"Eisen und Magie: Dämonenhand": Ein alter Feind!

Für den, der gerade keinen Karneval feiert, sondern etwas Zeit für Fantasy, habe ich heute das nächste Kapitel von "Eisen und Magie: Dämonenhand" auf den Blog gestellt.

Noch ist die Situation für Sandos unübersichtlich, er ist zum Spielball verschiedener Interessen geworden. Und dann trift er auf einen alten Feind ...

Viel Spaß mit dem nächsten Kapitel aus "Eisen und Magie: Dämonenhand".

Hier findet Ihr die vorherigen Kapitel:

Den Start hier, das zweite Kapitel dort und das dritte unter diesem Link!


Eisen und Magie:


Dämonenhand


von Peter H. Brendt

Durch die Dunkelheit drang zuerst der Geruch:

Faules Stroh.

Menschliche Ausscheidungen.

Rattenkot.

Schimmel.

Angst.

Dann die Geräusche:

Aus der Ferne leise Hilferufe. Mit harten Worten und dumpfen Schlägen zum Schweigen gebracht.

Das Knistern von Stroh.

Das verschwörerische Gemurmel verzweifelter Männer.

Das Klirren schwere Ketten.

Die Töne des Alltags, gedämpft durch dicke Mauern.

Der Körper meldete sich zurück:

Die rechte Hand pochte, doch es klang mehr nach Protest, die Wut fehlte.

Ein Gefühl der Schwere an Armen und Füßen.

Läuse bissen. Flöhe stachen. Das Zittern leiser Rattennasen an einer kleinen Wunde an der Stirn.

Eine Hand, die sie verscheuchte und den Kopf berührte.

Der Druck des Bodens auf dem Rücken.

Dann folgte der Rest des Körpers. Sandos kam langsam aus der Schwärze in die Wirklichkeit. Das Augenlicht kehrte zurück.

Seine Vermutung bestätigte sich. Er lag in einem Gefängnis.

***

Robs Gesicht über seinem Gesicht. Die Dreckschicht ein kleines Bisschen dicker. Ein Rahmen aus blutunterlaufenem Fleisch um das linke Augenlid. Er lächelte. Ein Zahn fehlte.

«Werden wir nun wach? Wurde Zeit. Keiner von uns will dich schleppen.»

Der Druck auf der Brust ließ nach. Es machte weniger Mühe, Atem zu holen. Das Pochen in der rechten Hand begrüßte Sandos wie ein alter Freund.

«Was ist passiert?»

Rob hob die Arme. Sie steckten in schweren Ketten, ebenso die Fußgelenke. «Zesh, so scheint es, bezieht seinen Lohn aus verschiedenen Quellen. Er erhielt Geld von mir, um dich zu treffen. Welches von dir, um mich zu treffen. Und offenbar noch mehr Münzen vom Gerush, dem Stadtkommandanten, um unsere Köpfe zu bekommen.»

Sandos bemerkte die gleichen Fesseln an den eigenen Händen und Füßen. Unwillig schüttelte er die Eisenglieder. «Was kann man von einem Spitzel erwarten?»

«Stimmt. Er hat die Wachen direkt in meine Schenke geführt. Wer konnte ahnen, dass neuerdings ein Magier in Diensten der Stadt steht. Der Kerl ließ die Tür in tausend Teile bersten. Ein nicht ganz so kleines Stück hat deinen Kopf erwischt. Die Explosion betäubte uns, die Soldaten hatten leichtes Spiel.» Er rieb seinen Hinterkopf. «Mehr oder weniger!»

«Warum sind wir hier?»

«Die Liste ist lang. Mal sehen, ob ich alles zusammenbekomme. Da wäre der Verkauf von unversteuertem Pilzwein ohne Lizenz. In einer Schenke ohne städtische Genehmigung. Widerstand bei der Verhaftung. Es gab zwei schwer verletzte und einen toten Soldaten. Sie fanden doch tatsächlich Schmuggelgut im Keller. Auf drei meiner Gäste winkt ein Kopfgeld. Nicht zu glauben! Was so in der Stadt verkehrt? Ich sollte mir die Leute besser anschauen, bevor ich sie einlasse. Aber das sind nur die Lappalien.»

Rob der Kahle half Sandos auf. Der Kopfgeldjäger schwankte und hielt sich mit einer Hand an der Mauer fest. «Dann lassen wir sie aus!»

«Zesh behauptet, ich hätte einen Attentäter gedungen, um den Stadtkommandanten zu töten und die Stadt zu übernehmen. Die Wachen trafen in dem Augenblick ein, in dem ich mich mit ihm beriet.»

Sandos blinzelte. Langsam fühlte er wieder die alte Stärke. Er verschaffte sich einen schnellen Überblick. Er lag mit Rob und ein paar der Handlanger des Schmugglers in einem größeren Raum unterhalb der Straße. Schäbiges Stroh bedeckte den Boden, von draußen klang der Lärm schwerer Hämmer. Arme und Beine steckten in eisernen Ketten. «Das erklärt, warum ich hier bin.»

«Genau. Dein Ruf als Mörder eilt dir voraus!»

«Das ist doch Bockmist!»

«Stimmt. Einige ... sagen wir einmal Berufskollegen ... neiden mir den Erfolg. Leider bin ich dem nicht mit der nötigen Entschlossenheit entgegengetreten. Mein Fehler! Ich bin in der letzten Zeit mit privaten Problemen zu sehr beschäftigt. Übrigens der Grund, aus dem ich dich sehen wollte. Aber davon später!

Meine Kontrahenten dürften Zesh für die Lügen bezahlen. Gerush, der als Stadtkommandant zu gerne ein größeres Stück vom Kuchen abhaben möchte, arbeitet mit ihnen zusammen. Deshalb zeigt er wenig Eifer, die Wahrheit herauszufinden. Vermutlich hat er mit den anderen Schmugglern vorher entsprechende Absprachen getroffen.»

Sandos berührte die Schürfwunde am Kopf, achtete bei der Bewegung darauf, dass er sich nicht mit der schweren Kette am Handgelenk verletzte. Nachdenklich verrieb er das Blut an den Fingerspitzen. Sie würde bei weitem langsamer verheilen, als die Wunden in alten Zeiten. Aber wohl kaum Probleme bereiten.

Er atmete tief ein. Außer leichten Kopfschmerzen war da kein anderer Schmerz. Gut, dass er schon zu Beginn des Kampfs zu Boden gegangen war. Sonst gäbe es noch mehr tote Soldaten.

Er schaute Rob an. «Die Vorwürfe dürften eine halbwegs vernünftige Gerichtsverhandlung nicht überstehen.»

«Gerichtsverhandlung?», antwortete der. «Es wird keine geben! Angesichts der Schwere der Anklage und der besonderen Gefährlichkeit des gedungenen Mörders, der bekanntlich Kontakte zu Dämonen besitzt, wird das Urteil sofort vollstreckt!»

«Sofort?»

«Ja, draußen wartet der Richtblock. Hängen ist ihnen bei einem Dämonenfreund zu unsicher. Sie köpfen uns und werden den Rest anschließend verbrennen.»

«Wie viel Zeit bleibt uns?»

Ron warf einen Blick durch das vergitterte Loch an der Decke, das ein wenig Tageslicht durchließ. «Sie wollen es erledigen, bevor die Dunkelheit anbricht. Ich schätze mal, innerhalb der nächsten Stunde.»

Sandos musterte die Ketten an den Armen. «Aus berufsbedingtem Interesse. Als Kopfgeldjäger. Welchen Preis hat Gerush, der Stadtkommandant für uns bezahlt?»

Der Kahle schüttelte den Kopf. «Wir werden Zesh fragen, sobald wir ihm begegnen.»

«Ihr habt einen Plan?»

«Wie kommst du darauf. Ich dachte später, denn die Ratte dürfte nicht lange überleben. Meine Männer werden ihn finden und umlegen.»

«Das bedeutet, Ihr verfügt über zuverlässige Leute draußen. Können sie uns befreien?»

«Sie sind zu wenige. Keine Aussicht auf Erfolg. Gerush weiß, was ihm blüht, falls ich entkomme. Die Lage ist hoffnungslos.»

«Ihr habt Freunde in der Stadt. Männer mit Einfluss!»

«Die Vorwürfe wiegen zu schwer. Und meine Mittel sind seit Neustem beschränkt. Ich erwähnte schon private Probleme. Sie sind schuld, dass diese Mistkerle mich überraschen konnten.»

Das Pochen in der rechten Faust verstärkte sich. Obwohl er wusste, dass es zwecklos war, schlug Sandos mit der Linken darauf. Doch wie erwartet erreichte er damit nichts.

«Heiler nennen es Phantomschmerz», berichtete Rob. «Zwei meiner Männer verloren eine Hand, einer einen Fuß. Dennoch schmerzt es, als ob der Teil des Körpers noch vorhanden wäre. Eine lausige Sache. Allerdings wenn ich mir den Klumpen so ansehe, sieht es kaum so aus, als ob da etwas fehlte.»

Zeit, von dem Thema abzulenken, beschloss Sandos. «Warum wolltet Ihr mich treffen», wollte er wissen.

«Da wir beide zusammen unseren Kopf verlieren werden, gibt es keinen Grund, es zu verheimlichen. Ich vermute, dass dein Eindruck von mir, durch die erste Begegnung in der Schenke geprägt ist. Doch ich versichere dir, ich besitze ein prächtiges Haus und einige Geschäfte. Dieses Äußere diente nur der Täuschung. Mein ganzer Stolz jedoch ist meine Tochter Sisa. Sie gab mir nie einen Grund zur Klage. Klug und deutlich hübscher als ich.

Aber seit zwei Monaten liegt sie im Koma. Von einer Nacht auf die andere. Ihr Atem geht flach, doch obwohl sie in der Zeit weder etwas aß oder trank, bleibt sie äußerlich unversehrt. Ich ließ einen Heiler kommen und zahlte viel Geld für seine Schlussfolgerungen. Er behauptet, dass ein Dämon sie befallen hat. Ihr Geist kämpft dagegen an, jedoch früher oder später wird sie unterliegen.

Er gab mir den Rat, jemand zu holen, der gegen Dämonen gekämpft hat und sich auf diese Kreaturen versteht. In dem Zusammenhang fiel dein Name. Daher bezahlte ich Zesh, um dich zu treffen. Ich brauche die Hilfe eines Dämonenkämpfers. Oder besser, ich brauchte sie. In einer Stunde bin ich tot und meine Tochter verloren.»

Sandos lachte freudlos. «Ich dagegen benötige nur eine Information. Und zwar den genauen Aufenthaltsort Eures Bruders Rieser. Es ist eine hohe Belohnung auf seinen Kopf ausgestellt. Ich hoffte, dass Eure Liebe zu ihm geringer ist, als der Wert eines Beutels Echsenerz. Mehr kann», er korrigierte sich, «konnte ich Euch nicht anbieten.»

Rob ballte die Fäuste. Die Ketten klirrten, als er einen Schritt näher kam und eine Hand, wie für einen Schlag anhob. Zornerfüllt fixierte er den Kopfgeldjäger, der dem Blick problemlos standhielt.

«Meinen Bruder verraten! Du besitzt keine hohe Meinung von Bruderliebe.»

«Mag sein.» Sandos zuckte mit den Schultern. «Ich hatte nie einen. Doch Rieser ist ein Ungeheuer in Menschengestalt. Läge sein Kopf auf dem Richtblock, ich stände in der ersten Reihe und applaudierte.»

«Nachdem du das Kopfgeld kassiert hast! Ich verstehe mittlerweile ganz gut, warum du den Beinamen «Mörder» besitzt. Den eigenen Bruder würdest du vermutlich verraten.»

«Wie gesagt, ich besaß nie einen.» Sandos unterbrach das Gespräch und suchte einen bequemen Platz auf dem Boden. Gut, dass Rob seinen zweiten Spitznamen nicht erwähnte. «Der Verräter». Wie viele mal hatte er jemand um des persönlichen Vorteils willen getäuscht. Menschen und Dämonen. Wie eine Antwort meldete sich die rechte Hand zurück und biss gegen das Leder, das sie verhüllte.

Seufzend beschloss er, die Zeit bis zur Hinrichtung zu nutzen. Er schloss die Augen, verdrängte die Schmerzen und versuchte die trostlose Umgebung zu vergessen. Wie oft hatte der Tod bei ihm angeklopft. Diesmal würde er ihn nicht abweisen.

Doch es wollte kein Friede in seinem Herzen wachsen. Etwas riss ihm die Luft aus den Lungen, es schien, als ob er gezwungen wurde, unter Wasser zu atmen. Dann wichen die Wände zurück, verzerrten sich für Augenblicke in einen wahnsinnigen Strudel und er schaute nie gesehene Farben. Das Gewicht der Ketten wog plötzlich doppelt, zog ihn wie ein Tonnengewicht zu Boden und doch noch hielt er stand.

Sandos kämpfte dagegen an, das Bewusstsein zu verlieren. Fluchend stellte er fest, dass ihm ein alter Feind den ersehnten Frieden nicht gönnte. Das Licht wechselte in fahles Blau, dann schob sich eine Gestalt in sein Blickfeld.

Er erkannte erst auf dem zweiten Blick, was ihm gegenüberstand. Robs Erwähnung einer Tochter weckte in der Vorstellungskraft des Kopfgeldjägers sofort das Bild eines jungen Mädchens mit ähnlichen Gesichtszügen wie der Schmuggler. Genau diese Frau ging nun langsam aus einer Ecke des Gefängnisraums auf ihn zu.

Wunderhübsch anzuschauen. Und natürlich nackt.


*** 

foto: nobeastsofierce - Fotolia









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