Wieder geht eine Kurzgeschichte zu Ende ,,,

Heute lest Ihr hier das letzte Kapitel von "Eisen und Magie: Belahs Augen". Rätsel lösen sich und das Ende wird gut (jedenfalls in den meisten Geschichten).

Nash und Belah werden wieder vereint, allerdings ...

Aber lest selber! Viel Spaß mit Eisen und Magie: Belahs Augen"!



Eisen und Magie:


Belahs Augen


von Peter H. Brendt

«Hey Kerl», brüllte ein Holzfäller nach dem ersten Schreck und schwang drohend die Axt. «Soll ich dich einen Kopf kürzer machen!»

Sein Kumpel lachte. «Was für ein guter Witz, Brunn. «Einen Zwerg einen Kopf kürzer machen». Was ist er dann? Ein Kurzzwerg?»

«Halts Maul, Kurth. Auf jeden Fall ist er dann tot und kann keine braven Wanderer am Lagefeuer erschrecken.»

Im Gegensatz zu seinen Begleiter, die drohend ihre Klingen schwangen, steckte der Fremde die Messer zurück in die verborgenen Schneiden im Ärmel. «Bleibt höflich, Leute! Das ist ein Waldschützer. Er wird uns nichts tun. Denn wir sind nicht hier, um den Bäumen und den Geschöpfen darin zu schaden.»

Er verbeugte sich vor Nash. «Tiraan, heiße ich. Mein Vater ist Händler in Kyros. Aber am Handel habe ich kein Interesse. Ich will Abenteuer erleben und unbekannte Ort besuchen. Die beiden Männer werden von mir bezahlt, um mir den «Alten Wald» zu zeigen.» Er zeigte die leeren Hände. «Wir wollen niemandem etwas antun!»

Auch seine Begleiter senkten ihre Waffen, doch ihre Blicke ließen den Waldschützer nicht los. Ihr Verhalten verstärkte dessen Verdacht, dass er Holzräubern gegenüberstand. Aber das musste warten.

Nash zeigte auf ein kleines Loch zwischen den Füßen des Mannes, der Kurth hieß. «Seht ihr das Funkeln der Flammen. Der Kopf einer Totspinne schaut dort bereits heraus. Ihr Panzer spiegelt das Licht des Lagerfeuers. Jetzt ist sie zurückgekehrt und meldet dem Schwarm, dass sie auf Beute gestoßen ist. Nach dem langen Winter sind die Tiere hungrig. Uns bleibt nicht viel Zeit!»

«Unsinn», meinte Brunn. «Es ist zu eisig für die Viecher. Wir sind auf dem Weg hierhin sogar durch Schneefelder gelaufen.»

«Überall ist es zu kalt. Doch euer Feuer brennt direkt über ihrem Nest. Die Flammen erwärmen den Boden und die Hitze hat die Tiere geweckt. Wir brauchen nur ein paar hundert Schritte zu gehen, dann sind wir in Sicherheit. Sobald das Lagerfeuer erlischt, kehren die Totspinnen in ihr Winterquartier zurück. In einigen Wochen, wenn die Temperaturen steigen, werden sie erneut erwachen und jagen.»

Um Nash Worte zu bestätigen, tauchte die erste Hand voll Spinnen aus einem unauffälligen Loch im Waldboden auf. Müde und träge von dem langen Winterschlaf fehlte ihnen noch die gewohnte Aggressivität und Geschwindigkeit. Doch ihre Bewegungen wurden rasch schneller.

«Ich denke, der Kurze hat recht» ,meinte Brunn und trat auf einen weiteren Angreifer, das an anderer Stelle auftauchte. «Es wird ungemütlich hier. Mit diesen Viechern legt man sich besser nicht an.»

Die Fremden rafften ihr Gepäck zusammen, auf dem bereits einige langbeinigen Exemplare krochen. Hastig schüttelten sie die zischenden Tiere ab und zertraten sie dann. Doch die Zahl der Angreifer wuchs mit jedem Atemzug. Das unheimliche Rascheln und Knistern am Waldboden wurde immer lauter. Ihnen blieb keine Zeit mehr. Rasch nahmen sie Reißaus. Nash führte sie über ein paar Schneefelder, die der Winter übrig ließ. Der kalte Boden sorgte dafür, dass die Spinnen die Verfolgung bald aufgaben.

Sie hielten erst an, als das Geräusch der kratzenden Füße verstummte. Nur der pfeifender Atem der Männer klang noch durch die Nacht.

«Geschafft!» Tiraan stemmte die Hände in die Hüften. «Puh, ich bin diese Lauferei nicht mehr gewohnt. Ich sollte mir wohl in Zukunft meine Führer besser aussuchen!»

Nash wollte antworten, er spürte einen heftigen Schlag und die Welt um ihn färbte sich schwarz.

***

Die ersten Sonnenstrahlen weckten ihn. Sein Schädel brummte, er fühlte den Geschmack von Erbrochenem im Mund. Schnell stellte er fest, dass kräftige Stricke ihn an Händen und Füßen banden. Vor ihm baute sich grinsend Kurth auf. Drohend hob er die Axt.

«Aufgewacht, Kurzer? Hast Dich ja lange genug ausgeruht. Sei froh, dass Du noch in die Sonne blinzeln kannst. Wenns nach mir geht, wärst Du schon tot.»

Nash schaute sich um. Hinter dem Holzfäller lag Tiraan. Er schien zu bemerken, dass er erwachte, und zwinkerte ihm zu. Auch ihn hielten Fesseln gefangen, am Kopf trug er eine kleine Platzwunde. Offenbar waren sie in die Hände von Räubern gefallen.

«Eigentlich wollten wir den Gecken ein wenig kitzeln und ihn von der Last der vielen Münzen befreien, die er im Gürtel trägt.» Kurth setzte seine Rede fort, schwenkte dabei die Axt hin und her. «Aber Brunn meinte, zuerst müssen wir aus diesem verdammten Wald raus. Hast ja selbst erlebt, über welche unangenehme Viecher man hier stolpern kann. Wir verzichten darauf, euch beide zu köpfen. Dafür führst Du uns bis zur nächsten gepflasterten Straße.«

»Glaub ihm kein Wort«, rief Tiraan. »Die Kerle werden uns töten, sobald sie in Sicherheit sind!«

»Welche Garantien gebt ihr uns«, wollte Nash wissen. »Warum sollten wir euch vertrauen!«

»Also gut.« Kurth hob die Axt leicht an. »Ich hielt Brunns Idee sowie so für unsinnig. Wir sind heil bis hierhingekommen. Dann finden wir auch wieder heraus.«

Er drehte sich kurz zu seinem Komplizen um.«Mach Du den Gecken fertig. Ich nehme mir den Kurzbeinigen hier vor!«

Die starren Augen des Holzfällers fixierten den hilflosen Waldschützer. Er schnaubte Schleim durch die Nase und hob die Axt hoch über den Kopf. Im nächsten Augenblick flog er durch die Luft, krachte mit einem lauten Krachen gegen den Stamm des Baums wenige Schritte hinter ihm und blieb regungslos liegen.

Nash konnte einen Freudenruf nicht unterdrücken. Die schwarze Silhouette eines riesigen Bären verdunkelte das Sonnenlicht, das durch die Zweige auf den Waldboden fiel. Brunn warf einen schreckengefüllten Blick auf das Raubtier, dann ließ er die Waffe fallen und flüchtete.

Er schaffte nur wenige Schritte, bis das Untier über ihm war. Der Schmerzenschrei brach ab, als ein Prankenhieb ihm das Genick zertrümmerte.

»Belah!« Das Glück in Nashs verdrängte den Blutgeruch der zerschmetterten Holzfäller. Tiraan beobachtete mit Entsetzen, wie das Raubtier sich schnüffelnd überzeugte, dass seine Gegner tot am Boden lagen. Danach stürzte der Bär auf den Waldbeschützer.

Der schwere Körper schien den kleinen Kerl zu zerdrücken. Aber die Geräusche, die unter dem schwarzen Pelz zu ihm hinüber drangen, zeugten nicht von Schrecken oder Todesangst. Er erkannte Jubelrufe und Kosenamen. Auch der Bär winselte fast wie ein Hund, während er das Gesicht des Waldschützers immer wieder ableckte.

***

Der halbwüchsige Bär blökte traurig und schaute hinauf. Er wirkte einsam und Hoffnungslosigkeit drang aus jeder Pore des Bärenkörpers. Tiraan und Nash saßen oben auf dem Gipfel des Waldhangs und beobachteten ihn. Zwischen den Beiden lag der riesige Bär und ließ kein Auge von seinem Gefährten. Für das Bärlein hatte er nicht einen Blick über.

»Ist das ihr Kind da unten«, wollte der Händlersohn wissen.

»Ja, sie hat es fast zwei Jahre aufgezogen, es ernährt und ihm die Dinge gelehrt, die er braucht, um im »Alten Wald« zu überleben. Jetzt muss er auf eigenen Beinen stehen. Belah ist zu mir zurückgekehrt, wir beide sind wieder vereint.«

»Das Kleine hat ein paar Schrammen.«

»Sie hat es am Ende weggebissen, damit es die Trennung akzeptiert.«

»Verlief euer Abschied genauso?«

Nash lächelte. »Nein! Als sie der Ruf der Natur erreichte, war sie eines Morgens weg. Sie paarte sich, brachte im Winter in einer Höhle ihr Junges zur Welt und zog es groß.«

»So lange ward ihr getrennt? War bestimmt eine schlimme Zeit!«

»Ja, das war es. Der »Alte Wald« gibt jedem aus meinem Volk einen Gefährten. Zusammen bewachen wir die Bäume und das übrige Leben hier und wehren Angriffe ab. Aber hin und wieder verlassen sie uns, um die Pflichten gegenüber ihren Artgenossen zu erfüllen.« Nash seufzte. »Hoffentlich muss ich sie niemals alleine zurücklassen. Ich weiß nur zu gut, wie einsam sich der Zurückgebliebene fühlt.«

Tiraan kratzte seinen Hinterkopf. »Was ich wissen möchte, ist ob alle Waldschützer einen Bären als Gefährten erhalten.«

Nash lächelte. »Das bestimmt die Waldgeister. Einige von uns leben mit einem Berglöwen zusammen, andere mit einem Adler. Das hängt von den Umständen, der Gegend und dem Charakter des Einzelnen ab.«

»Raubkatze. Greifvogel! Das stelle ich mir fantastisch vor. Mit einem Löwen durch die Welt zu streifen. Abenteuer erleben ...! Meinst du, der »Alte Wald« könnte mir auch so einen Gefährten zuteilen?«

Nashs Lächeln wurde breiter. »In der Tat. Es gibt eine Legende von einem Menschen, dem ein Begleiter zugeteilt wurde.«

»Was war es?« Sein neuer Freund kam so nah an ihn heran, dass Belah kurz misstrauisch hinübersah.

»Wenn die Geschichte stimmt, erhielt er zum Gefährten eine ... Kohlmeise!«

Tiraan entglitten die Gesichtszüge. Er atmete schwer, nach einem heftigen Atemstoß brach es aus ihm heraus. «Du ziehst mich auf. Verfluchter Kerl.» Er gab dem neuen Freund spielerisch einen Schlag gegen die Schulter, schaute aber dann erschrocken auf den Bären. Belah hatte jedoch das frische Band der Freundschaft der beiden Männer erschnüffelt. Sie warf nur einen kurzen Blick auf ihren Gefährten, ob ihr Eindruck vom Verhältnis der Zwei stimmte, legte den mächtigen Kopf in den Schoss des Waldschützers und seufzte genüsslich.

Tirann beobachtete das Raubtier und den Waldbeschützer. Er fühlte beinahe ein wenig Neid über die enge Beziehung zwischen Mensch und Tier. Nachdenklich schaute der Händlersohn dem Jungbären nach, der sich leise mauzend entfernte und seinen eigenen Weg im Leben suchte.

«Bist Du glücklich», fragte er den Freund.

Nash versenkte den kleinen Kopf tief im schwarzen Pelz des Bären, so dass er beinahe zwischen den dunklen Haaren verschwand. «Ja, Tiraan. Ich bin wieder glücklich°!

***






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