Sorry, aber ohne Cliffhanger geht es nicht!


Die Ereignisse in "Eisen und Magie: Die Gefährten" führen in Kapitel 16 zu einem (vorläufigen) Höhepunkt. Unsere Helden erfahren welches Schicksal ihnen nach dem Willen des Rattenkönigs bevorsteht. Nur soviel sie verraten : Ich würde nicht mit ihnen tauschen!

Viel Spaß!

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Ketten ersetzten die Stricke, die beiden Abenteurer schleppten ächzend das zusätzliche Gewicht. Renetat hatte schwer zu tragen, sein Stöhnen übertönte bisweilen das Geräusch der klirrenden Kettenglieder. Doch er beschloss, den feixenden Wachen keine Schwäche zu zeigen.

Sein Freund Hark ertrug mit stoischer Ruhe seine eingeschränkte Bewegungsfreiheit, ließ seine Augen nicht von seinem alten Feind Anghis. Auf diese Begegnung wartete er vermutlich ein ganzes Leben.

Der erwiderte den feindseligen Blick ohne erkennbare Regung. Renetat verglich die Gegner, versuchte einzuschätzen, wer einen Zweikampf gewinnen würde. Beide überragten an Körpergröße jeden Mann, dem er begegnet war. Gegen Anghis sprach sein Alter, er dürfte einige Jahre mehr auf dem Buckel haben, als der Hüne. Dafür besaß er die größere Kampferfahrung und den Heimvorteil.

Doch im Vergleich mit den zwei Kontrahenten wirkte der Rattenkönig wie ein Riese. Ein solches menschliches Monster sollte auf dieser Welt nicht existieren. Die Art, wie die schützenden Eisenplatten direkt auf die Haut genietet waren, bewies, dass dieses Monstrum keinen Schmerz fühlte. Renetat bezweifelte, dass selbst Hark die mächtige Waffe heben konnte, die der Herr der Dunklen Stadt trug.

Die zartgrüne Kugel, die über dem Rattenkönig schwebte, irritierte ihn. Neben so viel geballte Kraft und Gewalt in diesem Raum wirkte sie wie ein Fremdkörper. Ihr Schein erinnerte ihn an das seltsame Leuchten, das den Himmel über ihnen tief unter der Traumstadt erhellte.

»Ihr habt Fehler gemacht, Ihrsein!« Anghis Stimme grollte durch den Wachraum. »Um ein Haar hättet ihr versagt« Seine Worte trieften vor Feindseligkeit. »Es reicht eben nicht, sich mit dem Gebieter über die Stadt ins Bett zu legen.«

Renetat erkannte die Rivalität, die aus diesen Sätzen sprach.Offenbar kämpften beide um die Gunst ihres Herrn. Und hassten sich abgründig.

»Keinen Zwist.« Wie Donner kam es aus der Kehle des Rattenkönigs. »Ihrsein hat ihre Aufgabe erfüllt. Hark befindet sich in unserer Gewalt. Etwas, was Ihr bisher nicht geschafft habt. Ich habe diesen Streit geduldet. Nicht um eure Kräfte zu splittern, sondern um sie zu vereinigen.

Anghis bekommt die Gelegenheit, seinen Feind zu vernichten. Ihr steigt in meiner Gunst und werdet in Zukunft größere Pflichten bekommen. Wenn in der kommenden Nacht das letzte Opfer die Stufen des Altars hinauf geschleppt wird, werden wir die Traumstadt übernehmen können. Und dieser Sieg wird nicht der Einzige sein. Ich brauche gute Männer und Frauen für die Aufgaben, die es dann zu bewältigen gibt.«

Ihrsein grinste zufrieden und fragte: »Was plant ihr für seinen Begleiter?« Renetat hatte diese Frage befürchtet. Die Antwort, so ahnte er, würde ihm nicht gefallen.

»Er wird in den Spielen vor dem letzten Opfer kämpfen. Sorgt für einen würdigen Gegner. Anghis, wie heißt der Gladiator, der den Verlierer in der Arena so gerne lebend ausweidet? Und sie an den heraushängenden Gedärmen durch den Sand schleift?«

»Ihr meint Thurakos, mein Gebieter.«

Der Rattenkönig sprach Ihrsein an. »Übernehmt das. Stellt sie gegeneinander auf! Lasst euch bei der Auswahl der Waffen etwas einfallen. Diese Kämpfe sollen den Sieg einleiten und unsere Leute begeistern. Ich brauche ihre Begeisterung, wenn wir danach über die Bewohner der Traumstadt herfallen.«

Dann winkte er Anghis zu sich. »Ihr kennt alle Varianten der Folter. Harks Schmerzen und Schreie werden das Opfer verstärken. Enttäuscht mich nicht. Diesmal werdet ihr seinen Willen brechen. Sonst ist für euch kein Platz an meiner Seite!«

Noch einmal donnerte seine Stimme durch den Raum. Renetat versuchte, es zu unterdrücken. Aber die Schallwellen, die sich an den Mauern brachen, verursachten Übelkeit. Für einen Moment lang fürchtete er, sich zu übergeben. Bei den Göttern. Nur jetzt keinerlei Schwäche zeigen.

Doch als er an die Beschreibung seines Gegners in der Arena dachte, fühlte er Furcht aufsteigen. Tiefe Sorge trübte beim Anblick des in Ketten gelegten Hark seine Gedanken. Er selbst konnte wenigstens kämpfen. Aber sein Freund besaß keine Möglichkeit, aus eigener Kraft der Folter zu entkommen.

***

Hark ließ den Zerstörer seiner Jugend nicht aus den Augen. Er überlegte kurz, wie viele Jahre seit ihrer letzten Begegnung vergangen waren. Tage und Monate, in denen ihn die Erinnerung an den Schmerz und die Erniedrigung jeden Tag aufs Neue quälten.

Heute würde es sein Ende finden. Auf die ein oder andere Weise. Still verabschiedete er sich von Renetat. Der offene Zweikampf in Sand der Arena gehörte nicht zu den Stärken seines Freundes.

Die Beschreibung seines Gegners machte dem Hünen wenig Mut. Danach handelte es sich um einen äußerst brutalen Kerl. Eine solche Prüfung musste Renetat in einem Kampf noch nie bestehen.

Er selbst fühlte sich seltsam ruhig. Zu seiner eigenen Verwunderung spürte er keine Angst. Anghis Erfahrungen bei der Folter dürften in den letzten Jahren gewachsen sein, und er kannte Harks Schwächen sehr genau.

Doch der Hüne hatte bereits einmal überlebt. Er war nicht mehr der unreife Halbwüchsige wie zu der Zeit, in der in seine Hände gefallen war. Ein Leben voller Gefahren und Kämpfen, stets auf der Wanderschaft und auf der Suche nach Beute ließen ihn reifen und wachsen.

Dennoch schätzte Hark seine Chancen, die folgenden Stunden zu Überstehen nicht hoch ein. Anghis durfte ihn nicht überleben lassen. Die Befehle des Rattenkönigs klangen noch in seinen Ohren, da blieben keine Zweifel offen. Der Konflikt mit Ihrsein vereinfachte seine Lage nicht. Beide stritten um die Gunst ihres Herren und nur mit dem Tod des Hünen konnte er sie gewinnen.

Der Herrscher der Stadt entließ sie mit einer knappen Handbewegung. Die Gefährten erhielten nicht die Gelegenheit, sich voneinander zu verabschieden. Harks Weg führte mehrere Treppen hinunter in einen kahlen Raum. Nur eine rauchende Pechfackel an einer grob gemauerten Wand erhellte ein trostloses Verlies ohne Fenster. Schimmel und altes Blut bedeckten den Boden aus festgestampften Lehm und Kieseln. Die hohe Decke verlor sich im Dunkel der qualmenden Fackel. Den Geruch, der ihnen entgegen schlug, erkannte der Hüne sofort: Rattenurin. Wieder kamen gegen seinen Willen die Erinnerungen hoch.

Drei Särge füllten die Zelle fast vollständig aus. Nur der Deckel der mittleren war hochgeklappt. Hark wagte einen Blick, aber er war leer.

Anghis bemerkte sein Interesse und lachte freudlos. »Das ist dein Platz bei unserem kleinem Spiel. In den beiden anderen Kisten leben ein paar Freunde von mir.«

Er öffnete einen der Deckel und der Hüne sah seine Befürchtungen bestätigt. In dem Kasten wimmelte es von Ratten. Größer, als die, die er kannte. Und so aggressiv, dass sie sich ständig bissen und bekämpften.

Furchtlos griff Anghis hinein und packte einen der Nager am Genick. Grinsend hielt er ihn ganz nah an Harks Gesicht. So dicht, dass die Zähne des wild um sich beißenden Tieres direkt vor seinem Lippen zusammenschlugen. Der ekelerregende Geruch nach Aas und Urin stiegen ihm sofort in die Nase.

»Einst besaß ich eine Vorliebe für Ratten« erklärte die rechte Hand des Rattenkönigs. »Du erinnerst Dich an den Käfig, in dem ich dich damals sperrte. So eng, dass es nicht nötig war, Fesseln anzulegen.. Die Gitter gaben mir die Gelegenheit, sie bei ihrer Arbeit zu beobachten.

Meistens reichte es aus, die Delinquenten bei einer solchen Bestrafung zusehen zu lassen. Danach waren sie willig, sogar meine ausgefallensten Wünsche zu befriedigen. Aber das hast Du ja selbst erlebt.

Ich liebte es, Dich zu den Ratten zu stecken. Keiner hielt so lange durch wie Du. Es dauerte eine ganze Weile, bis der Trotz in deinem Gesicht der Ergebenheit wich. Was hatten wir für eine Menge Spaß! Auch hinterher«

Er suchte nach Furcht in den Augen des Hünen, fand sie jedoch nicht. Jovial schlug er dem Gefesselten auf die Schultern. »Ich sehe, ich habe Dein Interesse geweckt. Du stimmst mit mir überein, dass diese Nager nicht die beste Methode sind, Widerstand zu brechen. Geeignet, aber nicht optimal. Sie fressen und beißen, doch irgendwann sind sie satt. Dann kämpfen sie gegeneinander und lassen ihr Opfer für eine Weile in Ruhe.«

Hark erinnerte sich an die endlosen Stunden im Käfig, in denen die Ratten auf seinem gebundenen Körper herumliefen. Der Schmerz der Bisswunden, den Gestank nach Urin und das Gefühl der allgegenwärtigen Rattenpfoten. Wie ein Alptraum verfolgte ihn die Erinnerung, wie ein lebendes Futterpaket, den immer hungrigen Nagern ausgeliefert zu sein.

Die Tiere lebten in diesen Tagen auf ihm, paarten sich, warfen ihre Jungen und bedienten sich an seinem Fleisch. Jeden Abend besuchte ihn Anghis, flüsterte, versprach. Am Ende gab Hark auf.

Sein Peiniger von damals erkannte, dass die Schrecken der Vergangeheit sein Opfer einholten. Diese unerwartete Begegnung mit dem Hünen weckte auch seine Erinnerungen. Und neue Begehrlichkeiten.

»Erst steckte ich Dich zu meinen haarigen Freunden, um Anderen meine Macht und meine Rücksichtslosigkeit zu beweisen. Du warst zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber dann änderte sich meine Meinung. Irgendetwas fesselte mich an diesem habnackten und fast verhungerten Straßenjungen. Je länger Du in diesem Käfig lagst, desto mehr faszinierte mich Deine Hartnäckigkeit.«

Anghis nahm die Ratte aus Harks Gesicht und streichelte das Tier, das sich gegen diese Berührung mit heftigen Bissen wehrte. Doch ihren Zähnen gelang es nicht, das feste Leder seiner Handschuhe zu durchdringen.

»Es kam, wie es kommen musste«, fuhr die rechte Hand des Rattenkönigs fort. »Du verlorst Deine ... Zurückhaltung, und wir verbrachten angenehme Zeiten miteinander.« Er leckte über die Lippen. »Sehr angenehme, wie ich betonen möchte. Unvergessliche. Bis zu Deinem Verrat!«

Scheinbar gleichgültig wandte er sich ab, ging zu dem zweiten, noch verschlossenen Kasten. Höhnisch grinsend drehte er sich zu seinem Gefangenen um. »Aber wie ich bereits andeutete. Ratten besitzen auch ihre Nachteile. Der Beschützer der dunklen Stadt gab mir etwas Besseres.« Mit diesen Worten öffnete er die dritte Kiste.

***



Kommentare

  1. ...und was für ein Cliff !
    Man erfährt also etwas über Harks Vergangenheit in der Dunklen Stadt. Das Grauen, das er damals durchmachen musste, scheint mir unermesslich. Das lebende "Futterpaket" zu sein, nur für den "einen" Zweck...
    Als wäre das Eine nicht schon schlimm genug gewesen, ohne das Andere.

    Renetat und Hark werden getrennt.
    Beiden scheint eine recht auswegslose Zukunft gewiss.Hinzu kommt, dass Keiner von Beiden dem jeweils Anderen grosse Chancen zum Entkommen einräumt.
    Ich habe die Hoffnung, dass die Zwei so eingespielt sind - als Freunde und als Kampfgefährten - dass sie unabhängig voneinander, ihre wenn auch noch so kleinen Chancen nutzen werden um dann, am Ende, gemeinsam wieder zu entkommen. Immerhin weiss der Eine um die Gdanken, Stärken und Schwächen des Anderen.

    Ja, und dann ist da Cliff...
    Die zweite Kiste.. Was zum Deibel kann schlimmer sein, als eine grosse Kiste voller Ratten ?
    Was ist denn erschreckend genug, lang andauernd grausam, um den Ratten den Rang abzulaufen ?

    Ein sehr gut gesetzter Cliff..
    Leider..
    Ich werde warten - und Ratten sammeln - wehe, das wird nicht gut..
    ...aber.. wurde es ja immer. Das Sammeln kann ich mir wohl sparen.

    Das neue Lesefeature ist übrigends sehr hübsch.
    Die Verlinkung zum Trailer funktioniert leider nicht aus Thunderbird heraus, aber ein Besuch des Blogs lohnt sich ja immer, nicht nur zum Anklicken des Links. ;-)

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