Mirgha hielt ihn am Arm fest. »Wartet! Was ist mit Opappa. Soll er nicht mitkommen?«

Sandos schüttelte ihre Hand ab. »Im Turm ist er am sichersten aufgehoben. Von ihm wollen die Leichen da draußen nichts. Ohne ihn reisen wir schneller.«

Ohne weiteres Wort stieg er hinab. Die beiden jungen Frauen schauten sich an, dann zuckte Elo´tah mit den Schultern und sie folgten ihm.






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