Ein Duell, wie man es aus Western nicht kennt!

Zum Wochenende und wie immer kostenlos das neuste Kapitel aus "Jason Derringer: Der Pad der Rache."

Wir alle kennen die Schießduelle in den klassischen Western. So a la Clint Eastwood oder John Wayne. Wie ein Duell wirklich ausgesehen haben könnte, könnt Ihr in dieser Episode nachlesen.
Finde ich viel spannender, als die übliche Revolverkämpfe in den staubigen Straßen und mit
eiskalten Augenduellen. Ihr auch? Schreibt mir gerne Eure Meinung!

Viel Spaß!

Das letzt Kapitel verpasst. Ihr findet es hier.







Unter anderen Umständen hätte Kennedy dieses Wasserloch nicht aufgesucht. Aber ihr Vorrat an Trinkwasser ging zur Neige und er machte sich Sorgen, dass der verwundete Goldgräber ohne ausreichend Flüssigkeit nicht durchhielt.

Die dunkle Brühe in dem Tümpel sah wenig vielversprechend aus. Im Augenblick schüttete er zum wiederholten Mal das ausgeschöpfte Wasser durch seinen Filzhut. Einen besseren Filter, um Sand und Trübstoffe zurückzuhalten, besaß er nicht.

Ein Mitglied ihrer Reisegruppe kannte solche Zurückhaltung nicht. Getrude kniete vorm Wasserloch und trank in tiefen Zügen. Zwischendurch brummte das Muli wie eine zufriedene Katze. Jetzt stand es auf, schüttelte den Kopf, so dass die langen Ohren hin und her schlackerten. Mit sichtlichem Wohlbehagen entließ das Tragtier einen langanhaltenden Darmwind, dessen Ausläufer Kennedy die Tränen in die Augen trieb.

„Schäm Dich, Gertrude!“ Der alte Fieray lag im Schatten eines Felsen, von denen eine kleine Gruppe den Tümpel umstanden. Er litt unter seiner Verletzung, auch wenn er es seinem Begleiter gegenüber nicht zugab.

Der Kopfgeldjäger hatte nach Sitte der Ureinwohner einen Trageschlitten gebaut. Zwei dünne Stangen aus jungen Bäumen rechts und links neben den Sattel geschoben und am hinteren Ende eine Decke fixiert. So transportierten die Prärie-Indianer ihr weniges Hab und Gut, sobald der Stamm die Zelte abbrach und auf der Suche nach Wild weiterzog.

Er erinnerte sich noch an das Bild aus Zeiten vor dem Bürgerkrieg, der so viel Elend und Tod brachte. Nicht nur den Weißen. Der Anblick des Zugs wandernder Rothäute war mit den Jahreszeiten immer erbärmlicher geworden. Jedes Mal schienen die kleinen Kinder, die sie in Körben auf den Pferden mitnahmen, magerer zu sein.

Selbst gefertigte Kleider aus Leder verwandelten sich im Laufe der Jahre in einen Mischmasch abgetragener Sachen, die ihnen die Indianeragenten überließen. Von Sommer zu Sommer zerlumpter und bedauernswerter.

Begegneten ihm die eigentlichen Besitzer des Landes am Anfang offen und freundlich, zeigten ihre Blicke stets mehr Feindseligkeit. Sie stahlen auf der Farm, die Kennedys Familie vor dem Krieg betrieb, und bettelten bei jedem Treffen aggressiver um Whiskey und Branntwein. Am Ende lagen in ihren Augen nur Leere und Teilnahmelosigkeit. Vermutlich blieb kaum ein Bruchteil ihrer Kultur übrig, wenn die endlose Welle weißer Siedler in diesen Teil der Staaten überschwappte.

Plötzlich legte Getrude die Ohren an und schnaufte laut. Der Skalpjäger kannte das Muli inzwischen gut genug, um zu wissen, dass das Tragtier andere Reiter ankündigte. Noch konnte er sie nicht hören, aber auf die Nase seiner neuen Freundin war Verlass.

Kennedy griff die Zügel seines Pferdes und führte es schnell in die Deckung hinter den Felsen. Die kluge Gertrude folgte ihm, das treue Tier zögerte nicht einen Moment. Vielleicht auch, weil ihr Herr eine ihrer letzten Futtermöhre hinhielt.

Der Kopfgeldjäger band seinen Wallach an. Hoffentlich würde er ihre Gegenwart nicht durch Schnauben oder Wiehern verraten. Gott allein wusste, wer das Wasserloch anritt. Höchstwahrscheinlich, dass es keine freundlichen Besucher waren. Dann eilte er zurück, packte ohne viel Federlesens die Decke, auf der der Goldgräber schwer verletzt lag am Kopfende. Keuchend zog er sie mitsamt dem darauf liegenden Fieray außer Sichtweite. Das Muli ging mit seinem Herrn, zu schlau, um einen Laut abzugeben.

Kennedy wollte noch schnell zurücklaufen, um die Spuren ihrer Anwesenheit zu verwischen. Aber es war zu spät. Drei Reiter zügelten ihre Pferde. Er hoffte, dass ihr Durst und ihre Erschöpfung zu groß waren, um die Huf- und Stiefeltritte zu bemerken, die er und sein Begleiter zurückließen. Es blieb gerade genug Zeit, um hinter einem Felsen in Deckung zu gehen.

Die Neuankömmlinge stiegen ab und führten ihre Reittiere an den Tümpel. Der Skalpjäger erkannte die Rufe von zwei Männern. Sie erteilten dem Dritten grobe Befehle und er zuckte zusammen, als die Stimme zeigte, dass es sich um eine weibliche Person handelte.

Neugierig hob Kennedy vorsichtig den Kopf aus seinem Versteck, eben so hoch, dass er die Situation am Wasserloch überblicken konnte. Die Typen zerrten eine Frau, der Kleidung nach eine Nonne, ohne jede Rücksicht vom Pferd. Die Ordensschwester wirkte müde und erschöpft, der offenbar harte Ritt hatte ihr übel mitgespielt. Tränen zeichneten Spuren in ihrem staubbedeckten Gesicht, sie war kaum in der Lage sich auf den Beinen zu halten. Einer der Kerle gab ihr einen Stoß, der die Hilflose zu Boden warf. Dann kümmerten ihre Peiniger sich um die Reittiere, ihre Begleiterin beachteten die Mistkerle mit keinem Blick.

Skalpjäger. Zweifellos. Einer der Reiter besaß die Angewohnheit, die Nähte seiner Leggins zu schmücken. Dazu nutzte er die Haare seiner Opfer. Aber das war es nicht, was Kennedy die Galle in die Kehle schießenließ. In diesen Teilen der Staaten galten das Leben und die Unversehrtheit einer Frau als höchstes Gut. Das änderten selbst die Grausamkeiten des Bürgerkriegs nicht.

Diese rohe Behandlung einer weiblichen Person, besonders einer Nonne, warf die Kerle aus der Gemeinschaft der Männer im Westen. Ein Westler begegnete jeder Lady mit ausgesuchter Höflichkeit und Respekt. Unabhängig, ob es sich um eine Hure oder eine ehrbare Mutter und Ehefrau handelte.

Die Reiter kümmerten sich um ihre Reittiere. Kennedy beschloss, einzugreifen. Die Mistkerle verdienten keine Gnade. Die Frau durfte nicht länger in den Händen dieses Gesindels bleiben. Bedauerlicherweise steckte die Spencer im Sattel seines Wallachs. Die Langwaffe brächte ihm ein paar Vorteile, aber die Zeit drängte. Für die Entfernung musste sein Revolver ausreichen.

Der Kopfgeldjäger trat mit gezogener Waffe aus der Deckung. Noch standen die Skalpjäger weit genug von der Nonne entfernt. Er wollte verhindern, dass sie die Ordensschwester als Geisel nahmen.

"Keine Bewegung. Und langsam umdrehen!"

Schneller als es ihm lieb war, erkannte er, dass er Profis gegenüberstand. Einer der Männer drehte sich sofort um, zog seinen Colt und eröffnete das Feuer. Der zweite Kerl bewies Schläue. Im Vertrauen auf den Schusshagel seines Komplizen griff er nach seinem Gewehr am Sattel. Er verließ sich darauf, dass die Schüsse ihren Angreifer in Deckung zwangen, bis er seine Waffe ziehen konnte.

Der Kugelhagel aus dem Revolver brachte Kennedy zurück hinter den Felsen. Das Blei klatschte gegen den Stein. Zweimal, dann eine Pause.

Der Kopfgeldjäger wusste, dass noch vier Patronen in der Trommel seines Gegners waren. Die Feuerpause sollte ihn herauslocken. Er erinnerte sich an die Worte seines neuen Freundes Silvers. Der Alabama-Mann meinte, dass schnelles Feuer wenig wirkungsvolle Treffer bewirkte.

Langsam trat er deshalb mit gezogenem Colt nach vorne, gleichzeitig duckte er sich, bot so eine kleinere Trefferfläche. Sorgfältig konzentrierte er sich auf den Kerl am Sattel. Das Gewehr würde den Ausschlag in dem Feuergefecht geben. Den Hagel aus dem Revolver musste er riskieren. Zu blöd, alleine gegen zwei Schützen anzutreten.

Zu seinem Glück scheute das Pferd, der Lärm des Schusswechsels erschreckte es. Seine ausweichenden Bewegungen verhinderten bisher, dass der Skalpjäger seine Waffe greifen konnte.

Kennedy gab einen ruhig gezielten Schuss auf den Gewehrmann ab. Der traf den Mann nicht. Doch das Geschoss klatschte mit einem hässlichen Geräusch in den Pferdekörper dahinter. Das arme Tier stieg hoch, schüttelte den Mistkerl ab. In seinem Eifer, das begehrte Gewehr zu ergreifen, geriet er unter die Pferdehufe und blieb getroffen liegen.

Was für ein Glück!

Zwei weitere Kugeln prallten gegen den Felsen neben dem Kopfgeldjäger und pfiffen als Querschläger durch die Luft. Da war noch der Revolvermann. Silvers Rat, sichere Schüsse, schnellen vorzuziehen, bewährte sich offenbar.

Kennedy besaß fünf Patronen in der Revolvertrommel und sein Gegner höchstens zwei. Vielleicht nur einen, falls er, wie nicht wenige Männer, die Kammer unter dem Hahn leer ließ.

Ruhig visierte er über den Lauf seinen Angreifer an. Schoss, doch die Kugel flog irgendwohin. Nicht einmal einen Einschlag sah er.

Sein Gegner hatte gelernt, hielt sein Feuer zurück, zielte sorgfältiger, aber auch das nächste Geschoss traf den Felsen.

Jetzt war die Reihe an Kennedy. Er blieb in seiner Stellung, jedoch das Glück verließ ihn. Das Blei schlug hinter seinem Ziel in den Boden.

Das Wechselspiel wiederholte sich, beide Schützen fehlten. Der Kopfgeldjäger frohlockte. Er besaß noch zwei Patronen in der Revolvertrommel, sein Gegenüber hatte sich leergeschossen.

Triumphierend näherte er sich mit gezogener Waffe seinem Gegner. Zeit die Schießerei zu beenden.

Er wollte den Colt schon ins Holster zurückstecken, als sein Angreifer unter die Jacke griff und einen kurzen Revolver hervorzerrte. In seinem Übereifer blieb er am Stoff hängen. Doch das Spiel war neu gemischt und das Blatt wendete sich zu Kennedys Nachteil. Seine zwei Patronen gegen sechs, bestenfalls fünf des anderen Schützen.

Der folgende Schuss musste sitzen. Wieder zielte er sorgfältig, der gespannte Hahn wartete darauf, dass er den Abzug drückte. Nach so vielen Schüssen roch die Luft nach Schwefel, eine dicke Pulverwolke zwischen ihnen, die Gestalt seines Gegners zeichnete sich dennoch deutlich dahinter ab.

Er atmete aus, zog langsam durch, die Waffe ruckte in seiner Hand. Diesmal verdeckte der Pulverrauch für einen Moment die Sicht. Als sich die Wolke verzog, stand der Mistkerl immer noch.

Der änderte ebenfalls seine Taktik, nahm sich mehr Zeit. Doch auch er verfehlte sein Ziel.

Kennedys letzte Chance. Er wollte den Hahn spannen, aber irgendetwas irritierte ihn. Sein Revolver reagierte nicht, die Trommel bewegte sich keinen Fingerbreit. Der Kopfgeldjäger fluchte. Das kam selbst beim sorgfältigst gepflegten Trommelrevolver vor. Dreck und die Rückstände des qualitativ schlechten Schwarzpulvers drangen in die Waffe. Sie blockierten die Mechanik und machten jeden Schuss unmöglich.

Verfluchtes Pech!

Er setzte alles auf eine Karte.

Laut brüllend lief er auf den Kerl zu. Seinen Kopf zwischen die Schultern gedrückt, seinen wertlosen Revolver in der Rechten. Sein Gegner schoss weiter. Diesmal kehrte das Glück zu Kennedy zurück. Die nächsten beiden Kugeln verfehlten ihn, die Dritte zupfte an seinem Ärmel. Dann war er nah genug. Der geworfene Colt traf die Stirn des glücklosen Schützen und das Messer des Kopfgeldjägers erledigte den Rest.

Schwer atmend warf er einen Blick auf seinen Oberarm. Tiefer als ein Streifschuss, doch der Knochen schien unverletzt. Es fühlte sich taub an, noch stand er unter dem Schock des Treffers. Er hob die kurzläufige Waffe aus der Hand des toten Angreifers auf. Ein kleines Kaliber, das Glück blieb ihm treu. Blei aus einem .45er hätte seinen Arm abgerissen.

Kennedy steckte den Revolver ein. Selbst diese unscheinbare Schusswaffe besaß im Westen einen Wert und sein Gegner brauchte sie nicht mehr. Dann erstarrte er.

"Nicht schlecht", klang eine Stimme von den Reitpferden. Dazu das Geräusch eines gespannten Hahns. Der Lautstärke nach gehörte er zu einem Gewehr.

Der zweite Mann. Offenbar hatten die Hufe des verwunderten Pferds ihre Arbeit nicht vollendet. Und er hatte seine Waffe gefunden.

Langsam drehte Kennedy sich um. Er blickte in ein zufriedenes Grinsen. Der Mann genoss seine Überlegenheit.

"Wer seid Ihr?" Er wollte wenigstens wissen, wessen Kugel ihn tötete.

"Du kannst Deinen Freunden in der Hölle erzählen, dass Dich Greg Synner geschickt hat!"

Ein Gewehrschuss knallte.

Kennedy zuckte zusammen. Er fühlte keinen Treffer. Es dauerte einen Moment, bis er begriff. Das Geschoss hatte ihn verfehlt.

Erstaunt blickte er Synner an. Konnte ein geübter Schütze auf diese Entfernung verfehlen?

Sein Gegner ging langsam in die Knie. Das Gewehr fiel ihm aus der Hand. Zufriedenheit wechselte in Erstaunen. Dann stürzte er zu Boden.

"Dachte schon, dass Du es ohne mich nicht schaffen würdest. Doch jetzt sei so freundlich, hilf mir ein wenig. Diese verfluchte Wunde hat wieder angefangen zu bluten."

Kennedy hatte den verwundeten Fieray völlig vergessen. Der alte Goldjäger war leise nach vorne gekrochen und brachte sein Jagdgewehr mit. Erleichtert machte sich der Kopfgeldjäger auf den Weg, seinem Begleiter zu helfen, der hielt ihn aber mit einer knappen Handbewegung zurück.

"Warte, Heißsporn. Ich frag lieber die nette Nonne. Die ist viel hübscher als Du!"






Kommentare

  1. Das sind die harten Hunde.. den kessen Spruch auf den Lippen von wegen hübschere Nonne..
    Im Ernst.. die Erklärung mit dem schmutzigen Pulver und der wegen der Unzuverlässigkeiten oft leeren Kammer, lassen dieses Duell tatsächlich realistischer aussehen, als man es oft denkt.
    Dass die Colts kein ausgemachtes Präzisionsgerät waren, kann man sich dabei durchaus vorstellen.
    Im Film mag man vieleicht darüber hinwegsehen.. so ein Duell soll ja auch Spannungsfaktor sein.
    Den Spruch "Das Ding wirfst du lieber, als damit zu schiessen" hat man hier mal sehr wörtlich genommen.. aber.. unterhaltsam im Rahmen der Handlung.:-)
    Ich gebe zu, ich mag das Duell, da es nicht nur ballern ist, sondern auf die speziellen Gegebenheiten eingeht und erklärend zugleich ist.
    Meine Ahnung, dass die Befreiund von Schwester Sarah durch den Kopfgeldjäger doch ganz nett wäre hat sich bestätigt - das freut mich.
    Also wird es wohl vermutlich auch bald das Zusammentreffen unserer Freunde geben.. Ich freu mich schon drauf..
    Danke für das spannende Duell ^^

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