Wir nähern uns der Endphase von "Eisen und Magie: Im Sumpf von Lorden"!


Herzlich willkommen zu einem neuen Kapitel aus der beliebten Fantasy-Reihe. Noch ist nicht allen klar, wie Saltha mit einer Handvoll Männer die Schlacht entscheiden will. Doch bevor es zum finalen Kampf kommt, sind einige Hindernisse zu überwinden.

Die Gefahren drohen nicht nur von außen ...

Viel Spaß mit dem vorletzten Kapitel aus "Eisen und Magie: Im Sumpf von Lorden"!

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Eisen und Magie:

Im Sumpf
von
Lorden


von Peter H. Brendt

Am Anfang quälten sie die Mücken, die in einem dunklen Schwarm aus der Senke aufflogen und auf den kleinen Reitertrupp stürzten. Das Summen und Brausen klang für die erschöpften Soldaten wie Triumph. Eine solche Menge an blutender Nahrung tauchte in diesem Teil des Sumpfs sonst vermutlich nie auf.

Einer der Männer kannte aus seiner Heimat einen Trick, der zumindest teilweise Erleichterung verschaffte. Er schmierte sich und das Pferd dick mit dem Schlamm ein, der auf dem Boden der Senke lag. Ein Beispiel, dem die Kameraden bald folgten. Ob es der stechende Geruch war oder die dichte Schlammpackung auf der Haut konnte Ralph nicht einschätzen. Aber es half ein wenig, auch wenn der Trupp jetzt wie die Bande eines wilden Bergstamms wirkte.

Der Weg zu ihrem Versteck kostete eine Menge Kraft. Die Soldaten führten ihre Reittiere durch den tückischen Sumpf. Immer wieder musste ein Mitglied der kleinen Gruppe, ob Mensch oder Tier, aus einem verborgenen Sumpfloch herausgezogen werden. Unter einer dünnen Schicht getrockneten Schlamms wartete häufig ein mit trübem Wasser gefülltes Loch und statt festen Boden lauerte dort Morast und Moder auf einen Ahnungslosen, der ihn mit zähen Händen festhielt.

Zu ihrem Glück verletzte sich dabei niemand. Sie wären gezwungen gewesen, den Betroffenen, ob Zwei- oder Vierbeiner zurückzulassen. Einem Pferd konnten sie die Gnade eines raschen Todes gewähren. Ein Reiter hätte allein auf das Ende warten müssen. Jeder Befreiungsversuch zerrte an den Nerven und Kräften der Männer, so dass sie erleichtert jubelten, als sie ihr Ziel endlich erreichten, auch wenn die Senke wenig gastlich wirkte..

Wie versprochen fanden sie die Wegmarke, ein vom Blitz geschlagener Baum, so dass sie auf dem Marsch ihre Richtung nicht verloren. Umgeben von keuchenden Soldaten und Pferden, die die Szene mit leeren Augen betrachteten, erhielt Ralph eine andere Vorstellung vom Krieg.

Kein heroisches Schlachtengetümmel oder ein Zweikampf Mann gegen Mann, sondern elendes Schuften, Marschieren und jetzt stumpfes, die Nerven folterndes Warten in einem nach Morast und Verwesung stinkendem Loch.

***

Saltha beobachtete die kleine Anhöhe. Sie lag nicht weit entfernt, auf dem Rücken eines galoppierenden Pferdes brauchte man nur wenige Minuten. Sie lag bereits auf festen, sandigem Boden, so dass man die ganze Geschwindigkeit eines Kavallerieangriffs nutzen konnte. Aber noch war sie leer.

Ralph von Mosel watete leise zu der Offizierin, die den flachen Hügel aufmerksam beobachtete «Was ist, falls sie niemals kommen?» Die Angesprochene würdigte ihn keines Blickes. «Dann werden wir die Einzigen sein, die bis auf ein paar Mückenstiche diese Schlacht unverletzt überstehen. Verdammt, bis zu unserem Tod als Geächtete zu leben.»

«Aber wieso das denn? Wir sind hier und wollen kämpfen. Wir können doch nichts dafür, wenn niemand kommt.»

«Die Rebellen werden keine Überlebenden zurücklassen. Das gilt auch für die Offiziere. Wer soll daher deiner Meinung nach der Welt erzählen, dass wir hier vergebens im Hinterhalt lauerten, nur um einen verzweifelten Plan durchzuführen. Erfährt man, dass wir das Gemetzel überlebt haben, wird man uns für Deserteure halten. Und aufknüpfen, falls man uns erwischt!»

Aus dieser Sicht hatte Ralph ihre Situation noch nicht betrachtet. Sie gehörten einem Todeskommando an, selbst, wenn es zu keinem Kampf kam.

«Ich will nie als Geächteter leben», meinte er.

«Es gibt Schlimmeres, glaube mir! Alles ist besser, als tot oder verstümmelt zu sein.»

«Aber ich werde niemals zu meiner Familie zurückkehren können!» Ralph traf die ganze Wucht dieser Erkenntnis.

Saltha hob spöttisch eine Augenbraue. «Junger Ritter. Du bist Soldat? Wie viele alte Soldaten kennst du? Als du dein Zuhause verlassen hast, musste dir klar sein, dass du wahrscheinlich nie mehr zurückkehren würdest.»

Sie trat einen Schritt zur Seite und betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. «Sieh dich an, Junker! Du nimmst an einem Unternehmen teil, dessen Scheitern besiegelt war, als man uns losschickte. Wir sollten etwas Zeit gewinnen. Ein Sieg war nie eingerechnet.

Und jetzt kommen wir mal zu deinen persönlichen Fähigkeiten. Da wär die Waffe. Eine Axt, mit der du auf dem Waffenplatz ein paarmal gegen einen Pfosten geschlagen hast. Und froh warst, sie beim Aufprall nicht aus den Händen verloren zu haben.

Dann das, was du eine Rüstung nennst. Morsches Leder und Holzschuppen. Wie viele Übungsstunden hast du Grünschnabel darin verbracht, um zu erfahren, welche Bewegungen sie dir erlaubt und wann sie behindert.

Und nicht zuletzt dein Charakter, dein Mut. Pflichtvergessen und treulos. Ungehorsam gegenüber einem vorgesetzten Offizier. Daher frage ich dich: Was für einen Wert stellst du für eine Armee dar? Ich sage es dir. Du füllst Lücken, in denen tapferere Männer hineingehörten. Wen kümmert es, ob du jemals heimkehrst?»

Ralph wollte antworten, aber da sah er auf einmal Bewegung auf der Anhöhe. Saltha bemerkte sie ebenfalls und zischte. «Ruhe jetzt! Wenn sie uns bemerken, ist alles verloren!»

Auch die übrigen Männer erkannten, dass ihr Ziel eingetroffen war. Sofort legte sich eine gespannte Atmosphäre über die Senke. Selbst die Pferde blieben still.

Auf dem kleinen Hügel erschienen mehrere Reiter, die die Umgebung mit scharfem Blicken musterten. Doch die schlammbedeckten Soldaten und ihre Reittiere entdeckten sie nicht, wie Ralph zu seiner großen Erleichterung feststellte. Dann gab einer ein Zeichen und bald tauchten weitere berittene Kämpfer auf, ihre wertvolle Rüstung wies sie als hohe Offiziere aus.

Bedienstete stellten Stühle auf, zwei Zelte wurden aufgebaut, Standarten aufgestellt. Alle erkannten sofort das Wappen Baron Werenthals. Auch die Flaggen der Söldner fehlten nicht. Vor ihnen entstand der Befehlsstand der gegnerischen Armee. Darauf hatten die Männer gewartet.

«Wann greifen wir an», wollte von Gaya wissen. Seine einst so prunkvolle Stahlrüstung wirkte unter der Schlammschicht längst weniger edel als vorher. «Jetzt wäre doch ein guter Moment!»

«Zu früh», antwortete Saltha. «Der Kampf hat noch nicht begonnen. Ihre Truppen sind zu nah und kämen ihnen zu Hilfe. Der beste Zeitpunkt ist gegen Ende der Schlacht, wenn alle Aufmerksamkeit dem Feind gilt!»

«Aber wie wollt ihr den richtigen Moment erkennen. Wir sehen von hier aus Garnichts von der Schlacht. Der Hügel versperrt uns die Sicht auf die Ereignisse.»

«Meine Befehle sind eindeutig. Kurz vor der entscheidenden Niederlage unserer Freunde greifen wir ein. Umso größer wird der Schock der Rebellen und Söldner sein, wenn wir die Köpfe ihrer Anführer präsentieren. General Perth wird sich einigeln und umzingeln lassen, um die Verluste so klein wie möglich zu halten. Er rechnet damit, dass wir genau dann eingreifen. In dem Augenblick, in dem der Feind glaubt, ihn in der Falle zu haben. Nicht früher, aber keineswegs später!»

Von Gaya zerrte Saltha am Ärmel. «Ich warte auf eine Antwort auf meine Frage. Falls ihr zu viel Schlamm in den Ohren habt, stelle ich sie gerne noch einmal. Wie wollt ihr erfahren, wann der richtige Zeitpunkt da ist. Ihr seht die Schlacht von hier aus nicht!»

Die Offizierin riss sich los. «Auf deine Position, Junker! Selbstverständlich sehe ich den Ablauf des Kampfs. Dazu brauche ich nur die gegnerischen Offiziere zu beobachten. Aus ihren Reaktionen erkenne ich, welchen Verlauf er nimmt!»

Von Gaya warf ihr einen bösen Blick zu, kehrte jedoch zu seinem Pferd zurück.

«Ich könnte versuchen, auf den Baum zu klettern», schlug Ralph vor. «Von da besitze ich eine bessere Übersicht.»

Saltha lehnte ab. «Zu riskant. Wenn dich jemand dabei beobachtet, sind wir aufgeschmissen!»

Vom Schlachtfeld klangen bald der Lärm der Waffen und die Schreie der Kämpfenden leise zu ihnen hinüber. Der Boden in der Senke bebte, als schwere Reiter aufeinanderstießen. Die Männer auf der Anhöhe machten sich gegenseitig auf Ereignisse im Kampfverlauf aufmerksam. Sie wiesen auf einzelne Punkte und brüllten entweder aufmunternde Kommentare oder böse Worte. Danach verlief die Schlacht am Anfang ausgeglichener, als Ralph vermutete. Doch rasch erkannten die Soldaten um Saltha, dass das Kriegsglück auf der Seite der Gegner stand.

Immer häufiger hörten sie in der Senke Freudenrufe der feindlichen Offiziere. Die Flaggen, die die Bewegungen der Truppe dirigierten und lenkten, wurden ruhiger geschwenkt, die Stimmung auf dem Hügel wirkte gelassener und zufrieden.

«Jetzt ist es soweit. Wir müssen aufbrechen!» Gerwin von Gaya ballte die Fäuste und schaute Saltha an. «Wir kommen sonst zu spät!»

«Wir bleiben. Es ist zu früh!» Die Offizierin blieb hart.

«Da drüben sterben unsere Kameraden. Je länger wir warten, desto ...»

«Ich gebe die Befehle. Wir bleiben!»

Die gegnerischen Offiziere beglückwünschten sich auf dem Feldherrnhügel. Lachen klang zu ihnen hinüber. Die ersten Becher Wein wurden geschwenkt.

«Jetzt oder nie!» Von Gaya gab keine Ruhe.

«Wie warten!»

Ralph beobachtete den jungen Ritter. Er wusste von dessen persönlichen Ehrgeiz und der Hoffnung, sich hier einen Namen zu machen. Zumal ihr Fehler gestern dem Ansehen der Familie von Gaya stark schadete. Diese Scharte musste er mit einem Sieg auswetzen.

Wütend ging von Gerwin zu seinem Pferd. Schnarrend zog er das Schwert aus der Scheide am Sattel. Das aggressive Geräusch sorgte dafür, dass Ralph plötzlich Angst bekam. Längst hegte er keine Sympathie mehr für ihn, aber mit so einer Reaktion hatte er nicht gerechnet. Saltha blieb regungslos stehen.

Mit gezogener Waffe baute sich der rasende Ritter vor ihrer Anführerin auf. «Ich bin hier der ranghöchste Offizier. Euren Rang kennt hier niemand. Es wird Zeit, dass die Hure des Hauptmanns den Platz einnimmt, der ihr zusteht. Ich fordere euch also auf: Übergebt das Kommando und wir führen den Angriff aus. Jetzt und sofort.»





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