Ein (nackter) Held gegen zwei Tiger, ...


... das gibt es nur bei "Eisen und Magie: Die Gefährten". Renetat tritt an. Wieder einmal scheint alle Hoffnung verloren. Aber lest selbst! Kapitel 17 wartet auf euch!

Viel Spaß!





Die Gänge rochen so, wie es Renetat vorhergesehen hatte. Urin, Schweiß, Blut, Angst lag in der Luft. All das verbanden sich zu einer Mischung, die er aus Gefängnissen und Sklavenlagern kannte. Der Geruch hatte sich wie Schimmel in das alte Mauerwerk unauslöslich gefressen und begleitete ihn auf seinem Weg in die Zelle.

Die Wachen zerrten ihren Gefangenen an rostigen Gittern vorbei, weitere Verurteilte warteten dahinter auf ihren Tod in der Arena. Einige schauten den Neuankömmling mit wilden Augen an, vermuteten ihren nächsten Gegner bei den Kampfspielen. Andere hockten mit stumpfen Blick in dunklen Ecken, erwarteten nur ihr Todesurteil.

Der Trupp passierte lange Reihen von Kerkern, aber die vergitterten Räume enthielten keine Menschen. Scharfer Gestank schlug ihm entgegen, der die Nase laufen ließ. Aus dem Dunkel grollte und fauchten unbekannte Tiere. Auch ihr Schicksal entschied sich im Sand der Arena.

Doch im Gegensatz zu den menschlichen Kämpfern war ihr Ende unumkehrbar. Siegreiche Gladiatoren erhielten eine neue Chance in weiteren Zweikämpfen. Gefiel dem Herrn der Spiele ihr Kampfstil, durften sie sogar hoffen, dass ihre Verletzungen verbunden und gepflegt wurden.

Die Bären, Löwen und Tiger, die ihr Duell überlebten, starben im Pfeilhagel der Wärter. Sie galten nach ihrem Sieg als unberechenbar, ihr Blutdurst als unstillbar. Und niemand kam auf die Idee, ihre Wunden zu versorgen.

Der Geruch nach Blut und Tod erregte die Raubtiere. Immer wieder prallten ihre schweren Körper gegen die Gitter ihrer Zellen. In der Hoffnung einen ihrer Peiniger zu erwischen stießen krallenbewehrte Pfoten durch die Lücken und versuchten, die Männer in die Reichweite der Zähne zu ziehen.

Für Renetat dachten sich seine Wärter eine besondere Folter aus. Nachdem ihre toten Vorgänger offenbar nicht alle Waffen in seiner Kleidung fanden, gingen die Wachen kein Risiko mehr ein. Gemeinsam nahmen sie ihm die Ketten ab, zogen seine Kleider aus und warfen ihn in eine der Kerkerzellen, in der sich bereits zwei Tiger befanden.

Sofort griff die erste Katze an, aber ihre Attacke wurde durch eine Halskette, die man dem Tier angelegt hatte, unterbrochen. Die Reichweite der Pranke reichte nur eine Handbreit bis zu seinem Kopf. Renetat spürte den Luftzug und sog zischend die Luft ein.

Erschrocken fuhr er zurück und geriet damit in Griffweite der zweiten Raubkatze. Doch auch hier verhinderte eine Kette, dass sie ihr Ziel erreichte. Unter dem dröhnenden Lachen der Wachen entwickelte sich ein Spiel von Angriff und Ausweichen. Es dauerte endlose Minuten, bis ihr Opfer nach einer Weile eine Stelle fand, die kein Tiger erreichen konnte.

Am Ende reichten Renetat nur zwei, drei Handspannen Platz zu beiden Seiten, die ihn außerhalb der Krallen seiner Zellengenossen hielten. Die wütenden Katzen lauerten und warteten sprungbereit auf ihre Gelegenheit. Da sie nach Ansicht der Wärter zu ruhig blieben, stießen sie die Tiere mit Spießen durch die Gitterstäbe in die Flanken und feuerten die Raubkatzen mit wilden Rufen an. Einer der verrohten Kerle beschloss, besonders grausam zu sein und den Reiz des Spiels zu erhöhen.

Er erhitzte einen der Metallspieße in einem der brennenden Kohlebecken und versuchte, Renetat damit zu treffen. Der war jetzt gezwungen, sowohl dem glühenden Metallstück, als auch den Attacken der Tiger auszuweichen. Einer seiner Kumpanen warnte: »Sei vorsichtig! Dieser nackte Bursche soll Thurakos als Spielzeug dienen. Wenn Du ihn verletzt, ist es Deine Eingeweide, die sich im Sand der Arena schlängelt!«

»Ich weiß schon, was ich mache«, lautete die Anwort. Der Wärter blies noch einmal kräftig auf das bereits rotglühende Ende, dann stieß er sie in Renetats Richtung. Der wartete den Angriff ab, griff im entscheidenden Moment blitzschnell an der heißen Spitze vorbei und zog das Metall mit einem entschlossenem Ruck in die Zelle hinein.

Im ersten Reflex hielt die Wache den Spieß fest. Auf keinem Fall wollte er dem Gefangenen eine Waffe überlassen. Zu spät erkannte er, dass er auf diese Weise in die Reichweite eines der miteingesperrten Tiger geriet.

Das gereizte Tier attackierte mit der tödlichen Schnelligkeit und Präzision eines Raubtiers. Seine ausgefahrenen Krallen hakten sich in der Kettenrüstung ein und zerrten ihr Opfer direkt an das Gitter. Vergeblich versuchte sich der schreiende Wächter zu befreien, die Katze behielt ihn in ihrem eisernen Griff . Immer wieder hieb die andere Pranke zu, suchte und fand Lücken in der Rüstung. Dann riss sie blutige Spuren ins Fleisch des Unvorsichtigen.

Die übrigen Wärter taten das Ihre, um ihrem Kameraden zu helfen. Schrien, schlugen gegen das Zellengitter, stießen mit Stöcken und Spießen nach dem Angreifer. Aber der Tiger ließ sich seine Rache nicht nehmen. Ungeachtet der Schmerzen, die ihm die Wachen zufügten, nahm er Vergeltung an seinem Peiniger, bis der regungslos und stumm in einer wachsenden Blutlache lag. Erst danach zog sich das Tier in eine Ecke zurück und leckte ihre zahlreichen Wunden.

Renetat hatte alles beobachtet und hielt den Metallspieß umklammert. Seine Sympathie gehörte der Raubkatze, doch er machte sich keine Illusionen, dass er für beide Katzen nach wie vor ein Feind darstellte. Zumindest besaß er jetzt eine Waffe, auch wenn der Spieß gegen einen so kräftigen Gegner wenig ausrichtete.
Die Wachleute beschlossen, sich zurückzuziehen und trugen ihren schwerverletzten Kameraden hinaus. Bevor sie den Gang durch eine mächtige Eisentür verließen, nahmen sie die Fackeln mit und ließen ihre Gefangenen in tiefer Finsternis zurück.

Renetat klopfte mit dem Metallspieß leise auf den Boden. Er sah die Tiger nicht, hörte nur ihren schweren Atem, gelegentlich ein drohendes Schnaufen. Aber ihr strenger Raubtiergeruch stieg in die Nase und weckte Urängste. Er wagte nicht sich zu bewegen. Zu leicht geriet er in die Reichweite einer der Katzen, deren Augen in derDunkelheit besser sehen konnten, als er. Das Klopfen mit dem Spieß sollte ihm Mut machen und seine wilden Gegner daran erinnern, dass er nun bewaffnet war.

Das verächtliche Knurren, das ihm aus dem Schwarz der Zelle entgegenschlug, schien zu beweisen, dass die Raubkatzen den Wert seiner Waffe nicht hochschätzten. Wenn er seine Situation ehrlich beurteilte, musste er ihrer Einschätzung seiner Lage beipflichten. Gegen den entschlossenen Angriff eines Tigers half das kümmerliche Metallstück kaum.

Es galt daher, außerhalb des Bereichs ihrer Krallen zu bleiben. Leise zog er sich in Richtung der Gitterstäbe zurück. Dabei bemüht, seinen Weg in möglichst gerader Linie fortzusetzen. Ihm blieb nur wenig Platz, falls er nicht wieder in Reichweite seiner Mitgefangenen geraten wollte, die nach wie vor in der Dunkelheit lauerten.

Wenn sein Spieß nicht als Waffe viel hergab, dann taugte sie mit etwas Glück auf jeden Fall als Werkzeug. Vielleicht stieß er auf eine Schwachstelle, die er mit dem Metallstück vergrößern konnte.

Endlich ertasten seine suchenden Finger das Gitter. Vorsichtig folgte er den Eisenstäben nach unten und suchte die Verbindung zum Zellenboden. Dort, wo die waagrerecht angebrachten Stäbe in die Wände endeten, geriet er mit Gewissheit in Reichweite der Tigerkrallen. Deshalb musste er es hier versuchen.

Schnell erreichte er die Stelle, an der ein Gitterstab den Boden berührte. Der Bereich fühlte sich vielsprechend an. Zwischen dem gestampften Lehmboden, in dem Kies und kleine Steine eingestreut waren, und dem Metall klaffte eine winzige Lücke. So schmal, dass er Renetat lediglich einen Fingernagel hineinschieben konnte. Aber das sollte reichen.

Er nutzte den Metallspieß abwechselnd als Grabwerkzeug und als Hebel. Stetig, wenn auch in einfachsten Schritten vergrößerte er den Spalt. Bald fand seine Fingerspitze Platz darin. Hoffnung keimte auf. Seine Gedanken galten jetzt allein seinen Bemühungen, das Loch zu vergrößern und den Gitterstab weghebeln zu können. Viel Zeit blieb ihm nicht, bald würden sie Wachen zurückkehren.

Er vergaß sein eigenes Schicksal in der Arena gegen einen übermächtigen Gegner und die Sorge um seinen Freund, der die Foltern seines Erzfeindes ertragen musste. Sein Leben bestand nur aus Kratzen und Hebeln. Immer wieder pustete er in die Lücke, um Dreck und Schmutz herauszuholen. Dann stieß er die Spitze seines armseligen Werkzeugs erneut in den herausgekratzten Bereich und tat alles, um ihn zu erweitern.

Renetat unterdrückte einen Jubelschrei, als der Spalt so groß war, dass man das angespitzte Ende des Metallspießes vollständig hineinstecken konnte. Endlich besaß er einen Ansatzpunkt für einen Hebel. Schweiß lief in sein rechtes Auge. Er nahm sich die Zeit ihn wegzuwischen, schaute eher zufällig hoch und blickte in das reflektierte Glühen eines Tigerauges. Erst jetzt bemerkte der Verzweifelte den Raubtiergeruch. Die Nase der Raubkatze befand sich keinen Fingerbreit von der eigenen.

***

Kommentare

  1. Was für eine Situation.

    Eigentlich war abzusehen, dass die sich immer mehr steigernden Bemühungen, das Loch zu vergrössern unbemerkt dazu führen, dass sich Renetat und wenigstens eine Katze nähern.
    Das Ganze aber kaum einen Finger breit enden zu lassen...

    Doch zuvor schon bemerken die Wachen, dass sie keinen verängstigten Taschendieb in die Zelle führen.
    Das Manöver, mit dem Renetat sich in den Besitz der Metallstange bringt, ist ein gutes Zeichen dafür, dass sein Wille längst nicht gebrochen ist, nur weil er nackt an den Zellen vorbeigeführt wird.
    Kann man sich erträumen, dass die Wildkatze sich ein wenig freundlicher zeigt, weil Renetat ihr das glühende Eisen erspart hat ?
    Oder gibt es gar so etwas wie das Erkennen eines Mitgefangenen ?

    Den Kampf gegen das Raubtier würde er nicht überstehen. Die Götter von E&M müssen also ein Einsehen haben und der Katze so etwas wie Verwirrung schicken.
    Wäre nur Eine der beiden Katzen friedlich, wäre deutlich mehr Bewegungsfreiheit für unseren armen Freund gegeben.
    Das wär doch ein Anfang...

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das nächste Kapitel von "Eisen und Magie: Dämonenhand"

heute in "Eisen und Magie: Ewige Liebe" Ein Dieb wird zum Mörder