Jason Derringer: Das neue Kapitel

Wie immer am Wochenende könnt Ihr Euch auf eine neue Episode von "Jason Derringer: Der Pfad der Rache" freuen. Heute spitzen sich die Ereignisse im Kampf um das Kloster zu.

Viel Spaß!

Das letzte Kapitel verpasst. Ihr findet es hier.




Sam Bolden rief seine Leute zu sich. Es machte keinen Sinn, auf gut verschanzten Gegner hinter Mauern zu schießen. Reine Munitionsverschwendung. Und Munition war der Erfolg für einen raschen Sieg. Weitere Verluste konnten sich die Skalpjäger nicht leisten. So wertvoll das Kloster als Stützpunkt für ihre Raubüberfälle auch war.

"Wir sind die besseren Schützen, können schneller feuern". Fasste er zusammen. "Vermutlich besitzen wir außerdem mehr Patronen und Kugeln. Diese Vorteile müssen wir ausnutzen. Die Nonnen glauben, hinter den Mauern geschützt zu sein. Das ist zwar richtig, aber wir nutzen das für unsere Zwecke.

Mein Plan sieht so aus: Zunächst veranstalten wir vor dem Tor einen mächtigen Feuerzauber. Bleiben dabei knapp außerhalb der Reichweite ihrer Gewehre. Halten die Frauen unter Druck. Täuschen immer wieder direkte Attacken vor. Sie rechnen dann jeden Augenblick mit einem Angriff."

Er zeigte auf zwei seiner Komplizen.

"Während wir sie mit dem heftigen Schusswechsel ablenken, schleicht ihr Beiden auf die Rückseite des Klosters. Wir schlagen einen der dünnen Bäume, da, wo wir unsere Pferde angebunden haben. Daraus bauen wir eine improvisierte Leiter, mit der ihr über die Mauer kommt. Anschließend greift ihr die Nonnen aus ihrem Rücken aus an.

Das dürfte genug sein, damit sie sich ergeben."

***

Greg Synner konnte sein Glück kaum fassen. Diese Schwestern kannten sich im Umgang mit gefährlichen Banditen nicht aus. Nicht nur, dass sie ihre Gefangenen nicht gründlich genug durchsuchten, dieses Kellerloch reichte allemal aus, ein paar diebische Waisenjungen einzusperren. Das Schloss widerstand der kräftigen Messerklinge keine Minute lang. Im Schutz des anschwellenden Schusswechsels brach er das Türschloss aus dem Türrahmen, kurz darauf waren er und sein Komplize frei.

***

Der Mustang sah das Gewehr und wusste, was man von ihm erwartete. Er stand so starr, wie es ihm seine Natur erlaubte und wartete auf den Schussknall. Das Tier kannte aus zahlreichen Trainingsstunden, dass ihm keine Gefahr drohte. Es vertraute seinem Reiter, der noch nie sein Vertrauen missbrauchte.

Neben ihm verharrte in der gleichen Stellung sein Gefährte, mit dem er seit frühster Jugend die Koppel teilte und ihn in vielen Situationen begleitete. Das Gewicht des kleinen Säckchens, aus dem es intensiv nach Körnern roch und das aufgelegte Gewehr bedeuteten keine wirkliche Last für die starken Pferde.

"Hab ihn."

"Okeeh!"

Die beiden Schüsse klangen wie einer.

Die zwei Skalpjäger, die gerade versuchten, die rückwärtige Mauer hinaufzuklettern, fielen ohne eine weitere Bewegung von der improvisierten Leiter. Im gleichen Moment steigerte sich die Zahl der Gewehrschüsse auf der anderen Seite des Klosters. Dazu ertönten die Kriegsrufe angreifender Indianer, bis der Lärm plötzlich abbrach. Jetzt setzte schriller Siegesjubel ein, der die Luft zum Vibrieren brachte.

Der Mustang äugte nach seinem Herrn. Er erkannte die Ruhe und Selbstsicherheit in seinen Gesten und Worten. Wusste, dass die Situation, so fremd sie auch dem Tier erschien, keine Gefahr bedeutete. Bald spürte er das gewohnte Gewicht des Reiters, den sicheren Schenkeldruck und das kurze Schnalzen, mit dem es aufgefordert wurde, vorwärts zu traben.

Im Vorbeilaufen begrüßte es mit freundlichen Schnauben seinen vierbeinigen Gefährten. Auch er trug seinen Besitzer ohne Zögern zur Vorderseite des Klosters.

***

Oberin Augusta brauchte einen Moment, um sich zu fassen. Sie warf einen kurzen Blick auf ihre Schwestern, die erleichtert ihre Waffen ablegten. Der ein oder anderen standen die Tränen in den Augen. Auch Juan, der treue Mexikaner hatte das Gefecht ohne Verletzungen überstanden. In seinem vom Pulverrauch schwarz gefärbten Gesicht zeigte sich sogar ein freundliches Grinsen. Grüßend hob er sein Gewehr.

Gut, dass der Tisch mit der Munition noch an seinem alten Platz am Klostertor aufgestellt war. Die Oberin holte tief Atem, stützte sich mit beiden Armen an dem ramponierten Möbelstück ab. Die nächsten Sekunden kämpfte sie wie ihre Schwestern mit den Tränen.

Vor den Mauern ihres Heims, das der Nächstenliebe und dem Lob Gottes dienen sollte, lagen Tote. Menschen, die im Kampf um dieses Kloster gestorben waren. Im Augenblick dachte die Nonne nicht daran, dass diese Männer sie und ihre Mitschwestern umbringen, schänden oder in die Sklaverei der Comancheros verschleppen wollten. Sie betete zu ihrem Herrn, dass er ihre Seelen trotz der Verbrechen, die sie begangen hatten, aufnahm.

Der Lärm vor dem Tor ebbte ab. Draußen warteten die Sieger des Schusswechsels auf sie. Ohne Zweifel Indianer, vermutlich Mescaleros. Sie hoffte, dass es kein weiteres Blutvergießen mehr gab und das Kloster in Sicherheit war. Bisher gab es selten Probleme mit diesem Indianerstamm. Ihr fehlte die Kraft zum Weiterkämpfen.

Sie öffnete das Tor und gab ihr Schicksal und das ihrer Schwestern in Gottes Hände.

***

Vier Finger wartete auf seinem Pony. Der Morgen schenkte ihm und seinen Brüdern einen Sieg. Gerade noch rechtzeitig war sein Kriegertrupp mit den beiden Fremden eingetroffen. De Lärm des Schusswechsels hatte ihre Annäherung übertönt, so dass es ihnen gelang, die Skalpjäger zu überraschen. Doch der Triumph schmeckte bitter. Drei der Toten gehörten zu seinem Stamm und "Der, der die Sonne ruft" würde nie mehr laufen können. War das die zwei Hände voll Skalpe, die Gewehre, die Pferde wert, die sie hier erbeuteten?

Seine jungen Krieger, die den Kampf suchten, erlebten an diesem Tag einen mit Blut bezahlten Erfolg. Aber sie mussten nicht in die Augen der Squaws sehen, deren Männer heute gestorben waren. Daheim am Lagerfeuer konnten sie mit ihren Heldentaten prahlen, stolz die Kopfhäute präsentieren, die sie vor dem Kloster gewannen. Seine Aufgabe bestand darin, "Der, den die Sonne ruft" durch die karge Zeit zu bringen, die auf diesen Sieg zweifellos folgten.

Er zwang sich, während er darauf wartete, dass ihn die Nonnen begrüßten, die guten Dinge zu sehen, die der Morgen brachte.

Das Feuer der kampfeslustigsten Krieger brannte nach dem Gefecht langsam nieder. Auf den Rausch des Sieges folgte jedes Mal die Galle, wenn die Wut des Kampfes einen verließ und der Geist sich klärte. Der ein oder andere der jungen Männer würde lange brauchen, den bitteren Geschmack zu vertreiben. Zu heftig wehrten sich die Banditen, zu groß war ihre Überlegenheit an Feuerkraft. Mit etwas Pech wär die Zahl der Opfer aufseiten der Mescaleros höher ausgefallen.

Er dankte dem Schöpfer, dass er ihm die beiden Fremden geschickt hatte. Sie ritten seinem Trupp voraus und zeigten, dass sie die Fähigkeiten hervorragender Kundschafter besaßen. Für einen Moment überlegte Vier Finger, ob ihnen der Adler, der Bote des Großen Geists dabei half. Noch nie der Häuptling sah einen Menschen so vertraut mit dem mächtigen Raubvogel umgehen.

Die Fremden erkundeten zunächst die Stellung der Banditen, machten die Posten an ihren Pferden unschädlich. Dann führten sie seine Leute so unauffällig und leise heran, dass ihnen die Überraschung einen gewaltigen Vorteil verschaffte. Denn in einem offenen Schusswechsel besaßen die Weißen die Oberhand.

Dazu gewann sein Stamm mit seinem Sieg das Vertrauen der Frauen im Kloster. Ein paar Mescaleros liebten sie, da die Nonnen Kranken halfen, ohne nach der Hautfarbe zu fragen. Zeitweise unterhielten sie eine Schule, in der sie sogar Indianerkinder aufnahmen.

Jetzt konnte er die Hilfe, die sie seinen Leuten gewährten, zumindest teilweise zurückzahlen.

Und ein weiterer Vorteil brachte ihnen der heutige Sieg. Jeder hätte die Zerstörung des Klosters und das anschließende Massaker den Mescaleros angelastet. Skalpierte Leichen wiesen auf Indianer als Täter und nicht auf Weiße. Ein Aufschrei ginge durch das Land auf beiden Seiten des Grenzflusses. Das Ergebnis waren Rachefeldzüge, die ihn zwangen, mit seinem Stamm immer tiefer in die Wüste zu ziehen.

Vier Finger nickte zufrieden. Der Tag begann gut. Als jemand das Tor von innen öffnete, stieg er vom Pferd und legte sein Gewehr ab. Mit einem Handzeichen gab er seinen Männern den Befehl, seinem Beispiel zu folgen. Die noch vom Kampf hochgeputschten Krieger sollten die Frauen nicht erschrecken.

Zu seinem Schrecken trat ein Weißer heraus. An den harten Augen erkannte er einen Banditen. Der Fremde hielt ein mächtiges Messer an den Hals einer jungen Nonne, die sich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten konnte. Um ihren Kopf war ein frischer Verband gebunden.

Die Absicht des Mannes war eindeutig. Er deutete auf einen weiteren Kerl, der ihn begleitete und der Oberin ein Gewehr entriss. Dann schnitt er mit der Klinge eine feine Linie in den Hals seiner Geisel, die sich schnell mit Blut füllte.

"Freies Geleit für mich und meinen Begleiter. Oder die Frau hier verliert ihren Kopf!"


***





Kommentare

  1. Ich hatte mich während des Lesens schon gefragt, ob es zur Begegnung mit den ehemals Eingesperrten kommt.. im letzten Satz..
    Ich hoffe, dass die zwei Banditen nicht davon kommen.. Es würde nur bedeuten, dass die Gegend weiter mit ihrem Unwesen rechnen muss..
    Nun, die zwei Freunde, die sich um das Problem an der Rückseite kümmerten, sind noch nicht mit der Gruppe der Indianer zusammen getroffen.. Vieleicht fallen ja noch zwei, sauber gezielte Schüsse und man kann die Siegesfeier, wenn auch in kleinem Ramen fortsetzen.
    Man bedenke, ein Teil der Bande ist immer noch auf dem Raubzug..
    Dass Schwester Sarah diejenige ist, die wieder drunter leiden muss, ist ja fast zu erwarten gewesen. Sie hatte schliesslich den Zorn des Banditen besonders geschürt.
    Wir müssen also wieder abwarten, was passiert. Wird Schwester Sarah mit einem feinen Schnitt davon kommen, oder sind die die zwei Gauner, die
    am Ende triumphieren ?
    Man darf gespannt sein.

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