Gleich viermal. -11-


Wir verlassen die Dunklen Stadt, in der sich unsere Helden fürs Erste aus dem Gröbsten gerettet haben und gönnen ihnen eine kleine Verschnaufpause. Wenden wir uns stattdessen für heute den Abenteuern von "Jason Derringer: Der Pfad der Rache" zu.

Ihr könnt die Ereignisse der Jagd auf den Mörder von Eve Silver aus vier Perspektiven verfolgen. Und keiner ist wirklich zufrieden mit der Gesamtsituation.

Es geht spannend weiter mit "Jason Derringer: Der Pfad der Rache!"

Viel Spaß!





Jello Synner überzeugte sich, dass seine Schrotflinte geladen war. Auf seinen Befehl trugen seine Männer die gleichen Flinten. Ihre Ladung aus gehacktem Blei und Nägeln machte kurzen Prozess mit jedem, der vor die Läufe geriet.

Die Fackeln gaben nur wenig Büchsenlicht. Zu wenig für gezieltes Feuern. Das Schrot besaß keine große Durchschlagkraft, aber ihr Ziel verfügte nur über Leinwand als Deckung vor ihrem Bleihagel.

Mit einem schnellen Blick überzeugte er sich, dass das Sheriffbüro von seinen Leuten umzingelt war. Aus dieser Falle sollte selbst eine Maus nicht entkommen. Zeit für Aktion.

»Kennedy. Du verdammtes Schwein. Komm mit erhobenen Händen heraus.« Jello genoss die Situation. Der Kerl wollte ihn umlegen, dafür bekam er jetzt die Rechnung präsentiert. Auge um Auge. Blei für Blei. Die Pläne seines Vaters gingen immer auf.

Er wartete, aber aus dem Sheriffzelt kam keine Reaktion. Ein neuer Versuch.

»Kennedy. Ich weiß, dass Du den Sheriff abgestochen hast. Komm raus und Du bekommst einen fairen Prozess.« Seine Stimme klang weit durch die Nacht. Jeder sollte wissen, wer hier das Sagen hatte.

Die Reaktion aus dem Zelt kam prompt.

»Interessant. Woher weißt Du, dass er erstochen wurde. Warst wohl im bei ihm, als es passierte.« Kennedys Worte drangen ebenfalls deutlich durch die Dunkelheit.

Jello biss sich auf die Lippen. Aber er konnte seinen Fehler nicht korrigieren. Brauchte er auch nicht. Dafür besaß er genug Flinten.

Er hob die Hand, wollte den Feuerbefehl geben, da zündete jemand im Zelt eine Laterne an. Das Licht warf den Schatten eines Körpers auf die Leinwand, der sich aufrichtete.

»Feuer. Macht das Dreckschwein fertig!«

Seine Leute gehorchten. Die Mündungsblitze erhellten die Nacht, gehacktes Blei fetzte durch die dünnen Wände. Schnell füllte der stechende Geruch von Schwarzpulver die Luft.

Jello schoss beide Läufe seiner Flinte leer, lud nach und feuerte erneut. Mit Genugtuung beobachtete er, wie das Zelt in Stücke gerissen wurde. Der Körper, der sich eben noch auf der Zeltwand abzeichnete, war verschwunden.

Gut so! Das Schwein hatte es nicht anders verdient.

Das Blei hatte offenbar auch die Laterne erwischt, ihr Öl lief aus und entzündete die trockene Leinwand. Sofort schlug eine Flamme hoch in den Himmel, Synner hob die Arme vor sein Gesicht, da ihn die kleine Explosion blendete.

Im nächsten Moment glaubte er, in der Hölle zu sein.

Aus dem zerfetzten Zelt tauchte eine seltsame Gestalt auf. Etwas Dunkles, Eckiges stürmte auf ihn zu. Schnell zog Jello den Abzug seiner Flinte. Doch im Gefühl des sicheren Sieges hatte er vergessen, nachzuladen. Die Hähne schlugen nur auf abgeschossene Patronen.

Wütend hieb er mit dem Kolben nach, aber die Scheißknarre zersplitterte. Dann traf ihn ein heftiger Schlag, der ihm die zertrümmerte Waffe aus den Händen riss und ihn zu Boden schleuderte. Der Typ rannte ihn einfach über den Haufen.

Mühsam berappelte er sich, suchte nach seinem Revolver, jetzt erkannte er, dass es sich bei der Gestalt um Kennedy handelte, der einen schweren Tisch vor sich trug. Nachdem er die Kette der Angreifer durchbrochen hatte, warf er das Möbelstück weg. Jello sah, dass die Platte von Schrotschüssen zerfetzt war.

Das Schwein hatte sie wie einen Schutzschild vor sich gehalten. Synner zerrte endlich seinen Colt aus dem Gürtel und feuerte, aber der Kopfgeldjäger verschwand in der Dunkelheit. Jetzt zu schießen würde eine Menge Aufregung verursachen. Zu leicht trafen die Kugeln Unbeteiligte. Damit verärgerte er nur seinen Bruder. Auf diesen Ärger konnte Jello verzichten.

»Los! Hinterher«, rief er. Der Flüchtende kannte sich in Snow nicht aus. Im Gegensatz zu seinen Leuten. Selbst in der Nacht sollte es kein Problem sein, den Kerl zu finden.

***

Kennedy hastete durch die Zeltstadt, zu seinem Glück schoss niemand hinter ihm her. Das schwere Holz reichte aus, die Geschosse aus den Flinten aufzuhalten. Das hatte ihm das Leben gerettet. Die paar Kratzer, die die Holzsplitter rissen, zählten nicht.

Auf seiner Flucht stolperte er über Zeltleinen, Eimer und gelegentlich einen Schläfer, der die kühle Nacht der stickigen Zeltluft vorzog. Die Schüsse weckten die Bewohner auf und langsam kam Bewegung zwischen den Zeltreihen. Noch wirkten die Erwachten schlaftrunken, aber Jellos Rufe erhöhten die Gefahr für ihn mit jeder Minute.

»Schnappt euch Kennedy. 100 Dollar für seinen Kopf.«

Nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn in die Finger bekamen. Er versuchte, den Rand der Stadt zu erreichen, denn er rechnete sich in der Wüste größere Chancen aus. Vielleicht fand er auch ein Pferd, er hatte bei seinem Eintreffen dort eine Vielzahl Ställe gesehen.

Seinen Sattel und seine Sachen aus dem Sheriffbüro trug er ja bei sich. Und die Grenze nach Mexiko lag nur zwei scharfe Tagesritte entfernt.

Er glaubte, sein Ziel zu sehen, als ihn eine kräftige Hand im Nacken packte. Bevor er sich wehren konnte, lag er wehrlos auf dem Boden.

***

Silver biss die Zähne zusammen, aber der Fuchs zeigte keine Gnade. Entschlossen zog er den Verband fester. Wenn er bedachte, wie viele Schüsse Synners Leute in dem Saloon abgaben, war er gut weggekommen. Zwei Streifschüsse am Bein und ein paar Schrotkugeln im Rücken. Nichts, was ihn aufhalten konnte.

Er und sein indianischer Freund ritten bereits lange auf der Suche nach Eve‘s Mörder durch den Süden. Dabei gerieten sie regelmäßig in Schwierigkeiten. Er selbst, da man ihn in seinem weißen Anzug für ein leichtes Opfer hielt. Und Fuchs bildete allein wegen seiner Herkunft schnell eine beliebte Zielscheibe.

Mit der Zeit verstanden sie sich fast blind. Daher wartete er hinter dem Saloon mit den Pferden und ihrer Ausrüstung. Nach einer wilden Flucht zwischen den Zeltreihen von Snow City stürmten sie in die Wüste, ihre ausgezeichneten Reittiere verschafften ihnen einen kleinen Vorsprung. Aber vor einer Weile stöberte sein Mustang eine Klapperschlange auf, die ihre Giftzähne in den Pferdelauf schlug. Seitdem lahmte er auf diesem Huf, doch Gott sei Dank schien die Schlange nicht alles Gift benutzt zu haben . Fuchs, der sich mit solchen Sachen gut auskannte, erklärte, dass er sich nach ein paar Stunden und etwas Ruhe erholen würde.

Es machte keinen Sinn, das arme Tier zu quälen. Setzten sie die Flucht mit dem alten Tempo fort, verloren sie es. Und mit nur einem Pferd waren ihre Chancen gleich null.

Deshalb nutzten sie die kleine Ruhepause, um Silvers Wunden zu versorgen. Fuchs legte auch ein Kräutergemisch auf die Bissstelle. Mit etwas Glück beschleunigte es die Abheilung der Schwellung.

Langsam führten sie die Pferde zu Fuß weiter in die Wüste. Gelegenheit, ihr Vorgehen abzusprechen.

Fuchs machte die Gebärde des Kopfabschneidens und das Zeichen für »junger Mann«. »Kennedy«, antwortete Jerry Sillver, »ist im Gefängnis gut aufgehoben. Dort ist er auch vor Doc sicher. Der Sheriff entlässt ihn morgen in der Frühe. Dann ist die Bande bereits auf dem Weg nach Mexiko. Wenn er schlau ist, haut er aus Snow City ab. Genug Geld besitzt er ja.«

Der Indianer runzelte zweifelnd die Stirn. Mit seinen Fingern zählte er Dollarscheine.

»Könnte sein. Der Junge ist schwierig. Sein Ehrgefühl lässt ihm keine Ruhe. Er will die Belohnung zu Recht kassieren. Vielleicht sehen wir ihn in auf der anderen Seite der Grenze wieder.«

Fuchs ballte die Faust, legte seine zweite Hand darüber.

Silver ahmte die Geste nach »Du möchtest wetten! In Ordnung. Fünf Dollar, dass wir ihn nicht wiedersehen. Einverstanden?«

Der Indianer schlug auf die Faust seines Freundes und grinste. Dann zeigte er die Zahl Drei.

»Einverstanden. Wir geben ihm drei Tage. Sonst zahlst Du!«

Sein Lächeln gefror. Schnell legte er seinen Kopf auf den Wüstensand.

»Pferde. Auf unserer Spur. Und nicht wenige.«

Fuchs ließ seine Finger über den Sand wandern.

»Sie folgen uns. Müssen einen guten Kundschafter haben?«

Der Indianer tippte gegen Silvers Pferd und stieß seinen Zeigefinger zweimal zum Boden.

»Stimmt. Die Tritte meines Mustangs zeichnen den Sand tiefer. So lange, wie er unter dem Gift der Schlange leidet. Meinst Du, Du bekommst raus, wie viele es sind. Und wann sie uns erreichen?«

Fuchs legte sich auf den Sandboden und lauschte. Silver wusste, dass sein Freund über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügte. Deshalb wunderte er sich nicht, dass er bald wieder aufstand und mit der Zeichensprache seine Feststellungen erklärte.

»Ich habe es befürchtet«, entgegnete Jerry. »Zu viele und sie erreichen uns bei Sonnenaufgang.!

***

Vier Finger besaß als Veteran der Indianerkriege hohes Ansehen bei seinen Leuten. Deshalb gab es keine Schwierigkeiten genügend Männer für diesen Jagdausflug zu finden. Wenn auch kaum Hoffnung auf Beute bestand, gab der Ritt ihm doch ausreichend Gelegenheit, die Fähigkeiten seiner Stammesbrüder zu erproben.

Er warf einen Blick auf den kleinen Haufen hinter ihm. Traurig musterte er die Gruppe, sorgenvoll legte er die Stirn in Falten. Es gab Zeiten, da folgte ein Vielfaches an Kämpfern seinem Befehl.

Er hatte befohlen, hintereinander, wie der Leib einer Schlange zu reiten. Niemand sollte die Spuren, die sie vor ein paar Stunden entdeckten, in der Dunkelheit zerstören. Ihr bester Spurenleser wartete nur einige Pferdelängen entfernt, sein Gewehr schussbereit in der Hand. Gelber Vogel gehörte zu den schlausten Fährtenlesern, denen er je begegnet war.

Die Zahl der erfahrenen Krieger nahm stetig ab. Zu hoch war der Blutzoll, die die Weißen, die den Mescaleros jedes Jahr ein wenig mehr Land stahlen und sie zwangen, in die Wüste auszuweichen.

Eingekeilt zwischen den Blauröcken und der Truppen der Mexikaner befand sich sein Stamm in einer gefährlichen Situation. Nach dem Bürgerkrieg verstärkte die Armee den Druck, denn nun fanden die Soldaten Zeit und Gelegenheit, die Indianer zu verfolgen. Mond für Mond wuchs die Zahl der Witwen und der vaterlosen Kinder in den Zelten der Mescaleros. Das Wild zog weg und die Weißen brachen einen Vertrag nach dem anderen.

Hunger und Krankheit. Verrat und Hoffnungslosigkeit. Dazwischen konnten seine Leute wählen. Umso lauter wurden die Stimmen derjenigen, die zu einem Kampf aufriefen. Einem großen Blutvergießen, bevor sein Stamm in Vergessenheit geriet.

Vier Finger hörte ihre Worte, die auf fruchtbarem Boden unter den jungen Kriegern fiel. Auch sein Kriegerherz beschäftigte sich mit der Frage, ob ein letztes Aufbäumen Sinn machte. Und jedes Mal mehr berührten ihn ihre Rufe nach Rache und Vergeltung.

Lange würde er sie nicht zurückhalten können. Er betete zu den Geistern, dass er in dieser Schlacht starb. Den Untergang seines Stammes nicht erlebte.

Er hob die Hand, damit seine Leute anhielten. Alleine ritt er zu Gelber Vogel, der ihn erwartete. An seinem Sattel baumelte noch die Haut der Klapperschlange, die sie vor einigen Stunden neben der Fährte tot fanden.

Die Fingerspitzen des Spurenlesers tippten gegen den Kopf der Schlange. »Ein Pferd wurde gebissen. Aber nicht tief oder ihr Gift reichte nicht aus. Jetzt erholt sich der Mustang wieder, seine Tritte sind sicherer. Wir werden sie bald erreichen.«

Vier Finger warf einen Blick auf die kleinen Hügel und Geröllhaufen vor ihnen. Die Dämmerung zeichnete die ersten Schatten auf den Boden. Ihre Beute konnte nicht mehr weit weg sein. Er gab seinen Leuten das Zeichen aufzurücken, als sich die Gestalt seines Fährtenlesers plötzlich versteifte. Seine Hände griffen unwillkürlich zu dem Gewehr, denn auch erkannte, in welche Falle sie geraten waren.


Kommentare

  1. Es ist ja wieder typisch..
    Kaum denkt man, dass der Hauptdarsteller dem Schlimmsten entkommen ist - er hat ja eine gute Täuschung vollbracht, konnte durch die Reihe der Schützen brechen und hat sogar die Zeltschnüre überlebt - da erwischt es ihn am Ende doch und eine kräftige Hand packt ihn am Nacken.

    Was noch typischer ist...
    Man hat eine leise Hoffnung, es wären Silver oder Fuchs.. aber der Herr Autor beschreibt nur wenige Zeilen tiefer, dass diese schon weit weg sind, fort aus der Stadt..
    So bleibt einem wieder nur das Rätseln.. wessen Hand mag das sein. Ihr Besitzer scheint einigermassen freundlich zu sein, da es sicher einfacher gewesen wäre, Kennedy eine Kugel zu geben, als ihn lebendig auf den Boden zu bringen.
    Ich möchte guter Hoffnung sein, dass es sich um jemanden handelt, der unserem Kopfgeldjäger freundlich gesonnen ist, jemand, der sich cieleicht schon länger über die Synners ärgert und Kennedy zur Flucht verhilft.

    Es ist interessant, dass Fuchs und Silver sich tatsächlich Gedanken machen, ob Kennedy wohl in Mexiko auftaucht und sogar darum wetten. (Übrigens sehr schön dargestellt, mit den Gesten des Kriegers und den Antworten Silvers - Mir war, als könnte ich ihnen dabei zusehen)
    Immerhin sehen sie ihn nicht nur als Greenhorn, Jungspund oder Dummkopf, sondern lassen ein wenig Respekt durchblicken, weil dieser "seine Belohnung wirklich verdienen will".
    Wäre er ihnen egal, hätte man nicht gewettet.
    Ich bin übrigens gespannt, wer die Wette gewinnt..

    Dann ein recht abrupter Sprung in eine Gedankenwelt, mit der man nicht gerechnet hat:
    Mescaleros..
    Hatte ich schon "Typisches" angesprochen ? Ja ? Nun gut, noch etwas Typisches..
    Der gekonnte Wechsel in der Ausdrucksweise des Herrn Autors.. "Reiten, wie der Leib einer Schlange" zum Beispiel.
    Man wird auf diese Art direkt in die Gedanken des Häuptlings hineingeführt, scheint es auch besser zu verstehen.
    Der Stolz des alten Oberhauptes, wenn er an die alten Zeiten denkt, in denen ihm ein Vielfaches an Kriegern folgte.
    Ich würde jetzt zu gerne denken, dass diese Gruppe Indianer Jene sind, die unsere tapferen Flüchtlinge am Boden wahrgenommen haben.. dass sich Fuchs und die Mescaleros friedlich einigen, man vieleicht sogar einen Bund eingeht, um den Synners das Handwerk zu legen...
    aber ich befürchte.."Typisches"..
    So übe ich mich in Geduld, wie der Adler, der durch die Wolken segelt, sein Auge auf den Boden gerichtet, um seine Beute... nein.. das überlasse ich dem Autor, das zu beschreiben.
    Er kann das eindeutig besser..
    Ich bin gespannt.. wie ein Flitzebogen.. auf Kommendes.

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