Das Ende ist da ...

Auch diese Geschichte aus der Welt von "Eisen und Magie" geht zu Ende. Heute verabschieden wir uns von Merish, dem Meisterdieb. Lest, ob er am Ziel seiner Träume angekommen ist.

Gab es ein "Happy End"?

Oder siegen am Ende Sabahs Feinde doch?

Viel Spaß mit dem letzten Kapitel von "Eisen und Magie: Ewige Liebe"!


Eisen und Magie:

Ewige Liebe


von Peter H. Brendt 
Bunte Vögel stiegen krächzend auf und suchten in den mit tropischen Früchten behangen Bäumen nach Futter. Merish legte sorgfältig einen Arm auf die Lehne des goldenen Throns. Gestern fehlten noch einige Hand voll Rubine, um das prachtvolle Mosaik aus Edelsteinen zu vervollständigen, das den Platz schmückte. Hier und da würden ein paar blaue Saphire das Bild wunderbar ergänzen. Der frischgebackene Herrscher über Sokosh, der wiedererstandenen Dschungelstadt, rechnete damit, dass sie morgen an Ort und Stelle eingebaut waren. Die Organisation der Handwerker machte niemals Fehler. Dafür sorgte Sabah, die Königin.

Merish stieg langsam die Stufen hinab. Er besaß keine Pflichten, nur die, die ein Ehemann seiner Gattin gegenüber zu erfüllen hatte. Zusammen mit der einst von Lianen und Bäumen überwachsenen Stadt erwachte ein Heer von Stadtbewohnern, die die Mauern neu richteten, Straßen wiederherstellten und die Gebäude bemalten und schmückten. Die Magie ihrer Herrscherin erzeugte jeden Tag Nahrung und Wasser im Überfluss. Die Tische in ihrem Tempel bogen sich unter den reichhaltigen und frischen Speisen. Klares Trinkwasser füllte hunderte Brunnen der Dschungelstadt. Zum ersten Mal lernte der Dieb saubere Latrinen und die Vorzüge regelmäßiger Bäder kennen.

Jeden Morgen, wenn er in dem leeren Bett erwachte, lagen neue Kleider für ihn bereit. Seine Königin befand sich dann schon in ihrem Heiligtum, sprach mit den Göttern und wirkte Zauber, um die Stadt zu erhalten und zu vergrößern. Und sie verlangte von ihm nur die Treue eines Ehemanns. Merish verzog ein wenig das Gesicht, als er an die gemeinsamen Nächte dachte. Der Preis für all diesen Luxus war hoch.

Er näherte sich dem Haupttor, in dem die halbverfallene Straße zu den übrigen Reichen mündete. Das mächtige Stadt stand offen, lud jeden, der seinen Willen Sabah unterwarf, ein, sie zu betreten und darin ein sorgenfreies Leben zu führen. Doch in den letzten Monaten versickerte der Zufluss neuer Stadtbewohner.

Merish trat hinaus. Dort wurde im gleichen Moment der Grund für die selten werdenden Besucher deutlich. Das Klirren von Waffen und das Knarren von Lederrüstungen verdrängte die Geräusche des Dschungels draußen. Rufe ertönten, Verwünschungen klangen zu ihm hinüber. Vor der Stadt warteten die vereinigten Armeen der übrigen Reiche, um sie wieder in das Vergessen zurückzustoßen, in dem sie Jahrhunderte lang lag. Der Dieb schaute auf die Stadtmauern, aber zwischen den Zinnen stand niemand, der sie bewachte.

Eine kleine Gruppe Bewaffneter stürmte mit hasserfüllten Augen auf ihn zu. Sie achteten nicht auf die scharfen Befehle ihrer Offiziere. Die Gelegenheit den König der Dschungelstadt zu töten, ließ sie jede Disziplin vergessen. Die Soldaten hoben ihre Waffen und Merish drehte den Feinden den Rücken zu. Die hellen Mauern spiegelten den Blitz wieder, in dem sie, nur drei Schritte von ihm entfernt, vergingen.

Sabahs Stadt brauchte keine bewaffneten Wachen zu ihrem Schutz.

Ein unsichtbarer Wall aus Energie umschloss seine neue Heimat. Jede Nacht schimmerten die Feuer mächtiger Magier und klangen die Gesänge feindlicher Priester, die ihre Gegner aus den entlegensten Winkeln der Welt zusammenkratzten. Ihr Ziel war es, die Stadtmauern niederzureißen und all das zu zerstören, was die Königin in den letzten Monaten erschuf.

Merish erinnerte sich an die Ereignisse, als er Sabah aus ihrem Grab befreite. Mit ihrem Leichnam auf dem Rücken schlich er, noch benommen von den Erlebnissen in dem versteckten Grabmal, durch die Gassen der Stadt in seine Kammer. Dort legte er sie in eine Badewanne, die er zu diesem Zweck vorher besorgte. Während ihm die gerettete Königin in die gemeinsame Zukunft schilderte, suchte er Weinflaschen zusammen. Dreimal war er in verschiedene Weinkeller eingebrochen. Er stahl sämtliche Vorräte eines der teuersten Weine des Landes. Nach dem zweiten Einbruch erwarteten ihn bewaffnete Posten. Offenbar war den Händlern aufgefallen, dass jemand gezielt Eiswein aus Rashuu brauchte und hatten entsprechende Vorkehrungen getroffen. Bis heute wusste er nicht, wie er der wilden Jagd durch die Gassen und Abwasserkanäle entkam. Der Lohn der gefährlichen Arbeit wartete auf ihn. Neunzehn Flaschen des kostbaren Tropfens, der seine Geliebte wieder ins Leben zurückholen konnte.

Der Plan gelang. Die ausgetrocknete Mumie saugte die edle Flüssigkeit auf wie ein Schwamm. Merish hockte stundenlang an der Wanne, dann öffnete Sabah die Augen und lächelte ihn an. Allerdings gab es einen kleinen Schönheitsfehler ...

Der Dieb kehrte langsam in die Dschungelstadt zurück. Zurück in das Königreich seiner geliebten Ehefrau. Ihn erwartete ein Leben an der Seite der mächtigsten Frau der Welt. Ohne Aufgaben, ohne Abenteuer und ohne Abwechslung. So wie keiner der Angreifer in die Stadt gelangte, war niemand in der Lage, sie zu verlassen. Und welche Auswirkungen der Zorn einer Königin haben konnte, erlebte er, als er ein Auge etwas zu lange auf eine der hübschen Sklavinnen weilen ließ. Den Anblick des enthäuteten Mädchens würde er nie vergessen.

Aber es gab ein noch größeres Problem.

«Merish. Ich erwarte Dich zum Frühstück!» Sabah benutzte weiter ihre Gedanken, um mit ihm Kontakt aufzunehmen. Langsam ging er die Stufen zum Tempel hoch, wo ihn seine Ehefrau erwartete. «Ich bin gleich bei Dir», erwiderte er. «Ich warf nur einen Blick auf unsere Feinde!»

Der Dieb stutze einen Moment, bevor er den Vorhang beiseite schob. Wappnete sich gegen die Begegnung. Die Sklavinnen, sanken auf die Knie, begrüßten stumm den König der Dschungelstadt. Keine wagte es, ein Auge auf ihn zu werfen. Der vermodernde Körper des enthäuteten Mädchens hing als stete Mahnung immer noch im Sklavenlager.

Merish beugte das Haupt vor der Königin. Auf einem Stuhl erwartete ihn lächelnd seine Ehefrau. Der Eiswein hatte sie aus dem Tod zurückgerufen. Sie atmete, aß, trank und war den Freuden des Lebens zugänglich. Aber der Wein hatte es nicht vermocht, die Mumifizierung aufzuheben.

Vor den Dieb wartete eine wiedererweckte Mumie.

Voller fleckiger, modernder Leinenbändern, die es kaum schafften, alle Spuren der Verwesung zu überbedecken.


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