Das Finale von "Eisen und Magie: Im Sumpf von Lorden"


Es ist wieder einmal so weit. Das letzte Kapitel einer Kurzgeschichte oder eines Kurzromans erscheint auf meinem Blog.

Manchmal, wenn mich ganz böse Gedanken quälen, überlege ich, ob ich nicht besser auf das letzte Kapitel verzichte. Und statt dessen die Freunde von "Eisen und Magie" nötige, dafür das Buch oder die Anthologie zu kaufen.

Aber dann trinke ich in Ruhe einen Single Malt, rauche meine Havanna und denke bei mir: "Peter, du quälst sie eh schon mit deinen Cliffhangern!" Cliff prostet mir dann zu und schon erscheint auch das letzte Kapitel.

Und so soll es auch bleiben!

Einen Wermutstropfen gibt es, wie immer. Auch "Eisen und Magie: Im Sumpf von Lorden" wird nur noch die kommende Woche hier zu lesen sein. Dann wird es Teil einer Anthologie werden.

Doch bis dahin, bleibt sie auf dem Blog. Kostenlos. Auch wie immer.

Viel Spaß also mit dem letzten Kapitel aus "Eisen und Magie: Im Sumpf von Lorden"!

Die ersten Kapitel verpasst? Ihr findet sie hier:

Kapitel 1: hier
Kapitel 2: hier
Kapitel 3: hier
Kapitel 4: hier



Eisen und Magie:

Im Sumpf
von
Lorden

von Peter H. Brendt
Ralph hatte nie jemand so schnell reagieren sehen. Saltha sprang aus dem Stand hoch, die Füße beinahe waagerecht ausgestreckt. Ihre Lederstiefel trafen ihren Angreifer direkt vor die Brust. Der Aufprall ließ ihn taumeln, dann verlor er das Gleichgewicht und stürzte rücklings in das Sumpfwasser der Senke.

Im nächsten Augenblick saß die Offizierin auf dem Brustkorb des Hilflosen. Sie zog mit der linken Hand ein Messer aus ihrem Stiefel und suchte eine Lücke in der Panzerung am Ellenbogen seines Schwertarms. Sofort stieß sie die Klinge hinein und drehte sie hin und her, bis er das Schwert fallenließ.

Von Gaya bemühte sich, aufzustehen, aber das Gewicht auf der Brust und die schwere Stahlrüstung pressten ihn zu Boden. Er hatte alle Mühe den Mund über den niedrigen Wasserspiegel zu halten. Als der Ritter versuchte, sie mit dem anderen Arm herunter zu werfen, paralysierte sie auch den mit einem Stich in die gleiche Lücke der Panzerung.

Ralph glaubte, dass es nun genug sein, doch Saltha packte das Kinn des Hilflosen und drückte den Kopf unter die Oberfläche des Sumpfwassers. Von Gayas Widerstand wuchs, jeder sah die Luftblasen, als er Unterwasser um Atem kämpfte, aber die Offizierin bewies ihre Gnadenlosigkeit. Sie ließ den eisernen Griff erst los, als der Körper Gerwins regungslos liegenblieb und keine Blasen mehr aufstiegen.

Sie gönnte dem Leichnam nicht einen Blick, als sie aufstand und herausfordernd in die Runde blickte. «Ist sonst jemand hier, der mir mein Kommando abnehmen will?» Die Soldaten schauten Ralph verstohlen an. Er war als Adliger der Einzige hier, der ihre diesen Anspruch streitig machen konnte, doch der junge Mann schüttelte den Kopf. Die Härte und Kompromisslosigkeit ihrer Reaktion machte ihn fassungslos. Er riss sich von dem Anblick des toten Gaya los und starrte zu Boden.

«Es geht gleich los! Überprüft eure Ausrüstung. Aber seid leise!»

Der Lärm auf der Anhöhe wuchs an. Sie hörten Hochrufe und Glückwünsche. Befehle erklangen und ein Großteil der Reiter ritt los, wohl um in der entscheidenden Phase der Schlacht dabei zu sein. Zurück blieben neben ein paar Männern der Garde, die Anführer der Söldner und Baron von Werenthal, den Ralph an dem Wappenrock, den er über der Rüstung trug, wiedererkannte. Die Feldherren überließen augenscheinlich den letzten blutigen Teil des Kampfes ihren Untergebenen. Sie selber bedienten sich lieber aus den Weinfässern, die Bedienstete aus den Zelten anschleppten.

Salta führte den Trupp aus dem Sumpf auf festes Gelände. Leise stiegen sie auf, dann stieß sie ihrem Pferd die Fersen in die Flanken und galoppierte los. Es gab keine Kommandos, sie mussten so lange wie möglich unentdeckt bleiben. Doch schnell verwandelte sich ihr Angriff in einen wilden Sturm. Dicht an dicht rasten die Reiter auf ihr Ziel los. Es dauerte nur kurz, bis die ersten Warnrufe erklangen, sie waren entdeckt worden.

Für einen Augenblick glaubte Ralph, das Gerwin von Gaya neben ihm ritt. Er schaute zur Seite und erkannte, dass sein Pferd mit leerem Sattel in der entfesselten Jagd mitgaloppierte. Es lief lieber mit der Herde in den Tod, anstatt zurückzubleiben.

Vor ihnen herrschte auf dem Hügel Chaos. Die Offiziere besaßen Schwierigkeiten, die Situation zu durchschauen. Salthas Trupp führte weder Flagge noch Standarte mit. Niemand trug die gleiche Rüstung, da General Perth aus allen Einheiten Männer für das Himmelfahrtskommando zusammenzog. Kein Schlachtruf kündigte an, welchem Heer sie angehörten. Doch dann erkannten ihre Gegner die Formation wieder. Die klassische Keilformation ließ nur einen Schluss zu. Da ritten Feinde auf sie zu. Ihre Fahnenträger signalisierten hektisch und versuchten, Verstärkung herbeizurufen. Vermutlich achtete jedoch im Augenblick des sicheren Sieges niemand auf die Signale, die von dem Feldherrnhügel kamen.

Für einen Moment lang blitzte Freude in Ralph auf. Er befand sich in einem Traum. Ein wilder Kavallerieangriff auf einem rasenden Schlachtross. Der Geruch von Pferdeschweiß, aufgewirbelten Staub und das Jauchzen seiner Kameraden lösten eine nie gekannte Euphorie in ihm aus.

Da bemerkte er am Sattel den Topfhelm, den er vergessen hatte, aufzusetzen. Auf der anderen Seite baumelte die Axt in ihrer Schlinge. Er raste ohne Helm und Waffe in ein Gefecht.

Er streckte die Arme aus, aber die wilden Bewegungen des Reittiers verhinderten, dass er die benötigten Gegenstände fassen konnte, so sehr er sich auch mühte. Der junge Ritter brauchte alles Geschick, um nicht aus dem Sattel zu fallen. Bisweilen kamen die benachbarten Reiter so nah heran, dass sie sein Pferd bedrängten. Da war dann kein Platz mehr, um eine Hand auszustrecken. Niemand achtete auf den Nebenmann, jeder kannten nur ein Ziel: Auf die Anhöhe und den Feind besiegen.

Erst kurz vor dem Hügel fächerte der Trupp auf, da auch die Angegriffenen sich verteilten. Ralph versuchte, die Axt zu ergreifen, aber es war zu spät. Einer der Rebellen auf einem gepanzerten Ross fixierte ihn wütend und preschte genau auf ihn zu. Die Bewaffnung des Angreifers bestand aus einem der gefürchteten Morgensterne, den er geschickt schwang.

Der junge Soldat kannte nur einen Ausweg. Er beugte den Hals tief auf die rechte Flanke seines Pferdes, trieb es mit einem wilden Schlachtruf an und ritt den Gegner einfach über den Haufen. Etwas streifte Ralphs Kopf, beide Reiter stürzten mit ihren Tieren zu Boden.

Für einen kurzen Moment war da nur Schwärze, doch er fühlte Schmerzen. Das bedeutete, dass er noch lebte. Alle Glieder brannten und er spürte, wie Blut aus einer Kopfwunde floss. Das Geschrei der verletzten Pferde peinigte die Ohren, er schüttelte den Kopf und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.

Das Erste, was Ralph sah, war sein Topfhelm direkt vor ihm. Beim Sturz war der Riemen, an dem er befestigt war, gerissen. Er stand auf, griff danach und suchte den Reiter, mit dem er zusammengestoßen war. Der Rebell rappelte sich gerade auf, doch er wirkte benommen. Da er eine schwere Rüstung trug, raubte ihm der heftige Aufprall die Luft. Mühsam versuchte er aufzustehen, den Morgenstern hielt er noch in der Hand.

Ralph verzichtete darauf, nach der Axt zu suchen. Er packte den Topfhelm und nutzte die Verwirrung des Gegners, der gegen seine Bewusstlosigkeit ankämpfte. Wie im Rausch benutzte er den Helm wie eine Keule und hieb ihn mit wilden Schlägen auf den Kopf des Reiters. Solange, bis da nur eine blutige Masse war. Dann umfing ihn wieder Schwärze.

***

Krähengezanke weckte Ralph. Er hörte das Kreischen der Aasfresser ganz nah und wusste, dass der Kampf vorbei war. Erst danach wagten es die Totenvögel, den Boden zu betreten und ihren Teil Fleisch zu holen.

Seine Augen!

Ruckartig stemmte er den zerschundenen Körper hoch und betrachtete die Umgebung. Sofort erfasste ihn der Schwindel, so dass er Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben. Nur langsam klärte sich das Bild um ihn. Auf dem Hügel lagen nur tote Soldaten und Pferde, darunter auch das eigene Reittier. Die verdrehten Pupillen verrieten ihm, dass der Todeskampf des Tieres nicht leicht gewesen war.

Die Zelte standen noch da, als warteten sie auf ihre Erbauer. Die gesplitterten Fahnenstangen ragten aus dem Boden, die Standarten bedeckten einige der Leichen. Doch es drohte keine unmittelbare Gefahr. Er kniete nieder, schloss die Augen und versuchte mühsam, zu Atem zu kommen.

Freudiges Wiehern begrüßte ihn, als er kurze Zeit später den Hügel untersuchte. Gerwins Pferd hatte den Kampf irgendwie überlebt und wirkte bis auf ein paar Kratzer unverletzt. Das Tier freute sich, jemand zu finden, den es kannte und dem es vertraute. Es zog die Lippen zurück und bettelte um eine Möhre, doch der junge Ritter musste es enttäuschen.

Die Standarten bedeckten Freund und Feind, aber Ralph fand Salthas Leiche nicht darunter oder in der Nähe. Er stieß jedoch bald auf den Körper eines geköpften Mannes im Waffenrock des Barons von Werenthal. Offenbar hatte die Offizierin ihr Ziel erreicht und den Anführer der Rebellen getötet.

Er schaute in Richtung Schlachtfeld. Darüber kreiste ein großer Schwarm Krähen. Die schwarzen Vögel wagten es noch nicht, dort zu landen. Es kämpften wohl noch beide Seiten gegeneinander. Er hatte keine Ahnung, wie lange er hier bewusstlos gelegen hatte. Oder wie es um die Schlacht stand.

Ralphs Kopfwunde blutete nicht mehr, den Durst stillte er mit den Resten des Weins in den Zelten. Der Ritter zögerte nur kurz, dann zuckte er mit den Schultern. Es gab nur diesen Weg. Er schnappte sich irgendein Schwert, das herrenlos auf dem Sandboden lag und stieg auf das Pferd des Toten von Gaya.

***






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