Eisen und Magie: Ewige Liebe: Kapitel -4-

Unser Held steht eine Übermacht (... sonst wäre er kein Held) großer Skorpione gegenüber. Der Mut hat ihn verlassen. Doch er überwindet seine Furcht und stellt sich todesmutig der Gefahr (... sonst gehört er nicht in eine Geschichte von "Eisen und Magie"). Denn seine Liebe zu Sabah, der toten König, lässt ihn über sich hinauswachsen.

Viel Spaß mit dem vierten Kapitel aus "Eisen und Magie: Ewige Liebe"!

Eisen und Magie

Ewige Liebe


Peter H. Brendt 
«Narr,» schallte es in seinem Kopf. «Ist Deine Liebe, Dein Vertrauen zu mir so gering. Denkst Du, ich habe Dich ohne Schutz an diesen Ort gebracht? Wen Du mir sowenig vertraust, dann bist Du nicht wert, mein Gemahl zu werden!»

Merish stiegen die Tränen in die Augen. Sabah hatte Recht. Sie verriet ihm im Traum den geheimen Zugang zu dem Skorpiontempel. Ein Weg, der selbst ihren Widersachern unbekannt war. Hunderte von Jahren lag sie dank ihrer Zauberkräfte in der Starre zwischen den Welten von Licht und Dunkel. Weit weg von ihrer Heimat, wo die Götter wohnten, die ihr einst Macht und Reichtum gaben.

Doch Sabah erhielt so die Zeit, den Tempel und seine Umgebung zu erforschen. Einen Weg zu finden, um ins Leben zurückzukehren. Ihrem alten Feind den Sieg zu nehmen. Und einen Verbündeten, der das in die Hand nahm, was sie in ihrem Zustand nicht unternehmen konnte. Sollte sie bei der Wahl des Mannes, der sie aus dem Grab retten würde, einen Fehler gemacht haben?

Merishs Atem ging jetzt ruhiger. Das Licht der Laterne hielt die Angreifer vorerst zurück. Noch blieben die Skorpione auf Abstand, aber die hinteren Tiere drängten die vorderen nach vorne. Das aggressive Geräusch von klappernden Kieferzangen hallte immer lauter von den Wänden des Gangs. Er erinnerte sich an die Anweisungen, die ihm Sabah gegeben hatte.

«Besorg Dir Pulver aus dem Grab eines toten Kriegers. Misch es mit dem Pollen des Hesh-Krauts und löse es in heiligem Öl aus den Quellen von Kakash auf. Das wird Dir helfen.»

Merish stutzte, als er im Traum diese Anweisung erhielt. Das Gemisch klang wie das Rezept eines Heilmittels gegen den hartnäckigen Fußpilz aus den Loth-Sümpfen. Ein gängiges Medikament in der Stadt. Mit kleinem Geld in jeder einigermaßen gut sortierten Apotheke zu erhalten. Das sollte die Wand aus Chitin, Gift und tödlichen Kiefern aufhalten können?

Andererseits roch das Zeug so intensiv, dass er ihm alles zutraute. Also folgte er den Anweisungen Sabahs, obwohl er manchmal glaubte, zwischen echten Träumen und den Traumbildern, die ihm die Geliebte schickte, nicht immer unterscheiden zu können.

Der Dieb griff in den Beutel, in dem er das Öl in einem alten Parfüm-Flakon aufbewahrte. Noch bevor seine Finger die Flasche ertasteten, erhielt er einen heftigen Biss. Schnell zog Merish die Hand wieder heraus. Im Licht der Laterne sah er eine der Asseln, die wohl vorhin in der Fledermaushöhle, angelockt von dem Gestank des Inhalts, hineingekrochen war. Blut tropfte aus der kleinen Bisswunde, ein Geruch, der die Angriffslust der Skorpione erregte, denn ihre Angriffsgeräusche steigerten sich.

Schnell schüttelte er den Aasfresser ab und griff erneut in den Beutel. Diesmal deutlich vorsichtiger. Zu seinem Glück handelte es sich bei der einen Assel um den einzigen unvorhergesehenen Besucher.

Es wurde höchste Zeit, sich gegen die übergroßen Skorpione zur Wehr zu setzen. Merish nahm den Flakon mit dem Öl und sprühte das Gemisch dem vordersten Krabbeltier, das die scharfen Zangen gefährlich nah vor seinem Gesicht spreizte, entgegen.

Sofort erfüllte ein unglaublicher Gestank den Gang. Obwohl er darauf vorbereitet hätte sein müssen, überraschte er den Dieb. Um Abstand von der Wolke atemraubender Öltropfen zu gewinnen, trat er keuchend ein paar Schritte zurück. Um ein Haar wäre er den Abgang zur Fledermaushöhle heruntergestürzt und erneut in ihrem Kot gelandet. Im letzen Moment hielt er sich an der Felswand fest, hätte aber beinahe den Flakon verloren.

Merish beobachtete den vordersten Angreifer, der von dem ersten Ölnebel eingehüllt, regungslos verharrte. Der Dieb sah sich getäuscht. Nach der Vorstellung des Diebs sollte das Mittel die Skorpione zu einer wilden Flucht zwingen. Er sah sich in seiner Fantasie als ein allmächtiger Kämpfer, der mit dem Flakon in der Hand, immer wieder kleine Nebelwolken aussendend, die Ungeheuer zurücktrieb. Oder wie die Berührung mit dem Öl, zischende Blasen auf dem Chitinpanzer der Viecher vor ihm erzeugte und der Schmerz sie zwang, schrittweise zurückzuweichen.

Nichts dergleichen!

Der Skorpion erstarrte einfach in der Stellung, in der er vom Nebel getroffen wurde, die Zangen halb geöffnet und auf fünf Füßen balancierend, einer schwebte für den nächsten Tritt in der Luft. Trotzdem bewegte er sich, denn die Masse der hungrigen Artgenossen hinter ihm schob ihn langsam vorwärts.

Merish wagte den Schritt zwischen die Kieferzangen des vordersten Tiers, sonst hätte die Länge des Arms nicht ausgereicht, und sprühte dem Ungeheuer direkt dahinter die nächste Ladung Öl in die Augen.

Er erreichte den gleichen Effekt. Der getroffene Skorpion verharrte im selben Augenblick in seiner letzten Bewegung. Aber auch ihn schoben die Artgenossen weiter in Merishs Richtung. Der sah nur eine Möglichkeit, die Angreifer abzuwehren. Er kletterte auf de Rücken des ersten Tiers und sprühte am zweiten Ungeheuer vorbei die nächsten Öltropfen auf die Masse der hungrigen Gegner.

Die Wirkung blieb gleich. Jedes Krabbeltier erstarrte in dem Moment, in dem es getroffen wurde. Aber um das kleine Heer von Skorpionen auszuschalten, dass in dem engen Stollen staute, sah sich Merish gezwungen, auf gepanzerte Tierrücken zu klettern, direkt neben den Giftdornen aufgerichteter Skorpionschwänzen, an deren Ende milchiges Gift tropfte. Nur so gelang es ihm die Horde, die hinter dem gelähmten Tier schob und drückte, in Schach zu halten.

Um weiter zu kommen, kroch er sogar unter die Bäuche regungsloser Ungeheuer. Vorsichtig bewegte er sich zwischen die wie mächtigen Säulen über ihm ragenden Beine, die bisweilen, wenn er sie aus Versehen berührte, zuckten und den Steinboden mit ihren stahlharten Krallen kratzten. Dabei sprühte er ohne Unterbrechung dünnen Ölnebel aus dem Flakon. Immer wieder zwang ihn der Gestank, spuckend und keuchend den Mageninhalt auf dem Boden zu würgen.

Nie konnte Merish später sagen, wie lange der Weg durch die Masse regungsloser Skorpione dauerte. Am Ende glaubte er, dass der Geruch von totem Fels, Skorpionsgift und dem Öl seine Nase mehr verlassen würde. Die in der Fledermaushöhle bereits arg strapazierte Kleidung glänzte von dem schwarzen Sekret der Tiere, die die Haut darunter reizte. In den Augen standen ihm die Tränen, wenn er dem beißenden Gift, das auch aus den erstarrten Schwanzspitzen der Ungeheuer weiter tropfte, zu nahe kam.

Schließlich erreichte er das Ende der Angreifer, ihre regungslosen Körper streckten sich wie ein riesiger Wurm in den Gang. Zur Sicherheit sprühte Merish noch mehr Öl in die Luft und rannte fort. Dieses Problem lag hinter ihm. Jetzt musste er das versteckte Grab seiner Geliebten finden, und sie aus dem Sarkophag befreien.






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