Ungleiches Duell in Snow City


Zum ersten Mal begegnen unsere Helden Doc Synner. Über ihn hoffen sie auf seinen gesuchten Bruder Jello zu treffen, der Silver Ehefrau Eve auf dem Mississippi erschossen hat.

Silver versucht herauszufinden, was Doc in Snow City plant und über ihn an seinen Bruder zu kommen. Kennedys Ungestüm droht seinen Plan scheitern zu lassen.

Viel Spaß mit Kapitel 7 aus "Jason Derringer: Der Pfad der Rache"!


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Poppy beobachtete die Szene mit größter Aufmerksamkeit. War da jemand nach Snow City gekommen, um den heimlichen Herrn der Zeltstadt in seine Schranken zu weisen. Nicht, dass es noch keiner versucht hatte. Doch die lagen jetzt mehr oder weniger sorgfältig verscharrt auf dem Friedhof außerhalb der Stadt. Die Qualität ihres Grabes ergab sich aus den Dollar in ihren Taschen und dem Preis, den der Erlös der Verkauf ihrer meist mageren Habseligkeiten einbrachte.

Man durfte sich von dem Aussehen des Doc mit seiner runden Brille nicht täuschen lassen. Der Mann zog verdammt schnell seine Colts. Allerdings verstand er es auch im Hintergrund seine Fäden zu ziehen und andere vorzuschieben, wenn der Job zu dreckig oder zu billig war, ihn selbst zu erledigen.

Das hier sah so aus, als ob er sich diesen Fremden mit eigener Hand vorknöpfen wollte. Bei seinem Bruder Jello rastete der Doc schon einmal aus und ließ jede Vernunft vermissen.

Sheriff Dolden hielt seine Finger nah am Revolver, der vorne im Gürtel steckte. Doch wusste Poppy, wie die übrigen Einwohner, dass Schießen nicht zu seinen Stärken gehörte. Bei Streitigkeiten zog er zwar gerne seine Waffe, aber normalerweise hieb er sie dann plötzlich auf den Schädel des Ärmsten, der seinen Zorn geweckt hatte.

Gegen Doc Synner besaß er nicht den Hauch einer Chance. Und der Neuankömmlinge mit der dicken Lippe auch nicht. Bevor der seinen Colt Walker aus der Manteltasche ziehen konnte, hatte er sich bereits ein paar Kugeln eingefangen.

Aber Poppy beunruhigten die zwei anderen Fremden. Mit dem geübten Instinkt eines Feiglings, der sich aus jedem Ärger raushielt, erkannte er, dass niemand den Südstaatler und seinen Begleiter unterschätzten sollte.

So lässig der Dandy mit einem leichten Lächeln auf den Lippen die Konfrontation beobachtete, hatte der Typ härtere Dinge als das Maulgefecht zwischen einem Milchbubi und einem Killer gesehen. Und in der Miene des Indianers konnte ein Weißer eh nicht lesen. Aber keiner von den Beiden ließ die Kontrahenten aus den Augen. Unauffällig brachten sie sich aus dem Bereich der Kugeln, die bestimmt bald fliegen würden.

Poppy beschloss, es ihnen nachzumachen. Die zwei Fremden kannten sich aus.

***

Silver entschied sich, in das Geschehen einzugreifen! Gegen einen erfahrenen Gegner wie dem Doc, besaß Kennedy keine Chancen. Noch bevor er seinen alten Walker Colt aus der Tasche gezogen hatte, war der Kampf vermutlich schon vorbei.

»Wisst Ihr, wo euer Bruder ist«, mischte er sich ein.

»Wer zur Hölle will das wissen?«

»Ich kenne ihn aus Mississippi. Sind uns dort begegnet.«

»Schwätzer, Jello war nie in dieser Drecksgegend.«

»Ich habe ihn gesehen und mit ihm gesprochen.«

»Nennt ihr mich einen Lügner!« Synners Finger nährten sich bedrohlich seinen Revolvern. Dass sein Gegner keine Waffe zu tragen schien, störte ihn offenbar nicht.

»Nun bleibt ruhig. Ich will mich nicht mit euch anlegen. Vielleicht habt ihr ja noch einen Bruder und ich werfe da was durcheinander. Er sagte mir, dass ich ihn hier treffen könnte. Snow City wäre ein ausgezeichneter Platz, um von dort ein einträgliches Geschäft zu starten.«

Doc Synners Finger vergrößerten den Abstand zu den Griffschalen seiner Colt. Doch nur um wenige Millimeter. Sein Misstrauen stand ihm im Gesicht geschrieben.

»Was für‘n Geschäft?«

Silver beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. Er zwinkerte unauffällig und ließ nur ein Wort fallen: »Mexiko!« Mexiko war nur zwei Tagesritte entfernt und ohne Gründe hielten sich selbst Kerle wie die Synners nicht in so einem gottverlassenen Kaff auf.

Doc strich sich übers Kinn.

»Soviel hat er Dir erzählt. Und was noch?«

»Ich denke nichts, was ich hier auf einer Straße in Snow erzählen sollte. Habt ihr kein ruhigeres Plätzchen?«

Synner deutete geringschätzig auf Kennedy. »Was ist mit dem? Gehört er zu Dir?«

»Trafen ihn in der Wüste. Weiß aber einen schnellen Dollar zu schätzen. Ist ein bisschen hitzig, doch das krieg ich schon hin!«

»Komm mit. Nur du. Milchbubi und die Rothaut haben in meinem Zelt nichts zu suchen. Trinken einen, dann sehen wir weiter.«

Doc Synner zeigte auf ein stattliches Gebäude hinter sich. Die Wände aus Holz, nur das Dach bestand aus Zelttuch. Vor dem Eingang entdeckte Silver zwischen zwei Pfosten ein bemaltes Brett. Jemand hatte mit ungeschickter Hand die Worte »Home of the Brave« gemalt. Dem Lärm nach, der aus seinem Innern dröhnte, dürfte es sich um einen Saloon handeln. Das Kreischen heller Frauenstimmen verriet, dass es dort nicht nur Whiskey und anderen Schnaps zu kaufen gab.

Doch er kam nicht weit. Unerwartet baute sich die Witwe des toten Hakins vor ihnen auf. Mit den Fäusten in den Hüften, versperrte sie ihm den Weg. »Was ist mit meinem Sam. Der Mann da behauptet, Dein Bruder hat ihn umgebracht, Doc. Wie soll ich die Beerdigung bezahlen?«

»Geh mir aus dem Weg, alte Schachtel! Was geht mich das an?« Er versuchte, die Frau beiseitezuschieben, aber sie entwickelte ungeahnte Kräfte. Sie rangen mit einander, und für einen Moment lang sah es so aus, als ob Doc einen Revolver packen und ihn ihr über den Kopf ziehen wollte. Doch ein Unbekannter aus der Menge unterbrach mit einem Zwischenruf die Rangelei.

»Lass dich nicht unterkriegen, Doc. Dein Bruder kann es gar nicht gewesen sein. Vor ein paar Tagen hat ihn ein Kopfgeldjäger in Pride erwischt und erschossen.«

»Halts Maul! Misch Dich nicht in meine Angelegenheiten! Mit der Alten werde ich alleine fertig.« Doc fertigte den Rufer ab, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

Zu Silvers Ärger nutzte Kennedy die Möglichkeit, sich einzumischen. »Ich möchte die Kosten für die Beerdigung übernehmen. Von dem Mistkerl können Sie keine Hilfe erwarten, Lady.«

Dann drehte er sich zu den Zuschauern um und rief: »Wer ist sonst außer mir bereit, der armen Frau zu helfen. Sam Hakins war einer von euch!«

Silver kannte das Ergebnis vorher. Plötzlich wendete sich das allgemeine Interesse wichtigeren Dingen zu. Jeder fand auf einmal, dass er noch unaufschiebbare Angelegenheiten zu erledigen hatte.

»Na, kommt schon!« Kennedy gab nicht auf. Er ging auf den ein oder anderen der Umstehenden zu. Aber die besaßen jetzt keine Zeit mehr und entfernten sich rasch.

»So geht ihr mit einer armen Witwe um«, fasste der Kopfgeldjäger zusammen. Zu Yerry Silvers Überraschung trat er an sein Pferd und öffnete seine Satteltasche. »Dann werde ich das übernehmen.«

Mit diesen Worten nahm er eine Rolle Dollarscheine heraus und zog einen Schein hervor. »Fünfzig Dollar, Lady. Dafür solltet ihr euren Ehemann anständig unter die Erde bringen können.«

Silver verdrehte die Augen und hoffte, dass es niemand sah. Der Bursche lernte nicht dazu. Jetzt sprach sich in Snow City schnell herum, dass da ein Greenhorn mit den Taschen voller Geld herumlief.

Aber der Schaden war schon geschehen. Auch der Sheriff zeigte auf einmal Neugier. Er zog die Augenbrauen drohend zusammen. »Das sind ne Menge Bucks. Wie kommt ein Kerl wie du an so ne Summe?«

Die Antwort kannte der Zwischenrufer von vorhin. Und er verkündigte sie so laut, dass sie durch die Straße schallte. »Ich komme gerade aus Pride. Das dürfte sein Kopfgeld sein, Doc. 500 Dollar dafür, dass er Deinen Bruder Jello erschossen hat.«

Sein erster Reflex nach einem stummen Fluch war der Griff zu seinem Colt in der Manteltasche. Doch ein rascher Blick auf die Hände Doc Synners bewies ihm die Vergeblichkeit seines Versuchs, aus diesem Duell als Sieger hervorzugehen. Es dauerte zu lange, seinen sperrigen Revolver herauszuziehen.

Bevor er in die Nähe der Tasche kam, verlosch die Welt um ihn herum mit einem lauten Schlag gegen seinen Kopf.

***


Ihr hab die ersten Kapitel verpasst? Kapitel 1-5 findet ihr hier als .pdf!



Kommentare

  1. Sowas Ungeschicktes..

    Oder ist es Teil eines Plans ?
    Vorher wäre er wohl nicht in die Nähe Docs gekommen. Nun hat er dessen ungeteilte Aufmerksamkeit. Wo der Doc ist, dürfte Jello nicht weit sein.
    War es den Schlag und die anschliessende Dunkelheit wert ?
    Poppy dürfte daneben liegen. Er ist für mich der momentane Schwarzmaler, der mich wohl in die Irre führen will, mit seinen Gedanken. Also.. geschickter als gedacht, das Verhalten Kennedy's ?

    Ich will verdammt sein, wenn sich das bis zum Eintreffen der nächsten Wells Fargo Kutsche nicht klärt...

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