Das zweite Kapitel aus "Eisen und Magie: Das Turnier"!

Nach der reinen Lehre des Kurzroman-Schreibens folgt nach der Einführung der Akteure und der Vorbereitung des Konflikts im zweiten Abschnitt die erste Zuspitzung. Der Spannungsbogen wird leicht angehoben ...

Lest selbst, ob es gelungen ist.

Viel Spaß mit dem zweiten Kapitel aus "Eisen und Magie: Das Turnier"!

Das erste Kapitel verpasst?  Ihr findet es hier.



Eisen und Magie:

Das

Turnier

von Peter H. Brendt

Bertram wälzte sich unter der dünnen Decke hin und her. Der Gedanke an das morgige Turnier ließ ihm keine Ruhe. So langsam begriff er, wie wichtig das Ergebnis für Weyn vom Mark war. Es ging nicht allein um das Prestige, sondern Besitz oder Verlust der wertvollen Rüstung entschieden über das Wohl und Wehe der Familie.

Ein stechender Schmerz durchzog seinen Rücken. Da war was in dem Leinentuch, das ihn vor der Kälte der Nacht schützte. Er griff danach und fand das Werkzeug, mit der er eben noch «Silberschwan» polierte und reinigte. Fluchend stand der junge Knappe auf. Nach dem stundenlangen Polieren und Putzen war er so müde gewesen, dass er vergaß, es wegzuräumen.

Bertram warf einen Blick auf die Rüstung, die übernacht zusammen mit den Waffen und Schilden im Zelt blieben. Ein einzelner Wachposten davor bewachte die Gegenstände, doch als er zum Eingang schaute, konnte er ihn nirgends sehen. Dies überraschte oder beunruhigte ihn nicht. Es gab bestimmt einen Grund für sein Verschwinden, denn hier im Zeltlager würde niemand stehlen. Wahrscheinlich suchte er nur einen verschwiegenen Ort, um Wasser zu lassen.

Der Knappe beschloss, ihm gleich zu tun. Er hörte das Horn von der Stadtmauer, dass die Stunde des Kranichs verkündete. Es dauerte noch lange, bis die Sonne aufging. Mit der Müdigkeit kämpfend, schwankte er ein wenig, als er zum Ausgang ging. Doch plötzlich kam der Zeltboden rasend schnell näher und er verlor das Bewusstsein.

Ein stechender Schmerz am Hinterkopf weckte ihn. Er tastete die Stelle ab und fühlte eine Beule. Ihn plagten leichte Kopfschmerzen und ein übler Geschmack lag auf der Zunge. Draußen herrschte noch Nacht, er war also nur kurz bewusstlos gewesen. Erschrocken schaute er nach der Rüstung. Aber «Silberschwan» stand in seinem Gestell. Der Vogelkopf auf dem Helm schien ihn verwundert anzuschauen. Auch die Waffen und Schilde warteten vollzählig und unversehrt im Zelt. Nichts fehlte.

Ein Geräusch lenkte ihn ab. Der Wachposten war zurückgekehrt. Er blickte Bertram neugierig an. «Was ist passiert», wollte er wissen.

«Ich ... ich muss wohl gestürzt sein», antwortete der Knappe. «Es scheint, dass sich die Decke um meine Füße gewickelt hat. Dann verlor ich das Gleichgewicht und fiel hin.» Er fasste an den Hinterkopf. «Ich habe mir eine Beule eingefangen.»

Der Posten brummte etwas Unverständliches und schüttelte den Kopf.

Bertram legte sich wieder hin. Er rätselte, was passiert war. Da war die Schwellung am Kopf, sie schwoll noch leicht an. Und nicht zu vergessen die Kopfschmerzen, aber er besaß keine Idee, was geschehen war. Die Geschichte mit der Decke hatte er für den Wachposten erfunden. Wichtig war, dass alle Gegenstand unversehrt an ihrem Platz standen. Vielleicht war er wirklich gestolpert.


***

Baron von Weienfels musterte den Knappen sorgfältig. «Dein erstes Turnier», wollte der oberste Herold wissen.

«Ja.»

Bertram wackelten vor Aufregung die Knie. In der Verantwortung des düster blickenden Mannes vor ihm lag der korrekte und regelgerechte Ablauf des Ritterturniers. Er entschied über alle Streitfragen vor, während und nach dem Duell. Dazu gehörten die Regeln des Zweikampfs, aber auch Fragen der Kleidung und Ausrüstung. Das Wort des Barons galt und niemand wagte es, eine Entscheidung des Herolds anzuzweifeln. Blamabel, falls er etwas an ihm auszusetzen fand. Die Schande beschädigte zusätzlich das Ansehen der Familie vom Mark, in deren Diensten er stand.

Zu den Aufgaben eines Knappen gehörte es, vor dem Lanzenkampf den Turnierhelm seines Ritters am Kampfplatz aufzustellen. Dort wartete an einem Ende ein bunt bemalter Pfosten auf ihn. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich der Platz für den Helm des Kontrahenten. So erkannten die Zuschauer an den Wappen, welche Familien das Duell bestritten.

Zwei Herolde verkündeten vor dem Beginn des Finales die Erfolge und Heldentaten der beiden Gegner, während die Ritter in ihrem Zelt die schwere Rüstung anlegten und aufstiegen. Zu Bertrams zweiter Aufgabe heute gehörte es, seinen gerüsteten Dienstherrn zum Duellplatz zu geleiten und ihm vor dem Kampf den Helm hochzureichen. Nach den Erfahrungen gestern auf dem Turnierplatz wusste der Knappe, sie sehr Weyn vom Mark auf die Hilfe eines Begleiters angewiesen war. Bevor es so weit war, musste er die Prüfung durch den kritischen Blick Baron von Weienfels bestehen.

Bertram schien Glück zu haben. Der Herold zupfte ein wenig an der Kleidung mit dem Familienwappen herum, und richtete dann die Kappe mit den bunten Federn. «Sieht gut aus. Jetzt ziehe los. Aber ruhig und würdevoll. Du willst doch mit dem Helm nicht hinfallen.»

Unter den strengen Augen des Barons betrat der Junge den Turnierplatz, den Turnierhelm hielt er vor der Brust. Es machte Mühe, an dem oben angebrachten Vogelkopf vorbei zu schauen. Schnell bemerkte er, dass er die Aufmerksamkeit der Besucher weckte. Der Endkampf stellte den Höhepunkt des Turniers dar. Das Erscheinen Bertrams kündigte an, dass er bald stattfand. Ein Raunen ging durch die Menschenmenge.

Den Blick fest auf den bemalten Pfosten geheftet marschierte der Knappe langsam weiter, mit jedem Schritt wuchs die Last in den Händen, bis die Fingerknöchel weiß hervortraten. Zu seinem Unglück steigerten sich die Kopfschmerzen, die ihn nach der Nacht plagten. Schwindel packte ihn, das hastig herunter geschlungene Frühstück wanderte die Speiseröhre hoch und hinterließ einen ekligen Geschmack auf der Zunge.

Bertram hielt für einen Moment an und kämpfte gegen den Brechreiz. Alles durfte passieren, aber er musste verhindern, dass er den Helm beschmutzte. Die Blamage würde ihn bis zum Ende seiner Tage verfolgen.

Das Herz klopfte bis zum Hals des Jungen, beinahe wäre ihm der Turnierhelm aus den Händen geglitten. Die Knie wackelten, doch Bertram schluckte den Magenbrei herunter. Er zwang sich, langsam einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er den Pfahl erreichte. Sorgfältig plazierte er den Helm auf die dafür bestimmte Stelle und vergaß auch eine kurze Verbeugung nicht, bevor er nach einer kleinen Wende auf dem gleichen Weg zurückging.

Erleichtert stellt er fest, dass die Übelkeit mit jedem Schritt verschwand. Am Schluss, als er das Zelt Weyn von Mark betrat, blieben allein die Kopfschmerzen. Er rätselte immer noch, was in der Nacht geschehen war. Doch auf ihn warteten eine Fülle von Aufgaben, bevor der entscheidende Kampf zwischen seinem Ritter und von Braggen stattfand.

***






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