Thumberger Tagesblatt meldet: Die Jagd ist eröffnet!

So oder so ähnlich könnte die Schlagzeile einer Zeitung in Thumberg (wenn es dort so etwas gäbe) lauten. Denn gleiche zwei Fraktionen jagen unsere beiden Helden durch die Gassen und Straßen der Hafenstadt.

Viel Spaß mit dem neusten Kapitel aus "Thumberg: Der Alte Gladiator"!

Das letzte Kapitel verpasst? Ihr findet es hier.




Pan Mochtgehrn verließ das „Atton“ wie abgesprochen auf dem Weg ins „Rote Pony“. Dort plante er, das Ergebnis der Untersuchung mit Master Leym zu besprechen. Für ihn gab es keine Zweifel, dass Dundra unschuldig war. Den Ort eines solchen blutigen Massakers konnte niemand verlassen, ohne selbst vom Blut des Opfers überströmt worden zu sein. Diese Vermutung hatte sich im Zimmer des Gasthauses bestätigt.

Er hoffte, in dem Buch weitere Hinweise zu finden. „Freunde und Feinde“ lautete der Titel, offenbar von dem ermordeten Kaufmann verfasst. Zu dumm, dass er die Schrift nicht kannte. Aber mit etwas Glück wusste Master Leym, wer ihnen bei ihren Ermittlungen weiterhelfen würde.

Bereits nach wenigen Schritten überkam ihn das Gefühl, dass ihn jemand beobachtete. Schnell drehte er sich um, um seinen Verfolger zu stellen. Ein recht zerlumpter Kerl mit sonnengebräunter Teint und schiefen Zähnen suchte Deckung im Schatten einer Gasse..

Pan ließ mit keiner Bewegung erkennen, dass er ihn erkannt hatte, sondern ging ruhig weiter. Er versuchte, herauszufinden, wo der Unbekannte herkam. Die Kleidung sah aus, als ob ihr Besitzer die letzten Tage im Gefängnis geschlafen hatte. Strohreste und Rattenkot. Doch die Farbe der Haut bewies, dass er noch vor kurzer Zeit häufig der Sonne ausgesetzt war. Öfter und intensiver als ein gewöhnlicher Stadtmensch.

Spontan fiel ihm ein Seemann ein, dem der Dienst auf dem Meer eine solche Bräune schenkte. Je länger er überlegte, desto mehr Anzeichen auf den Beruf des Mannes fand er.

Die tiefen Falten an den Augen, wenn er sie vor dem grellen Sonnenlicht auf See zusammenkniff. Der wiegende Gang, der so gar nicht zu den Straßen und Gassen Thumbergs passte. Er gehörte zweifellos auf das Deck eines Schiffes.

Doch die Kombination Seefahrer und Gefängnis erschreckte Pan. Sollte es sich um einer der Piraten handeln, die vor kurzem festgenommen und eingesperrt wurden? Am Anfang stand nur der Vorwurf um Raum, im „Grünen Skorpion“, einer übel beleumdeten Schenke, mehrere Bürger zusammengeschlagen zu haben. Allerdings fand die Wache bei ihnen Schmuck und Ringe, die eindeutig aus dem Überfall eines Kaufmannsschiffs aus Thumberg stammten.

Mochtgehrn erinnerte sich, dass De Koffel an dem Unternehmen beteiligt war, das das Schiff zum Handel nach den „Blumeninseln“ geschickt hatte. Unmöglich, dass er einen der Piraten bereits frei gelassen hatte. Die Seeräuber erwartete in der Stadt der Galgen. Selbst wenn den Gefangenen die Flucht gelungen sein sollte, lungerten sie keinesfalls in den Gassen und Straßen herum, sondern nahmen schleunigst Reißaus.

Bald begleitete ein zweiter Fremder den Galgenvogel. Auch dessen Äußeres deutete auf einen Aufenthalt im Gefängnis und den Beruf eines Seemanns hin. Unwillkürlich beschleunigte Mochtgehrn die Schritte. All das beunruhigte ihn. Die Kerle waren eindeutig hinter ihm her. Nur weg hier. Im »Roten Pony« wartete Master Leym auf ihn. Dort würde er in Sicherheit sein.

Überraschenderweise bemerkte er in einer Seitengasse einen kleinen Trupp Stadtwachen. Um diese Uhrzeit sah man sie üblicherweise nicht in der Gegend. Aber die Bewaffneten schauten aufmerksam in jede Ecke und musterten misstrauisch die Passanten. Meilenweit von der üblichen Trägheit entfernt, mit der sie sonst ihre Aufgaben erfüllten.

Die kamen ihm gelegen. Der Eifer, mit dem sie ihren Dienst versahen, hatte ihren Grund wahrscheinlich in den ausgebrochenen Piraten. Mit einem lauten Ruf weckte Pan ihr Interesse. Sofort schlüpften seine Verfolger in eine dunkle Seitengasse. Weg aus dem Gesichtsfeld der Stadtwachen.

Ihr Verhalten bestätigte die Vermutungen, die ihn in den letzten Minuten beschäftigten. So verhielt sich niemand, der ein reines Gewissen besaß. Aufgeregt wies er auf die Gasse, in die sie geflohen waren.

»Da sind sie! Beeilt Euch. Sie wollen fliehen!«

Wirklich stand er selbst plötzlich im Mittelpunkt des Interesses. Die Wachen fixierten ihn mit wachsamen Blicken. Waffen blinkten im Licht und irgendjemand fingerte eine rostige Kette mit Handschellen an den Enden vom Gürtel.

Pan bemerkte, dass die Augen der Soldaten keineswegs an ihm vorbei in die Gasse streiften, in der seine Verfolger entkommen waren. Erkennen, Gier und Drohung wechselten sich darin nacheinander ab.

„Da ist er ja!“

„Er gehört mir. Ich habe den Kerl zuerst gesehen!“

„Er?“ Wie ein Blitz traf Mochtgehrn die Erkenntnis, dass die Wachen ihn meinten. Das Blinken der Waffen, die schwere Handfessel galten ihm. Und nicht den flüchtigen Piraten. Was war geschehen?

„Ich krieg die Belohnung!“

Jetzt gab es keine Zweifel mehr. Die Soldaten hatten ihn aufs Korn genommen. Leicht zögerliche Schritte wechselten in einen schnellen, entschlossenen Spurt. Höchste Zeit für ihn, Fersengeld zu geben.

***

Master Leym wusste Dundra in guten Händen. Der Henker würde seine Tochter notfalls mit dem Leben verteidigen. Vielleicht nutzte er die Gelegenheit, um der jungen Frau zu offenbaren, dass er ihr Vater war. Mit etwas Glück gab es für die Beiden ein glückliches Ende. Das setzte allerdings voraus, dass es ihm und Pan Mochtgehrn gelang, den wahren Mörder des Kaufmanns zu finden.

Vorsichtig schlich er durch stille Seitenstraßen und Hinterhöfe. Er kannte diese Gegend gut, sein Stammlokal lag ganz in der Nähe. Und der ein oder andere Ort, mit dem ihm romantische Erinnerungen verbanden.

Einige der Passanten grüßten ihn freundlich, denn er war im Viertel bekannt. Sonst genoss es Master Leym, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Der Erwerb stilvoller Kleidung und ein gepflegtes Aussehen sollten sich ja auszahlen. Doch heute wäre er lieber unerkannt durch Thumberg spaziert. Niemand musste erfahren, dass er vom Haus des Henkers kam. Nicht auszudenken, wenn er eventuelle Verfolger zu Dundra führte.

Der Spiegel eines Schmuckgeschäfts kam ihm gerade recht, um seine Umgebung zu überprüfen. Anfangs fiel Master Leym kein Mensch auf. Aber dann erkannte er ganz am Rand des Sichtfelds, genau, wo ein unerfahrener Späher meinte, unbemerkt zu bleiben, einen Seemann. Nun waren Seeleute hier keinesfalls ungewöhnlich. Es gab hier in der Gegend eine Menge Vergnügungsstätten verschiedener Art, die Matrosen regelmäßig aufsuchten. Das galt selbst für diese Tageszeit.

Auch das offensichtliche Interesse an seiner Person schien zunächst unverdächtig. In dem Viertel, in der er sich im Augenblick bewegte, betrachteten Männer gerne andere Männer. Und Eingeweihte erkannten schnell Master Leyms Passion für das gleiche Geschlecht. Nicht ohne Grund trug er exquisite Kleidung.

Aber in den Augen des Beobachters schimmerte eine Gier, die nicht auf vertraute Zweisamkeit aus war. Es lag Mordlust darin. Eine Aggressivität, die ihn erschreckte. Doch es kam noch schlimmer, denn wie aus dem Nichts erschien ein zweiter Seemann. Die zwei flüsterten und einer zeigte mit dem Finger auf ihn. In Master Leyms Magen bereitete sich ein unangenehmes Gefühl aus.

Ein schriller Pfiff lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Seitenstraße zur Linken. Verflucht, dort standen noch drei Kerle von der gleichen Sorte. Sie wechselten Blicke mit den anderen Verfolgern. Dann, wie auf ein unhörbares Kommando liefen sie auf ihn zu.

Höchste Zeit, Fersengeld zu geben.

***







Kommentare

  1. Nun, das ist nicht gut.
    Hätte man nur Einen der Beiden aufs Korn genommen, so wäre die Mission vielleicht zur Hälfte gut gegangen. Nun werden beide Beamten gejagt und ich bin nicht sicher, ob sie einen entsprechend sicheren Ausweichstreffpunkt vereinbart haben. Eine Kneide dürfte nicht der richtige Ort sein.
    Die Piraten sind also tatsächlich eingesetzt worden und wollen sich ihre Freiheit verdienen. alles scheint besser, als ein Ende am Galgen zu finden, weswegen sie sich doppelt bemühen, wenigsteins einen der Beiden zu stellen.
    Die Piraten sind das Eine. Viel schlimmer ist es für Pan Mochtgern, denn in seiner Unwissenheit hat er die Stadtgarde auf sich aufmerksam gemacht. Und wir erfahren, dass auch Diese auf der Suche ist und an einer "Belohnung" interesiert ist.
    Wie schön wäre es, wenn es sich hier um klassischen Slapstick handeln würde. Man könnte sicher sein, dass sich Wachen und Piraten in die Haare bekommen, zu streiten beginnen und unsere Freunde würden entkommen..
    So einfach wird es nicht gehen.. aber wie es weitergeht.. es heisst wieder warten.. gehen wir doch solange ins rote Pony..

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das nächste Kapitel von "Eisen und Magie: Dämonenhand"

heute in "Eisen und Magie: Ewige Liebe" Ein Dieb wird zum Mörder