Endlich vereint!

Unsere Helden haben es geschafft. Sie sind ihren Widersachern entkommen und machen sich jetzt gemeinsam auf ins Finale.

Und das könnt Ihr in den nächsten Wochen hier verfolgen. Ich freue mich schon!

Heute also zunächst einmal Kapitel 23 aus "Eisen und Magie: Die Gefährten".

Viel Spaß!




Renetat kratzte seine Beine. Der Juckreiz wanderte von seinem Knie langsam hinauf und machte sich auf seinem ganzen Rücken breit. Murrend rieb er sich wie ein Bär an der rauen Steinwand der Katakomben.

Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, den Lederkollar der Wache anzuziehen. Aber nackt und unbewaffnet durch das Labyrinth im Keller der Arena zu irren, beunruhigte ihn.

Renatat fand zwar nach kurzer Suche im Stroh seinen Gürtel wieder. Die verborgene scharfe Kante unter der Gürtelschließe mochte eine geeignete Waffe sein. Gegen gut gerüstete Wachen jedoch vermochte sie nichts auszurichten.

So zog er die Rüstung des Arenawärters an, der ihn beim Verlassen der Arena umbringen wollte. Auch den Kampfstab konnte er gut gebrauchen. Dafür plagten ihn jetzt die Mitbewohner, die sich in der Kleidung des Toten schon zu seinen Lebzeiten eingenistet hatten.

Dass Hark immer noch nicht zurückgekehrt war, zerrte an seinen Nerven. Nach seiner Flucht aus der Arena, eilte Renetat durch die Gänge, um wenigstens den Ausgang zu finden. Doch das Gewirr der Treppen, Abzweigungen und Sackgassen gab den richtigen Weg nicht preis.

Zweimal stieß er auf seiner Suche auf Bewaffnete, einmal gelang es ihm, sich zu verstecken, beim zweiten Mal gab es einen kurzen heftigen Kampf. Zu seinem Glück war der Gang so eng, dass immer nur einer der Wachen angreifen konnte. Er nutzte diesen Vorteil, um seine Erfahrung im direkten Zweikampf einzusetzen und entschied die Duelle für sich.

Während Renetat seine Beine hingebungsvoll kratzte, räumte er ein, dass er nur mit dem Gürtel die Angriffe nicht überstanden hätte. Sein Plan, sich mit der Rüstung und der Waffe des Arenawächters auszurüsten, rettete ihm das Leben. Dennoch musste er so schnell wie möglich einen Ausweg finden. Er wusste nicht, wie lange er herumirrte, aber irgendwann gab er zu, dass er keine Orientierung mehr besaß.

Dann hörte er ein bekanntes Geräusch. Ein Mann hauchte nicht weit entfernt seinen letzten Atemzug aus. Doch viel wichtiger war das wütende Knurren, das seinen Tod ankündigte. Renetat kannte es aus unzähligen Kämpfen. Das war sein Freund Hark, der damit seinen Todesstoß einleitete.

Hocherfreut lief er in die Richtung, aus der das Röcheln kam, mit dieser Begegnung hatte er nicht gerechnet. Umso größer war seine Freude, als er seine Vermutung bestätigt sah. Der Hüne stieß gerade einen Bewaffneten zu Boden, als er bemerkte, dass da jemand sich aus dem Labyrinth näherte. Mit einem wütenden Grunzen hob er seinen Bihänder, ließ ihn aber sinken, als er Renetat erkannte.

Allerdings verhinderte ein festes Gitter zwischen den Beiden, dass sich die Freunde näherkamen. Statt dessen nutzten sie die Lücken, um sich gegenseitig freundschaftlich zu boxen.

»Gut, Dich zu sehen!« Hark wirkte mit seinem Bisswunden im Gesicht wie ein Ungeheuer, das gerade der Hölle entkommen war. Dennoch strahlte es voll Wiedersehensfreude. »Und dazu sogar in einem Stück!«

»War ein hässliches Spiel. Wir müssen wirklich an unserer Taktik arbeiten. Immer mit dem Kopf durch die Wand. Wird es Dir nicht langweilig?«

»Hat doch wieder einmal geklappt!«

Renetat zog zweifelnd die Mundwinkel nach unten. »Hätt ich noch meine Sachen, würde ich Dir zustimmen. Aber dieses ausgeliehene Lederzeug juckt wie die Hölle.«

Dann stutzte er, musterte seinen Freund: »Du scheinst ja alles wiederbekommen zu haben. Glückspilz!«

Hark schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Da erinnerst Du mich an was. Oder besser an wen!«

Er verschwand im nächsten Gang, kehrte aber schnell wieder zurück. »Warte hier! Ich habe eine Überraschung für Dich.«

Es dauerte nicht lange und bei seiner Rückkehr, folgte dem Hünen das dritte Mitglied ihrer Expedition in die Dunkle Stadt: Nead. Fröhlich feixend schleppte er einen Sack, in dem sich, wie Renetat überrascht feststellte, sein Eigentum befand. Sogar seine Waffen warteten darin auf ihn.

Der juckende Lederkollar flog in eine Ecke. Stück für Stück verwandelte sich der wiedergefundene Abenteurer zurück in den gefährlichen Straßenkämpfer, als der er die Dunkle Stadt betrat. Nur ein Hindernis galt es zu beseitigen. Die Lücken des starken Gitters zwischen ihm und den beiden anderen Gefährten bot genügend Platz, um seine Ausrüstung und Waffen durchzureichen. Sie reichten aber nicht aus, ihn durchschlüpfen zu lassen. Doch auf sich alleine gestellt, sanken ihre Erfolgsaussichten deutlich. Vermutlich zogen immer noch Wachen durch die Gänge der Arena auf der Suche nach dem Flüchtigen.

»Ihr wisst nicht zufällig, wie wir hier herauskommen«, wollte Renetat wissen, während er alles an seinen gewohnten Platz steckte. »Bisher haben wir Glück gehabt, bis auf zehn Silbermünzen besitze ich mein Eigentum wieder. Schade, aber das ist ein geringer Preis, wenn ich bedenke, was mich erwartete.«

Nead zog das Gesicht, wie unter einem plötzlichen Schmerz zusammen. »Acht kyrische und zwei aus Sylher«, fragte er.

»Woher weißt Du das?«

Umständlich und zögernd zog er ein paar Münzen aus einer Tasche und betrachtete sie traurig. »Die fand ich im Gürtel einer Wache, die das Zusammentreffen mit Hark nicht überlebte.« Langsam schob er seine Hand durch das Gitter und präsentierte Renetat zehn Silbermünzen. »Dann sind das wohl Deine!«

»Bei den Göttern. Das sind sie. Die eine aus Sylher besaß diesen hässlichen Kratzer, genau wie die hier.« Kurzentschlossen steckte er fünf der Münzen ein und bot doe übrigen Nead an. »Vielen Dank. Das ist Dein Finderlohn. Du hast ihn Dir verdient!«

Renetat hörte plötzlich ein bedrohliches Knurren, das zu seiner Überraschung aus der Kehle des Hünen kam. Verwundert schaute er seinen Freund an. Was stimmte nicht?

»Nead hart mir das Leben gerettet.« Harks Stimme klang rauer als sonst. »Ich lag hilflos in einer Kiste. Zusammen mit Tausend mal Tausend gefräßigen Käfern. Die Viecher wollten mich bei lebendigem Leib auffressen. Aber er hat die Wache ausgeschaltet und mich daraus geholt!«

Renetat zögerte einen Moment und atmete tief ein. Das hätte er diesem Straßenganoven niemals zugetraut. Sofort holte er die restlichen fünf Münzen aus seiner Tasche und überreichte sie Nead.

Nun schaute der überrascht und wog die Silberstücke in der Hand. »Gehören die nun mir«, wollte er wissen.

»Viel besser«, grollte Hark.

»Du gehörst jetzt zu uns!«, erklärte Renetat. »Das waren nicht meine Münzen. Wir teilen alles. Im Guten, wie im Schlechten. Ob Du sie trägst oder einer von uns. Das ist gleich. Und ich habe bewiesen, dass ich nicht auf sie aufpassen konnte. Nimm sie also in Verwahrung. Wir gehören nun zusammen. Wir sind Gefährten. Auf einander angewiesen. Du hast gezeigt, dass wir uns auf Dich verlassen können. Hark und ich werden unser Leben für Dich geben. Da kannst Du sicher sein!«

Er wühlte in seinen Taschen und zog mit erstaunter Miene ein Stück Pergament heraus. »Und es scheint, ich besitze sogar auf einmal mehr als vorher! Das hat jemand hinein gesteckt, als ich hier gefangen war.« Sorgfältig faltete er es auseinander und hielt es ins Licht einer Fackel.

»Euer Weg führt zum »Bluttor«, las er vor. »Man wird Euch dort erwarten.«

Er drehte das Pergament hin und her und prüfte es im Fackellicht. »Keine Unterschrift. Nur ein Siegel, das ich nicht kenne. Und diese Striche auf der Rückseite sollen wohl so eine Art Wegbeschreibung sein. Wie wir von hier aus dahinkommen.«

»Ihrsein hat ihre Finger wieder im Spiel«, vermutete Hark. »Manchmal habe ich das Gefühl, wir sind nur Marionetten, die sie an Fäden durch die dunkle Stadt führt.

»Wer ist das?« Nead hatte die geheimnisvolle Frau noch nicht kennengelernt.

»Wir erklären es Dir auf dem Weg zum Bluttor. Zunächst einmal sollten wir irgendwie dieses Gitter hier überwinden.« Hark prüfte mit einem kräftigen Griff die Gitterstäbe. »Wenn wir eine Chance haben, dann nur zusammen.«

»Das Risiko, dass wir uns in diesem Labyrinth erneut aus den Augen verlieren, ist zu hoch.« Renetat stimmte dem Hünen zu. »Und ebenfalls die Gefahr auf einen größeren Trupp Wachen zu stoßen«, ergänzte er.

Hark packte die Gitterstäbe mit seinen Fäusten und versuchte sie auseinander zu biegen. Doch das geschmiedete Eisen trotzte seinen Kräften. »Vielleicht können wir es aus der Verankerung herausbrechen.« Renetat erinnerte sich an seine Versuche im Tigerkäfig.

Der Hüne benutzte sein mächtiges Schwert wie einen Hebel, es knirschte in der Mauer und etwas Steinstaub und Mörtel rieselten heraus. Aber das Gitter hielt.

»Hatten die Riesen in ihrem Kerker!« Hark fluchte, er wollte nicht riskieren, dass sein Bihänder bei seinen Versuch brach und er plötzlich ohne seine geliebte Waffe Anghis entgegen treten musste. Renetat schluckte und erinnerte sich an den Riesenaffen in der Arena. »Ausschließen will ich das nicht«, erklärte er.

Noch einmal drückte der Hüne mit aller Gewalt, die Muskelberge auf seinem Rücken schwollen an, aber er erhielt als Belohnung nicht mehr als ein leises Knirschen im Gemäuer. Nur ein wenig Steinstaub rieselte sanft, wie zum Hohn auf den Boden.

»Warte! Ich helfe Dir!« Renetat versuchte es von seiner Seite aus. Vielleicht reichten ja ihre vereinten Kräfte aus, das Hindernis zu beseitigen. Die beiden Abenteurer ächzten und stöhnten, doch selbst ihre gemeinsamen Anstrengungen brachten nicht den gewünschten Erfolg.

»Darf ich Euch helfen?« Nead bot schüchtern seine Hilfe an. Aber Hark schüttelte den Kopf. »Das Ding hier hält. Da bricht mir der Bihänder durch, wenn ich ihn als Hebel nutze. Da machen Deine Körperkräfte auch nichts mehr aus!«

»Ich habe nicht nur die Silbermünzen bei den toten Wachen gefunden!« Ihr neuer Gefährte hob einen Schlüsselbund hoch. Dann zeigte er auf ein Schloss, direkt an der Mauer auf seiner Seite. »Vielleicht geht es ja damit!«

Hark ballte die Fäuste und schaute Nead wütend an. Renetat sah, wie er seinen Ärger herunterschluckte. Beschwichtigend hob er die Arme. »Wir sollten uns wirklich eine neue Strategie überlegen. Immer mit dem Kopf durch die Wand, scheint nicht immer zu funktionieren.

Er lächelte den Straßenganoven freundlich an und der probierte mit Eifer jeden Schlüssel aus, bis er nach einer Handvoll Versuchen endlich Erfolg hatte. Das leise Klicken im Mauerwerk hörte sich fast wie Musik an und bald lagen sich die beiden alten Freunde in den Armen.

Doch Hark löste sich schnell aus der Umarmung und beugte sich zu Nead herunter. »Gut gemacht!« Damit schlug er ihrem neusten Mitglied auf die Schulter, dass der schmerzvoll aufschrie.

Renetat lachte. »Lass ihn in einem Stück. Jetzt brauchen wir nur noch den Weg aus diesem grauenvollen Gemäuer zu finden. Und dann auf zum Bluttor!«


Kommentare

  1. Es war fast klar, dass es eine kleine Tollpatschigkeit gegen Ende der Geschichte gibt.
    Das "Ups, ich hab doch einen Schlüssel für die Tür" entspricht voll und ganz Neads Art.
    Dahingegen läutet sein Einsehen, dass er über gewisse Barmittel verfügt, die am Ende Renetat gehören, etwas viel grösseres ein. Die Aufnahme in den Kreis der Freunde,
    Auch Renetat lernt, dass es hier ein selbstlose Hilfe gab und so wird aus der Hälfte der Münzen, die Nead als Hilfs- und Finderlohn behalten "darf", ein Überlassen der kompletten Barschaft, "weil es egal ist, wer von ihnen das gemeinsame Geld bei sich trägt".
    Dass Hark ihn so in die Arme schliesst, ist ganz seine Art, ihn als Freund in ihrer Mitte zu akzeptieren.
    Die Beiden Haudegen merken ganz genau, dass sie ohne den oft belächelten, abschätzig angesehenen, so gern geprügelten, nur aus Berechnung vom Galgen geretten, kleinen Mann, hier und jetzt nicht einen einzigen Schritt weiter gekommen wären.
    Hinzu kommt, dass Nead dies alles selbstlos und trotz all der Gefahren für Leib und Leben, getan hat, ohne über Folgen für sich selbst nachzudenken.

    Ich hoffe, dass diese Freundschaft hält und eine Chance hat, erwidert zu werden.

    Nächster Halt: Bluttor..
    Keiner der Drei weiss, warum und was sie dort erwartet. Es könnte eine Hilfe sein, um zu entkommen - es könnte aber auch ein neues hinterlistiges Spiel sein, um der Drei habhaft zu werden, sie endgültig zu töten.
    Man ist zwar nun erst einmal frei, aber es ist noch keiner der wichtigen Gegner besiegt..

    Es heisst also wieder warten..
    aber
    man weiss ja, dass es sich lohnt..

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