Nach einem kurzem Intermezzo. Teil -3- aus "Eisen und Magie: Ewige Liebe"

Willkommen zurück in die neue Kurzgeschichte aus der Welt von "Eisen und Magie". Um seine Geliebte zu befreien. lässt sich Merish auf ein gewagtes Abenteuer ein. Doch um die tote Königin Sabah ins Leben zurückzurufen, scheut er kein Risiko und keinen Ort auf der Welt.

Viel Spaß mit dem neusten Kapitel aus "Eisen und Magie: Ewige Liebe"!


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Eisen und Magie

Ewige Liebe


von Peter H. Brendt 
Der Fledermauskot lag drei Handbreit hoch. Und er atmete wie ein lebendes Wesen. Das Skelett einer Fledermaus kroch auf ihn zu und starrte ihn mit leeren Augenhöhlen an. Im ersten Augenblick dachte Merish, das Tier lebte noch. Aber dann bemerkte er, dass eine Armee von Asseln, augenlosen Käfern und Kakerlaken, die sich von dem Aas ernährten, die Knochen in Bewegung setzten. Darunter auch Skorpione und Tausendfüßler, die die Aasfresser jagten. Sogar eine blinde Schlange mit weißen Schuppen glitt über seinen Arm.

Es gab noch weitere Probleme. Der Gestank in der Höhle raubte Merish den Atem. Das parfümierte Seidentuch, das er vor das Gesicht band, als er in das dunkle Loch am Fuß eines verfallenen Tempels kroch, half nicht mehr, den beißenden Geruch zurückzuhalten. Er würde den Duft von Veilchen aus Limbah für den Rest des Lebens mit toten Fledermäusen verbinden.

Panisch verfolgte der Dieb die zuckenden Schatten, die die Laterne in seiner Rechten gegen die Wände warf. Falls die Flamme erlosch, wäre er an diesem grässlichen Ort für immer gefangen. Nur der Gedanke, dass am Ende des Höllenlochs das Mausoleum der Königin von Kobsh wartete, verhinderte, das er umkehrte und den Göttern auf Knien dankte, endlich wieder Licht zu sehen.

«Reiß Dich zusammen», ermahnte er sich. «Hier gibt es nichts, was hungrig auf Menschen ist oder aus anderen Gründen deinen Tod will. Das kommt erst später. Also atme ganz flach und halte durch!»

***

Seit der Beschwörung bestand ein unsichtbares Band zwischen ihm und der toten Königin. Sie erschien ohne Ankündigung in Merishs Kopf, flüsterte ihm Koseworte zu. Ihre sanfte Stimme beschrieb in allen Einzelheiten die Freuden und Reichtümer, die ihn erwarteten, wenn er sie befreit und zur Frau genommen hatte.

Einige ihrer Versprechungen raubten ihm den Schlaf. Sie übertrafen seine kühnsten Träume, so dass er sich im Bett vor Ungeduld hin und her wälzte. Besonders die Schilderungen über die Freuden des Ehelebens beschäftigten ihn. Dafür war er auch bereit, durch Schichten von Fledermausscheiße zu kriechen.

Sabahs Beschreibung des Ortes, an dem ein eifersüchtiger Magier ihren Leichnam versteckte, weckte tiefste Ängste in Merish. Der verlassene Tempel des schwarzen Skorpions verbreitete selbst in der Zeit, in dem seine Priester noch blutige Feste und Praktiken ausübten, Furcht in der Stadt. Es gab Gerüchte von Menschenopfern und grausamen Ritualen, die sie zu Ehren feierten. Niemand wagte es, das Gebäude zu betreten, denn es hieß, dass die Wächter in den verborgenen Gängen den Schatz ihres Gottes weiterhin bewachten.

Die Königin zeigte ihm in seinen Träumen die Fledermaushöhle und den vergessenen Stollen, der von da in das Innere des Tempels führte. So umging er einen großen Teil der Fallen, die nach wie vor funktionierten. Was niemand wusste, dass in einem versteckten Seitengang ein Grab Sabahs mumifizierten Leichnam bewahrte. Heute wollte er sie aus ihrem Gefängnis befreien und damit den ersten Schritt zu ihrer Wiedererweckung gehen.

Merish erreichte eine kleine Treppe, die aufwärts führte. Ein leiser Luftzug wehte ihm entgegen, eine willkommene Erfrischung nach den Gerüchen von Exkrementen und Ungeziefer. Hier ging es, so erzählte ihm Sabah direkt in den geheimsten Bereich des Tempels. Und dort wartete das Grab seiner Geliebten auf ihn.

Am Ende der Stufen nahm der Dieb das Tuch vom Gesicht und warf es weg. Nie mehr würde er Gefallen an Veilchenduft finden. Mit einem sauberen Lappen reinigte er die tränenden Augen. Mit Grauen dachte er daran, dass er unter Umständen den gleichen Weg auch wieder zurück musste. Aber erst einmal galt es, den Seitengang zu entdecken und den Wächtern auszuweichen.

Wie beschrieben, wandte er sich nach links und suchte die nächste Markierung, die ihn zu seinem Ziel führen sollte. Doch ein Geräusch vor ihm, ließ ihn erstarren. Offenbar war es ihm nicht gelungen, alle Wachen zu umgehen.

Zu spät, das Licht auszumachen. Wer auch immer vor ihm wartete, hatte es längst bemerkt. Außerdem vermutete er, dass die Wächter in dieser ewigen Dunkelheit tief unter dem Tempel über mehr Sinne als das Auge verfügten, die sie zielsicher zu ihrem Opfer führten.

Merish hob die Laterne hoch, um den Gang vor ihm auszuleuchten. Er wollte wissen, was da auf ihn lauerte. Er bereute es sofort. Die Gerüchte erzählten die Wahrheit. Skorpione von der Größe eines Pferdes drängten sich in dem Stollen vor ihm. Ihre Chitinpanzer raschelten und kratzen, als sie versuchten, übereinander zu klettern, um die erste Beute seit langer Zeit zu töten.

Der Dieb schloss die Augen. Sabahs Hinweise führten ihn in eine Falle. Gegen diese Gegner käme selbst ein legendärer Schwertkämpfer nicht an. Ihre Panzerung schien undurchdringbar und die Klauen und Kiefer der Skorpione glänzten im Fackellicht wie Stahl. Aus ihren mit Gift bewehrten Schwanzstacheln sickerte bereits grünlich schimmerndes Sekret. Im Moment behinderten sich die Angreifer in dem schmalen Gang gegenseitig. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn das erste Untier erreichte.

Starr vor Schreck wartete Merish auf das Ende. »Sabah«, flüsterte er. »Warum hast Du mich verlassen?«

***






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