Zurück nach Snow City!


Wie angekündigt geht es heute zurück nach Snow City, der Stadt in Texas, nahe der mexikanischen Wüste. Wir wechseln das Genre: Aus Fantasy wird ein Western.

Doch die Spannung bleibt. Kernthema heute: Wie überzeuge ich einen Verbrecher, dass ich ein Mitglied seiner Bande bin, obwohl ich gar nicht weiß, was er vorhat.

Und es kommt zur Begegnung zwischen Yerry Silver und dem Mörder seiner Frau.



Yerry Silver verfluchte diesen Hitzkopf. Der Sheriff hier besaß mehr Übersicht, als er dachte. Bevor Doc Synner ziehen konnte, schlug er Kennedy mit seinem Revolver nieder.

Die Art, wie er den Schlag führte, bewies seine Erfahrung. Heftig genug, um den jungen Mann sofort außer Gefecht zu setzen. Aber nach ein, zwei Tagen Kopfschmerzen sollte die Sache auskuriert sein.

„Du fängst in meiner Stadt keinen Streit an“, meinte Dolden. Geübt zog er Kennedys Revolver aus der Manteltasche und durchsuchte ihn nach weiteren Waffen. Ein leiser Pfiff der Anerkennung tönte über den Platz, der sich langsam wiederfüllte. Offenbar, fanden die Einwohner, gab es was zu sehen. Sie kehrten jedoch schnell zu ihren gewohnten Arbeiten zurück, als es nicht die erwartete Schießerei war.

„Wir haben hier einen feinen Ort zum Abkühlen.“ Mit diesen Worten packte er den niedergeschlagenen Kopfjäger an einem Stiefel und schleifte ihn zu einem der Käfige, die als Gefängnis dienten.

Silver blieb nur übrig, als den jungen Mann seinem Schicksal zu überlassen. Ihn erwartete jetzt ein anderes Duell. Er musste Doc Synner überzeugen, dass er auf seiner Seite stand und in seine Pläne eingeweiht war. Ohne allerdings zu wissen, was der Kerl vorhatte.

„Meint Ihr wirklich, dieser Grünschnabel hat Jello erschossen“, fragte er. Doch sein Gegenüber wich aus. „Soll nicht eure Sache sein. Nicht heute und auch nicht später. Der Milchbubi stört nur unsere Geschäfte.“

Er fasste Silver grob an der Schulter und zog ihn in das Zelt, dass hier als Saloon diente. Der kleine Zwischenfall auf der Straße hatte die Lautstärke der Zecher nicht merklich verringert. Auf verschlungen Pfaden nach Snow City transportiert, kämpfte ein arg verstimmtes Klavier gegen raues Gelächter und dem ein oder anderen Streit an.

Tanzmädchen, deren letzte Station vor dem endgültigen Fall dieser Ort geworden war, schlichen auf der Suche nach Kunden zwischen die Tischreihen. Ihr harter Blick erinnerte Yerry an die Augen des Mannes, der ihn jetzt quer durch die Schenke zerrte.

„Hier ist es zu laut“, meinte Doc und zog ihn hinter eine Holztür in einen abgetrennten Raum. Der Lärm des Saloons blieb dahinter zurück, als er Silver hineinzog und sie verschloss. Er gab seinem Gast etwas Zeit, sich umzusehen. Dann bot er ihm einen Platz an einem soliden Holztisch an, der irgendwie seinen Weg in dieses gottverlassene Nest gefunden hatte. Das Dach seines „Büros“ bestand zwar aus Leinwand, doch tief in den Boden eingelassene Pfosten garantierten einen festen Stand. Die Wand aus stabilen Brettern reichte in diesem Teil des Zelts bis in Kopfhöhe. Ein armbreiter Spalt zwischen Bretterwand und Zeltdach ließ ausreichend frische Luft hinein. Nur gedämpft drangen die Geräusche der Wüstenstadt zu ihnen. Synner hatte die Ritzen in der Bretterkonstruktion zum Thekenbereich zusätzlich so sorgfältig mit Lehm und Stroh abdichten lassen, dass ein Großteil des Lärms aus dem Saoon zurückblieb. Gleichzeitig sorgte er auf diese Weise für einen abgeschirmten Bereich. Ein guter Ort, um auch illegale Angelegenheiten zu besprechen.

Ein dunkles Holzbrett quer auf zwei leere Fässer gelegt, diente als Theke. Es gab einen Typ hinter dem improvisierten Tresen, der als Wirt arbeitete und sogar einen Kellner mit Schürze und Fliege. Silver fiel auf, dass die Tanzmädchen fehlten. Das war der Ort, um in Snow City Geschäfte zu machen, abseits von neugierigen Ohren und geschwätzigen Mäulern. Da waren Huren nicht erwünscht.

Eine Handvoll Männer, alle gut bewaffnet und mit dem Blick von Mördern, wie man ihn in langen, blutigen Kriegen erwirbt, erwarteten sie an dem großen runden Holztisch. Doc grüßte mit einem Kopfnicken die Anwesenden, setzte sich und verlangte mit Fingerschnippen nach etwas zu trinken.

Der Kellner beeilte sich, eine Flasche Whiskey und zwei weitere Gläser auf der Tischplatte abzustellen. Danach blieb er in Hörweite stehen und wartete auf neue Anweisungen. Doc bediente sich und die anderen Männer aus der Whiskeyflasche, Yerry ließ er aus.

„Du sagtest, dass Du Jello am Mississippi getroffen hast“, wollte er wissen.

„Wie gesagt, ich denke, dass er es war, mit dem ich an der Bar gespochen habe. War auf einem Dampfer. Mit so einem großen Rad, das ihn vorwärts treibt.“

„Ich weiß, was ein Schaufelrad ist“, meinte Doc mit einem fiesen Lächeln. Er nippte an seinem Whiskey und fixierte Silver. Seine Prüfung ging weiter.

„Dein Bruder wollte ein paar Dollar beim Pokern verdienen. So kamen wir nur kurz auf die Sache zu sprechen.“ Yerry tat alles, um die Lüge glaubhaft klingen zu lassen. In Wahrheit hatte er keine Ahnung von den Plänen der Gebrüder Synner.

Nur dass es hier in Snow City seinen Anfang nehmen sollte.

„Nun ja“, fuhr er fort. „Dann ging es etwas hektisch zu. Gab eine Schießerei am Pokertisch. Ne Frau soll dabei erschossen worden sein.“ Die Erinnerung an Eve‘s Tod ließ Tränen in seine Augen steigen. Aber Trauer passte im Augenblick nicht in seine Rolle als arbeitsuchender Ganove.

„Muss mich noch an diesen verfluchten Sand gewöhnen.“ Mit diesen Worten wischte er die Tränen weg. Keine gute Vorstellung, denn die Schultern der Männer um Doc Synner strafften sich. Besonders der Kerl zu seiner Rechten fixierte ihn mit grimmiger Miene.

„Und dann“, fragte Doc.

„Wie ich sagte. Chaos, Schüsse, der ganze Saloon auf dem Schiff voller Pulverdampf. Da dachte ich mir, da halte ich mich besser raus. Ging in Deckung, bis der Spuk vorbei war.“

Die Gesichter der Zuhörer entspannten sich. Silver befand sich noch auf der richtigen Spur. Auf ein Neues. Jetzt kamen kritische Punkte, denn bis dahin deckten sich Wirklichkeit und Phantasie.

„Ihr entkamt. War eine mächtige Ballerei. Jello tauchte nicht mehr auf. Aber sein Angebot klang verlockend. Ne Menge Bucks, ne Menge Arbeit.“

Nun kam es darauf an, die richtigen Worte zu wählen, ohne Misstrauen zu wecken. Silver schaute sich die Kerle um ihn herum an. Bestimmt konnte er an ihrem Äußeren Hinweise auf ihr geplantes Vorhaben finden.

Ihre Augen verrieten es. Sie kamen alle aus dem Krieg. Südstaatler. Unionssoldaten. Der Schrecken eines Bürgerkriegs machte vor keiner Uniformfarbe Halt. Jeder gut bewaffnet. Zwei trugen schwere Büffelgewehre. Aber wer jagte in der Wüste Büffel?

Zeit gewinnen!

„Jo. Soll ein dreckiger Job werden.“ Keinerlei Reaktion der Männer um ihn herum. Snow City lag im Indianergebiet und nicht weit von Mexiko.

„Und Mexiko sind nicht die Vereinigten Staaten.“ Leichte Lockerung in den Schultern. Die richtige Spur.

„Da lässt sich Geld machen. Ohne dass die Marshalls was davon erfahren.“

Die Spannung in den Gesichtern wuchs. Verdammt, die merken, dass ich hier nur Zeit schinde. Ich brauche eine gute Idee.

Büffelgewehre. Keine Büffel. Jäger. Was jagt man in der Wüste? Hätt ich nur einen Drink. Könnte dran nippen, brächte Zeit. Ich brauch eine Idee oder Zeit.

Jagd. Keine Büffel. Indianer! Hier gab es Mescaleros. Nicht mehr viele. Zu wenig für so einen Trupp. Verdammt, jetzt hatte er es!

Skalps! Die Kerle waren auf Skalps aus! Aber keine Indianerhäute. Zu mühsam, sie in der Wüste, die ihr Zuhause war, aufzutreiben. Da kam er endlich auf die richtige Idee. Er hatte schon davon gehört. Diese gottverdammten Scheißkerle wollten nach Mexiko um Skalps zu machen. Niemand sah, ob die Haut von einer Rothaut oder einem Mexikaner stammte.

Silver hatte von solchen Jagden erfahren. Ein Trupp zog über die Grenze, massakrierte alles, was er fand. Nahm die Kopfhaut und verkaufte sie in Texas für gutes Geld. Egal ob sie vorher einem Mann, Frau oder Kind gehörte. 100 Pesos gab es für eine Männerhaut, immerhin noch 25 für einen Kinderskalp.

Eine Gruppe gut bewaffneter Ex-Soldaten war in der Lage dort ein Blutbad anzurichten, ganze Dörfer niederzubrennen und auszulöschen, denn die Armee war weit weg. Wurde einem der Boden zu heiß, zog man sich über die Grenze nach Snow City zurück und befand sich außerhalb der mexikanischen Gerichtsbarkeit.

Höchste Zeit. Die Mienen der Männer um ihn herum versteinerten. Er grinste frech. „Ok, Gents. War mir nicht sicher, ob ihr die Richtigen seid. Drüben auf der anderen Seite der Grenzpfosten wächst ne Menge Dollar. Nicht an Bäumen, sondern ...“ er machte die Bewegung des Skalpierens und lehnte sich in seinem Stuhl nach hinten. Allgemeine Erleichterung in den Gesichtern der Kerle im Kreis.

Silver schob sein Glas in die Mitte des Tischs. „Kann ich jetzt meinen Whiskey haben!“

Doc grinste zufrieden und füllte die Schnapsgläser reihum. „Auf gute Zusammenarbeit“, sagte er und führte seinen Schnaps zum Mund.

In diesem Augenblick riss jemand die Holztür auf und betrat den Raum. Yerry schluckte seinen Drink schnell hinunter. Möglich, dass es sein Letzter war.

Denn in der Tür stand Jello Synner und in seinen Augen flackerte das Wiedererkennen.

***





Kommentare

  1. Damit hätte man rechnen können - müssen.. So wie das erkennen auf der einen Seite stattfindet, muss man das auch auf der Anderen unterstellen.
    Mit etwas Glück aber, erkennt Jello unseren Freund Silver nur als jemanden aus der Vergangenheit oder als jemanden, der auf dem Schiff war, nicht aber als den Ehemann der dort Getöteten.
    Gewagt ist sein Spiel allemale, und das Erraten des Skalp farmens hätte auch leicht schief gehen können.
    Alles in Allem sieht es nicht gut aus, für unsere Freunde. Kennedy mit Brummschädel im Käfig, Silver am Tisch sitzend, in der Höhle des Löwen..
    Der einzige, der nicht unmittelbar in Gefahr zu sein scheint, ist unser Freund der Indianer, der allerdings in einer Stadt wie Snow-City sicherlich auch nicht ohne Beobachtung zu sein scheint.

    Also auch hier wieder ein Cliff, dem man nur zurufen möchte, dass er möglichst bald "verschwinden" möge ´, um der Klarheit Platz zu schaffen.

    Man darf gespannt sein, wie es weitergeht..

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