W wie Wochenende, W wie Wilder Westen -15-

Das Wochenende gehört wieder einmal einer neuen Episode aus "Jason Derringer: Der Pfad der Rache". Unsere Protagonisten kommen auf unterschiedlicher Wegen zur gleichen Lösung. Und jedesmal brauchen sie "tierischen" Beistand.

Das Kapitel davor verpasst? Ihr findet es hier!

Viel Spaß mit dem neusten und kostenlosen Kapitel aus "Jason Derringer: Der Pfad der Rache".







Kennedy fluchte leise. Wo kam der Kerl auf einmal her? Vorsichtig legte er seine Waffe ab und hob die Hände. Mit diesen Schießeisen war nicht zu spaßen. Das Geräusch der Tür hatte das Einrasten des Hahns in der Schussstellung übertönt. Aber er sah deutlich, dass er gespannt war. Dann war die Schusswaffe zum Schuss bereit. Der Schütze brauchte dann nur nervös und unwillkürlich mit dem Zeigefinger den Abzug zu berühren. Bei dieser Entfernung konnte selbst ein alter Colt sein Ziel nicht verfehlen.

Der Kopfgeldjäger drehte sich langsam um. Vor ihm stand ein älterer Mann, den Bauch blutverschmiert, einen uralten Revolver in seiner Rechten. Der Lauf zitterte und schwankte, aber die Augen seines Gegenübers zeigten seine Entschlossenheit.

Jetzt erkannte Kennedy seinen Gegner.E r hatte auf dem Bett gelegen und sich lediglich tot gestellt. Deshalb hatte der vermeintlichen Leiche auch nicht die Kopfhaut gefehlt.

Im Augenblick bereitete dem Kopfgeldjäger die größte Sorge, dass sich der Mann in schlechter körperlicher Verfassung befand. Wie schnell konnte sich in seinem Zustand ein unbeabsichtigter Schuss lösen.

"Ruhig mein Freund", versuchte er sein Gegenüber zu beruhigen. "Ich habe mit dem Schlachtfest unten nichts zu tun. War nur auf der Suche nach etwas Proviant und was Stärkerem zum Trinken."

Kaum, dass er seine kleine Ansprache beendete, kippte der Alte zusammen und fiel nach vorne. Bei seinem Fall verlor er seinen Colt. Wie Kennedy befürchtete, prallte die Waffe unglücklich auf den Hahn, er hörte Metall brechen und der Schuss löste sich.

Nur seine schnelle Reaktion rettete den Kopfgeldjäger. Er sprang gedankenschnell zur Seite und das Geschoss verfehlte ihn. Ihm blieb sogar noch Zeit, den Sturz des Unbekannten abzumildern.

Behutsam drehte er den Bewusstlosen um. Der Alte atmete flach, regte sich nicht. Kennedy untersuchte vorsichtig seine Bauchwunde. Eine Gewehrkugel war in die Seite eingedrungen. Kennedys tastenden Finger fanden die Kugel. Sie steckte unter der Haut, Gott sei Dank weit genug von der Wirbelsäule. Es sollte kein Problem sein, sie zu entfernen. Trotz seines Blutverlusts wirkte der Fremde ausreichend kräftig für eine kleine Operation. Denn entfernt werden musste der Fremdkörper, sonst trat unvermeidlich die Sepsis ein.

Möglich, dass ihn auch der kleine Eingriff nicht davor bewahrte. Hoffentlich fand er noch irgendeinen Rest von Branntwein in der Cantina.

***

Fuchs fasste das Ergebnis der Verhandlung zusammen. "Pferde, Waffen, Nahrungsmittel und Decken."

"Damit wir weiterziehen können?"

"Ja. Dafür geben sie uns auch Informationen über die Skalpjäger."

"Sag ihnen, dass ich keine Waffen finanziere."

"Ich wusste es und habe es ihnen gesagt. Aber in diesem Punkt sind unsere Freunde hartnäckig."

"Und wo stecken Synner und seine Bande?"

"Es gibt ein Kloster jenseits der Grenze. Es wird von Nonnen geführt. Sie betreiben dort ein Waisenhaus."

Silver erkannte sofort, was das bedeutete. "Eine Menge Skalpe. Leicht und problemlos zu bekommen. Was für ein Schwein. Das müssen wir unbedingt verhindern."

Er überlegte kurz. "Pferde, Proviant, Decken. All das ist kein Problem. Wie stellen sie sich die Übergabe vor."

"Die Mescaleros trauen uns. Denn der Sendbote des großen Geists vertraut uns. Sobald wir aus Mexiko zurückkehren, treffen uns zwei der Apachen, die mit zur Farm reiten. Dort findet die Übergabe statt."

"Sollte kein Problem sein. Aber die Sache mit den Waffen stinkt mir. Was wissen unsere Freunde über das Kloster?"

"Einige haben da sogar ihre Kindheit verbracht. Sie erzählen nur Gutes darüber."

Silver hatte eine Idee.

"Wir können ein paar Fliegen mit einer Klappe schlagen."

Fuchs schaute ihn verständnislos an. Jerry fluchte. Schon wieder ein Fehler. Sein Freund sprach ein ausgezeichnetes Englisch, wenn er auch nie mit Weißen redete. Dafür trugen die Bleichgesichter zu schwere Schuld. Aber Sprichwörter und bestimmte Redewendungen kannte er nicht.

"Ich habe einen Vorschlag", erklärte Silver. "Warum begleiten sie uns nicht nach Mexiko. Da die Mescaleros ein gutes Verhältnis zu den Nonnen im Kloster haben, helfen sie uns vielleicht gegen die Skalpjäger. Zumal diese Mörder auch ihre Feinde sind.

Wir beide verzichten im Gegenzug auf jede Beute. Alle Pferde, die uns bei dem Unternehmen in die Hände fallen, gehören ihnen. Meinetwegen auch die Schusswaffen der Bande. Von mir selbst erhalten aie keine Waffen, da weiche ich nicht einen Handbreit zurück. Ich bin sogar bereit, die Zahl der erbeuteten Pferde aus meiner Farm auszustocken. Das Gleiche gilt für Proviant, Decken und Medikamente.

Und noch was. Der Anführer dieses kleinen Kriegertrupps hat Schwierigkeiten die Heißsporne unter seinen Leuten zurückzuhalten. Ein Kampf mit den Skalpjägern dürfte ihr Blut abkühlen. Mach ihm bitte unauffällig diesen Vorschlag. Ich habe schon genug Dummheiten angerichtet. Bring es so rüber, dass er dabei sein Gesicht nicht verliert."

Fuchs überlegte einen kurzen Moment, dann nickte er. Silvers Vorschläge machten Sinn. Die Hilfe der Mescaleros konnte sich als sehr wertvoll erweisen. Zu zweit gegen eine solche Mördertruppe barg eine Menge Risiken. Zusammen mit den Apachen standen ihre Chancen deutlich besser.

Sollten die Indianer zustimmen, winkte außer der Befriedigung ihrer Rache eine reiche Beute. Und ein Kampf dürfte den Hitzköpfen unter ihnen Recht sein. Zumal anschließend weder Vergeltung durch mexikanische Truppen oder US-Kavallerie drohte.

Jetzt war es seine Aufgabe, dem Anführer des Jagdtrupps ihr Angebot schmackhaft zu machen. Kein leichtes Unterfangen. Fuchs standen dafür nur Handzeichen, Symbole, die er in den Sand malte und wenige Brocken gemeinsamer Sprache zur Verfügung. Und immer noch betrachteten gerade die jungen Krieger die Waffen der Fremden mit gierigen Augen.

***

"Ich wollte über den Fluss. Rüber zu meiner Mine. Vorher noch was Proviant kaufen. Hier in der Cantina." Die Stimme des Alten klang schwach. Auf der kleinen Kommode neben dem Bett schimmerte die Kugel, die Kennedy aus seinem Rücken geschnitten hatte. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass kein Wundbrand ausbrach.

"Hatte mit ihnen gesprochen. Schien alles ok zu sein. Dann kehrten ein paar Männer zurück und schossen auf mich. Sie erwischten mich und fiel ins Wasser. Jemand kam und schaute nach mir. Hielt mich wohl für tot und ließ mich in Ruhe."

Nur ein Atemzug trennte den Schwerverletzten von einem tiefen Schlaf. Der Kopfgeldjäger machte sich Sorgen. In dieser Umgebung voller Leichen durfte der Angeschossene nicht bleiben.

Zudem konnte er die Wunde nur schwer reinigen. Zu diesem Zweck hatte er Brunnenwasser in der Küche erhitzt, doch es fehlte Branntwein, um sie zusätzlich zu desinfizieren. Er wusste aus dem Bürgerkrieg, was eine komplette Wundversorgung für eine erfolgreiche Behandlung bedeutete. Zu viele seiner Kameraden erlagen dem Wundfieber, nachdem ihre Heilung bereits sicher schien.

Er beschloss, die Cantina erneut nach Alkohol zu durchsuchen. Irgendwo musste etwas aufzutreiben sein. Die Mörderbande hatte mit ein wenig Glück ein paar Vorräte übersehen.

Kennedy ging zurück ins Erdgeschoss. Wie eine Wand stand am Fuß der Treppe der Leichengeruch. Draußen schrien die Aasgeier und warteten auf ihre Beute. Die Situation war unhaltbar. Und Synner und seine Bande vergrößerten ihren Vorsprung mit jeder Stunde.

Von der Rückseite des Hauses näherten sich Huftritte. Es klang nicht wie von einem Reiter, eher wie ein losgerissenes Lasttier. Trotzdem zog der Kopfgeldjäger seinen Revolver. Nicht auszuschließen, dass er in eine Falle gelockt werden sollte.

Wieder nutzte er den Lauf seiner Waffe, diesmal öffnete er die Hintertür damit. Vor ihm stand ein Muli, das bei seinem Anblick laut blökte. Seine Vermutung, dass es sich um ein Tragetier handelte, bestätigte sich. Auf seinem Rücken trug es zwei prall gefüllte Taschen. Dazu weitere kleine Packen und Säcke, kreuz und quer verteilt und verschnürt. Dazwischen steckte auch ein altes Gewehr, Schaufeln und eine Spitzhacke. Das Tier gehörte offenbar einem Minenarbeiter oder Goldgräber. Unwillkürlich musste er an den verletzten Mann oben denken. Irgendwie schienen die Beiden zusammenzugehören.

Unbeeindruckt von seinem Revolver drückte das Maultier ihn mit seinem dicken Kopf beiseite und schob sich trotz des Gepäcks auf seinem Buckel durch die Tür. Dabei verlor es einen Teil der angeschnallten Werkzeuge, die laut scheppernd auf den Boden fielen. Das Muli warf einen Blick auf das Desaster, das er hinterlassen hatte, und ging an dem Kopfgeldjäger vorbei in die Schenkraum. Dort stellte es sich an den Fuß der Treppe und stieß einen klagenden Ton aus, der durch Mark und Bein kroch.

Zu Kennedys Verwunderung kam von oben eine Antwort. "Getrude! Mein Schätzchen. Wie hab ich Dich vermisst. Wo bist Du meine Süße?"

Offenbar kannten sich der Alte und das Maultier. Sein Staunen wich purem Entsetzen, als das Muli ohne Rücksicht auf sein Gepäck Anstalten machte, die Stufen zu seinem Freund hinauf zu klettern. Es steigerte seinen Eifer, als es aus dem Zimmer des Verletzten leise Lockrufe hörte.

Keine Frage, dachte Kennedy, die Zwei gehören zusammen.

Kurzentschlossen löste er die Gurte, die den Packen festhielten, so dass der ganze Plunder polternd zu Boden fiel. Von seiner Last befreit, schaffte es das Muli die Treppe hochzusteigen. Dabei half ihm die natürliche Trittfestigkeit seiner Art, ein Pferd hätte das Kunststück nicht fertiggebracht.

Der Kopfgeldjäger ließ der Freundschaft ihren Lauf und kümmerte sich um das Gepäck, das vor den Stufen lag. Während sich oben Blöken und Freudenrufe abwechselten. Hoffentlich kroch das Tier nicht zu seinem Herrn ins Bett.

Er öffnete einen Packen, fand dort Proviant und Werkzeug. Dazu tausend Dinge, die man brauchte, wenn ein Mann in der Wildnis zurechtkommen wollte. Aber viel wichtiger waren die Sachen in der nächsten Tasche. Zwei Steingutflaschen, in denen es verheißungsvoll gluckerte. So viel Aufwand betrieb niemand für einfaches Wasser.

Kennedy löste den Verschluss und roch vorsichtig an der Flasche. Wahrhaftig, darin befand sich wirklich Whiskey. Er fühlte sich verpflichtet, sofort zu prüfen, ob ihn seine Nase nicht täuschte. Das Zeug brannte in der Kehle und wärmte seinen Magen. Kein Zweifel, endlich besaß er Alkohol, um die Verletzungen des Alten zu versorgen. Das ging erst einmal vor.

Das Muli schien so trittsicher zu sein, dass er seinen Herrn behutsam treppab und aus der Cantina tragen konnte. Danach war es an der Zeit, sich um die Leichen im Schankraum kümmern.

Zwei Stunden später füllte er Wasserflaschen am Fluss auf. Neben ihm trank das Maultier hastig. Sein Blick galt immer wieder seinem zweibeinigen Freund, der im weichen Sandboden ruhte und dem die Nähe seiner Freundin sichtlich gut tat.

Seine Wunden hatte Kennedy frisch gereinigt, es blieb sogar der ein oder andere Schluck aus der Steingutflasche für die beiden Männer übrig. Hinter ihnen verbrannte die Cantina lichterloh. Der Kopfgeldjäger hatte sie angezündet, das alte, von der Sonne ausgedörrte Gebäude brannte wie Zunder. Im Schankraum ruhten noch die Leichen, die er im Feuer würdig bestattete. Er sah sich nicht in der Lage, ein Grab für so viele Tote auszuheben, das ging über seine Kräfte. Die Lasten, die Getrude trug, verstaute er, soweit es möglich war, auf sein Pferd. Das Muli musste seinen Herrn und Freund tragen. Das reduzierte ihr Tempo so sehr, dass er zu Fuß gehen musste.

Kennedy fluchte leise. Jetzt verlor er viel Zeit. Zeit, die ihm bei der Verfolgung von Synner fehlen würde. Doch er beschloss aus Sorge um den angeschossenen Goldgräber, den Verletzten in ein Kloster zu bringen, das etwa zwei Tagesreisen entfernt lag. Vielleicht gab es dort ein Hospital, wo man sich um den Alten kümmerte. Falls er den Transport überlebte.

***





Kommentare

  1. Der Kopfgeldjäger ist so pflichtbewusst..
    Natürlich musste er sich überzeugen, ob das, was wie Whisky riecht auch wie Whisky schmeckt.. Er hätte sonst unmöglich guten Gewissens mit der Wundversorgung weitermachen können.. :-)
    Ich hatte es mir ja schon gedacht, dass der Mensch mit der Waffe in Kenedys Rücken der alte Goldgräber sein könnte. Dass es der alte Mann vom Bett sein könnte, habe ich nicht bedacht.
    Zumindest haben die Beiden nun eine Weile friedlich miteinander zu tun.

    Das Kloster in der mexikanischen Wüste..
    Oh, das wäre doch ein schöner Ort für den ShowDown.
    Ich sehe förmlich die Mauern, weiss gekälkt und schnutzig, den Rundbogen über der Türe, mit der kleinen schäbigen Glocke darin, das alte hölzerne, halb verwitterte Tor...
    Dazu stanzt eine Steelguitar eine einprägsame Melodie in den Hintergrund des Geschehens..
    Und es kommt, wenn Kennedy das Kloster als Reiseziel beibehält, endlich zur Auflösung der Wette zwischen Fuchs und Silver.. "Kommt Kennedy nach Mexico ?"
    Alle sind auf dem Weg zum Kloster. Ich hoffe, Fuchs konnte dem Häuptlich diese Unternehmung schmackhaft machen.
    Wir werden sehen..

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