"Eisen und Magie: Ewige Liebe", das zweite Kapitel

Die Folge von Kurzgeschichten aus der Welt von Eisen und Magie soll unter der Überschrift "Kurz und Knackig" stehen. So heißen: Kurze Kapitel, dafür jedoch in kürzeren Abständen. Schaun mer mal, ob es funktioniert.

Deshalb heute schon das zweite Kapitel aus "Eisen und Magie: Ewige Liebe", in dem sich die Ziele unseres Protagonisten offenbaren.


Eisen und Magie:

Ewige Liebe

von Peter H. Brendt 
Es dauerte nicht lange, bis er die kleine Kammer erreichte, in der er wohnte. Bisher erlaubten ihm die Erfolge als Dieb eine nur kleine Wohnung, aber das dürfte sich bald ändern. Rasch schloss er die Läden der Fenster, drückte Stoffstücke in de Risse und Spalten des alten Holzes. Er brauchte keine Zuschauer, wenn er das bizarre Ritual einleitete, das ihn, falls der Plan aufging, endlich ans Ziel seiner Wünsche führte.

Er schob den Tisch in die Mitte des Raumes, platzierte an jeder Ecke eine große Kerze. «Wachs aus einem Bienenstock von Kott», fasste er in Gedanken zusammen. Aus einer Schublade entnahm er ein Bündel trockenes Leinen. «... angezündet mit den Leichentüchern der vergessen Priester von Hob», ergänzte er stumm die Anweisungen aus dem alten Buch, auf das er vor kurzem gestoßen war. Der Dieb setzte die Mumienbinden in Brand und entzündete damit die Wachskerzen.

«Glimmendes Weihrauch aus einer Mine von Sesah erfüllt die Luft auf dem Altar mit Wohlgeruch», zitierte er und legte einige Brocken Harz auf den Tisch. «Im Rauch das Blut einer Jungfrau von neunzehn Wintern und Sommern.» Die letzte Anweisung.

Merish holte das blutige Stück Betttuch aus der Tasche und platzierte es sorgfältig auf der Glut. Dann benutzte eine der Kerzen, um das Leinen in Brand zu setzen. Vorsichtig und mit angehaltenem Atem stellte er sie zurück. Jetzt kam es darauf an, ob er den Inhalt des Buchs richtig verstanden hatte. Ob die Mühen ihn endlich zum Ziel führten.

Bald erfüllte der Duft des Weihrauchs die Kammer. Zusammen mit einem Geruch, den er nicht erkannte. Das Leinentuch verbrannte, dünne Rauchfäden verdichteten sich. Und dann erschien sie.

Der Macht der Beschwörung angemessen, erreichte die Frau nur die Größe seines Oberarms. Sie tanzte nackt auf dem Tisch. Üppig und gerundet an den Stellen, die er so liebte. Ihr Blick versprach ihm alles Glück der Welt. Sie schaute ihm direkt in die Augen, er konnte ihre Stimme hören, als ob sie neben ihm stände: «Befreie mich und ich gehöre Dir. Für immer!»

***

Merish staunte mit offenem Mund. Das Ritual war erfolgreich verlaufen. «Königin Sabah. Ihr seid wunderschön», stammelte er. «Die Legenden erzählten die Wahrheit, wenn sie über Euch berichteten.»

«Befrei mich!» Die Erscheinung trat so nah an den Rand des Tischs, wie es die Beschwörung zuließ. «Du wirst mein Gemahl sein. Und gemeinsam werden wir die versunkenen Mauern der Hauptstadt wieder zurückholen und herrschen.»

Der Dieb kannte die Geschichte. Sabah, einst mächtige Königin und Magierin der geheimnisvollen Stadt Kobsh im Urwald von Ahtz, besaß nicht nur den Ruf von außergewöhnlicher Schönheit. Mit ihrem Wissen als Zauberin schuf sie eine der reichsten Metropolen der Welt. Es hieß, die Götter neideten ihr ihre Macht und verbannten sie. Doch andere Legenden erzählten von neidischen Zauberern, die sie töteten und ihre Residenz dem Dschungel übergaben. Die wenigen Menschen, die sich an diesen verfluchten Ort wagten, berichteten von riesigen Lianen und Wurzeln, die die Gebäude überwucherten. Wohnen tat dort schon lange niemand mehr. Keiner wusste, wo das Grab der gestürzten Herrscherin verborgen war, obwohl Hunderte von Männern danach suchten.

«Wie kann ich Euch helfen, Königin?» Merish konnte sein Glück nicht fassen. Hier vor ihm sah er eine Chance, in höchste Kreise aufzusteigen. «Ich würde alles dafür tun!»

«Ich weiß», girrte die Schöne. Sie tänzelte leicht wie eine Feder und gab dem Dieb die Gelegenheit, ihre körperlichen Vorzüge eingehend zu betrachten. «Ich zeige Dir, wo das Grab versteckt ist, in dem sie meinen Leichnam verborgen halten. Und wie du ihn wiederbeleben kannst. Befreist Du mich von den Fesseln des Todes, sollst Du neben mir auf dem Thron sitzen. Die Stadt, die mit mir untergegangen ist, wird mit der Magie, die mir gehorcht, zu ihrer uralten Macht zurückkehren. Die Straßen werden mit Gold gepflastert sein und taubeneigroße Rubine die Nacht beleuchten.» Die Augen der toten Königin leuchteten und Merish glaubte ihr jedes Wort.

***





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