Eisen und Magie: Der Krähenbaum (Teil -2-)

Das erste Kapitel stellte den Ort der Handlung, die näheren Umstände und die Personen vor. Die Konflikte sind angekündigt und im heutigen Teil der Handlung verdichten sich alle Einzelheiten. Am Schluss wird klar, dass dieses Geschichte vermutlich kein gutes Ende nehmen wird.

Aber warten wir mal ab. Sheen hat immer wieder bewiesen, dass er auch in aussichtslosen Situationen einen Ausweg findet!

Viel Spaß mit dem zweiten Kapitel aus "Eisen und Magie: Der Krähenbaum".




Eisen und Magie


Der Krähenbaum


von Peter H.Brendt
«Warten», entgegnete der Ritter. «Das ist es, was ihr mit dieser Unterhaltung bezweckt. Uns aufzuhalten, damit die Verfolger uns erreichen. Es bleibt zu wenig Zeit. Ihr entschuldigt!»

Doch sein Gegenüber machte keine Anstalten, den Griff zu lösen. «Wir waren nie Freunde. Aber hört mir ein letztes Mal zu. Euer Tod ist beschlossen und unabwendbar. Mein Herr kennt niemals Gnade mit Verrätern. Bedauerlich, dass ihr das großherzige Angebot ablehnt. Ihr bin enttäuscht. Es hieß, ihr wärt ein kluger Mann. Eure Entscheidung ist falsch. Dennoch möchte ich mich von euch verabschieden. Wie es unter Rittern Brauch ist.»

Er streckte die Rechte aus und Weyn ergriff sie spontan, um den Händedruck zu erwidern. Der Baron ließ ihn jedoch nicht los und schob die Schulter vor, um den Händegruß mit der zweiten Hand zu unterstützen.

Im nächsten Moment gellte ein Schrei durch die Mulde, dass ein Teil der Pferde scheute. Seine linker Arm stand in Flammen.

***

Brüllend fiel der Baron aus dem Sattel. Es dauerte eine Weile, bis die Umstehenden die Überraschung überwanden. Nur Sheen blieb ruhig und ließ keinen Blick von dem Schreienden. Mit schnellen Schritten lief er zu dem Gestürzten, stieß dabei den Standartenträger beiseite, der abstieg, um seinem Herrn zu Hilfe zu kommen. Er drückte den Arm, von dem noch etwas Rauch aufstieg, in den Boden. Mit einem raschen Griff zog der Mönch einen Ring vom Finger des Barons. Dann spuckte er ihm ins Gesicht.

Erst danach ließ er sich von dem Soldaten wegdrängen. Mit wütender Miene stampfte er zu Ritter von Mark und hielt ihm auf der flachen Hand das Schmuckstück hin.

«Schaut, aber berührt ihn nicht. Achtet auf den geschnittenen Stein. Er besitzt die Form einer Vogelkralle.»

«Was ist damit?»

Sheen tippte vorsichtig unterhalb der Fassung an den Ring. «Zählt die Krallen, Herr!»

Der Ritter beugte sich vor. «Es sind sechs. Welcher Vogel besitzt soviel. Fünf wären normal.»

Der Mönch schüttelte den Ring. «Zählt erneut!»

«Fünf. Die Zahl stimmt wieder!»

«Ein Giftring. Die Assassinen der Gochberge stellen sie her. Einen Teil verkaufen sie. Der Baron hat wohl einen erworben. Die sechste Kralle ist vergiftet. Sein Abschiedsgruß wäre ein endgültiger Abschied geworden.»

«Ein Mordanschlag! So ein Hund!»

Erst jetzt begriffen die übrigen Soldaten, dass ihr Anführer nur knapp einem Attentat entging. Sofort machten sie Anstalten, die Begleiter des Barons niederzureiten. Doch ein Befehl Weyns hielt sie zurück. «Lasst sie. Noch gilt ihr Status als Unterhändler. Wir werden die Regeln nicht brechen.»

Die Männer zögerten, aber sie zügelten ihre Pferde, ließen jedoch kein Auge von ihren Gegnern.

Der Baron rappelte sich auf. Er hob den Arm in die Höhe. Die Flammen hatten den Ärmel seines Rocks verzehrt. Die Soldaten konnten Blasen und verkohlte Stellen auf der Haut darunter sehen. Mit vor Schmerz verzerrte Gesicht brüllte er den Mönch an. «Für diese Tat sollst du büßen! Wir werden euren mickrigen Trupp einholen und alle töten. Doch dich erwartet ein besonders grausamer Tod. Ich ordne an, dass jedes Körperteil, jedes Glied von dir nacheinander in Brand gesetzt wird. Du wirst Tage brauchen, um zu sterben.»

«So spricht ein Verräter.» Sheen steckte den Giftring vorsichtig ein. «Danke den dunklen Göttern, die du anbetest, dass du mit der Standarte eines Unterhändlers gekommen bist. Sonst hätte ich deinen Kopf in Feuer gehüllt!» Dann dreht er sich um und ging zum Ochsenkarren, wo die Aufregung das Baby weckte, dass laut nach seiner Amme rief.

Ein Begleiter half dem Baron aufzusteigen. Der stöhnte bei jeder Bewegung und achtete sorgsam darauf, mit dem verletzten Arm nichts zu berühren. Doch bevor er losritt, bedachte er den Mönch mit einem wilden Fluch. Er wollte noch eine Drohung ausstoßen, der Standartenträger fürchtete jedoch, die Geduld des Trupps auf die Probe zu stellen. Er packte die Zügel des Pferds und zog seinen Anführer fort.

Ohne ein weiteres Wort galoppierten die vermeintlichen Unterhändler zurück.

***

Weyn von Mark ritt selbst auf die Anhöhe und beobachtete die drei Reiter, die Kurs auf die Staubwolke nahmen. Es blieb nicht viel Zeit zur Flucht, schätzte er. Ihr Vorsprung reichte auf keinen Fall aus, um vor ihren Verfolgern die Fähre zu erreichen.

Er bemerkte, dass Sheen neben ihm geritten war. «Ich konnte die Amme überreden, auf ein Pferd zu steigen», sagte er. «Hoffentlich wird es niemand erfahren, aber das Baby habe ich einfach in Decken gehüllt und unserem besten Reiter in die Satteltasche gesteckt. Ich weiß, das ist etwas respektlos gegen über seinem Stand. Doch mit dem Karren sind wir zu langsam.»

«Zu spät», entgegnete der Ritter. «Selbst wenn nicht mit dem Baron gesprochen hätten, wäre die Flucht gescheitert. Es dauert bestenfalls noch drei Stunden, dann haben sie uns.»

«Wir werden kämpfen müssen!»

«Ein verlorener Kampf!» Weyn wies auf das Häuflein Männer und zeigte auf die Größe der Staubwolke. «Sie sind uns mindestens zwei zu eins überlegen. Und dann ist da dieser Kampfzauberer. Nach so einem Ritt dürfte er erschöpft sein, aber eigentlich braucht er gar nicht einzugreifen. Die galoppieren uns einfach nieder!»

Sheen musterte die Straße und die Mulde, in der die Soldaten etwas Ruhe suchten. Ein Wasserschlauch machte die Runde und die Reiter verteilten kleine Leckerbissen an die Pferde. Zwei der Männer versuchten, unter großem Gelächter der Umstehenden die Amme in einen Sattel zu heben. Die Frau schlug immer wieder energisch und derbe schimpfend ihre Hände weg, wenn sie die Ärmste hochstemmen wollten. Kaum, dass ihre Mühe Erfolg versprach, wand sie sich aus ihren Griffen. Schließlich fassten sich die Soldaten ein Herz. Einer umfasste von hinten ihre Hüfte, der Zweite legte ihre stämmigen Beine auf seine Schultern und zusammen hoben sie sie trotz aller Proteste hoch. Beifall begleitete sie, als sie ihre Last zu einem Pferd trugen und mühsam in den Sattel schoben.

«Wir müssen sie festbinden», meinte Sheen.

«Die arme Frau. Unsere Verfolger werden sie ebenfalls töten. Und nur, weil sie sich aus Barmherzigkeit bereiterklärte, einem unschuldigen Säugling zu helfen.»

«Vermutlich ist es besser, sich ihnen zustellen. Und verschaffen der Amme etwas Zeit. Wir schicken sie nach Osten. Unter Umständen lassen sie sie in Ruhe, wenn wir genug Opfer fordern. Der Soldat mit dem Baby reitet, so schnell er kann, zur Fähre. Vielleicht halten wir sie solange auf, dass sein Vorsprung reicht. Aber er wird viel Glück brauchen!»

«Ein Mönch, der Kampfpläne schmiedet. Ich entdecke neue Seiten an dir.» Der Ritter betrachtete nachdenklich die Amme, die endlich einen halbwegs sicheren Platz auf ihrem Pferd gefunden hatte. «Sie müssen beide sofort los. Und verschaffen ihnen Zeit.» Er verzog das Gesicht, als die Frau wieder aus dem Sattel rutschte. «Da helfen nur ein paar feste Stricke. Ich fürchte, ich werde einen weiteren Soldaten mit ihr schicken müssen. Der unterwegs aufpasst, dass sie nicht vom Gaul fällt.»

«Einer weniger, der hier stirbt», meinte Sheen.

«Ja, das wird wohl unser aller Ende sein. Ich befürchte nur, wir zögern auch ihr Schicksal nur für kurze Zeit heraus. Wenn der Baron feststellt, dass das Baby nicht mehr hier ist, wird er sie verfolgen.»

«Dann müssen wir siegen!»

«Sheen! Wir sind in der Unterzahl. Und da ist noch der Kampfzauberer.» Er betrachtete ihn nachdenklich. «Ich kenne deine Fähigkeiten als Feuerzauberer. Aber Master Holme gilt als gewaltiger Kämpfer. Er wird dich im Handumdrehen besiegen.»

«Ich weiß», antwortete der Mönch. Er zeigte auf den toten Baum, an dem die verwesenden Gestalten der Gehenkten im Wind baumelten. «Wir haben uns einen guten Platz ausgesucht.»

«Stimmt. Wer von uns nicht im Kampf fällt, wird dort bald ebenfalls hängen.»

Sheen lächelte. «Genau das ist mein Plan!»

***




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