Thumberg: Die schlechteste Diebin (Finale)

Wieder einmal findet eine Geschichte ihr Ende. heute ist es das letzte Kapitel aus "Thumberg: Die schlechteste Diebin der Stadt". Silgid sucht ihren Lehrer, der in einer Fallgrube auf seinen Tod wartet. Doch ihr fehlt ein Blitzstab, um die schleimigen Wächter des Irrgartens zu überwinden. Und wie soll sie ihn in einem Labyrinth finden. Denn den Plan trug ihr Lehrherr ja bei sich. Und da ist dieser riesige Kerl, der den Eingang bewacht.

Aber Silgid ...,

doch lest selber, wie es weitergeht. Viel Spaß mit dem Finale von "Thumberg: Die schlechteste Diebin der Stadt"!

PS

Nächste Woche beginnt eine neue Kurzgeschichte aus der Fantasywelt von Thumberg. Ihr Titel lautet; "Thumberg: Der Ghoulkönig."

Und dort findet ihr die ersten Kapitel aus "Thumberg: Die schlechteste Diebin der Stadt:

Start, Kapitel I, Kapitel II, Kapitel III und Kapitel IV.



Plötzlich wurde es hell in der Fallgrube. Jemand warf eine brennende Fackel hinein und Mussad konnte sehen, dass mittlerweile ein knappes Dutzend der Egel nach Nahrung suchten.

Pashar war vermutlich zurückgekehrt, um sein Werk zu bewundern und sich am Todeskampf seines Kollegen zu ergötzen. Doch es war eine andere Stimme, die zu ihm hinunterschallte.

„Haltet durch, gleich hole ich Euch daraus!“

Im nächsten Moment erfüllte ein unbeschreiblicher Gestank die Grube. Mussad hielt sich an der Wand fest, der Geruch riss ihm buchstäblich die Beine weg. Bevor er das Bewusstsein verlor, beugte sich eine vermummte Gestalt über ihn.

„Bei den Göttern“, war sein letzter Gedanke. „Der Tod hat dieselben Haare wie Silgid!“ Dann wurde es dunkel.

***

Der Weinkelch glitzerte im Kerzenlicht. Er hatte vorher mehrere Stunden in einem kleinen Hügel Eis gelegen. Eine seltene und teure Delikatesse.

Es gab zwei Brüder, die mit ihrer Schwester zweimal in der Woche vom Berg »Isengaz« zurück nach Thumberg kamen. Sie brachten drei bis an ihre Grenzen beladene Muli in die Stadt. Auf ihrem Rücken trugen die Tiere dick in Stroh eingepackt Eisbrocken, die ihre Herren unter Lebensgefahr zuvor aus seinem Gletscher herausschlugen. Da-mit kühlten die reichen Kaufleute und Adligen ihre Getränke und Speisen.

Mussad hatte es zur Feier des Tages gestohlen, wie es sich für einen Meisterdieb gehörte. Und ihren Wein dazu. Jetzt feierte er mit seiner Schülerin und Lebensretterin seinen Sieg über seinen ärgsten Konkurrenten. Und seiner Rettung vor dem Tod durch die schleimigen Blutsauger.

„Ich habe es nicht ganz verstanden«, meinte er. Seine Zunge rollte schon schwer, denn es war nicht der erste Kelch, den er heute leerte. »Jeden anderen, einschließlich mich haut der Gestank von Lhab-Brei um. Zack, klatsch und um! Dich nicht. Wie eine Rachegöttin triumphierst Du zwischen zuckenden Monsteregeln und holst mich aus dieser Rattenfalle.

Nehm das stinkende Zeug nur in kleinen Portionen zu mir. Nicht mehr als eine Messerspitze. Aber du stehst da in einem Nebel gärenden Dunst, dass es einem das Hirn wegsprengt. Umgeben von bewusstlosen Egeln und ziehst deinen Lehrer aus dem Schlamassel raus.

Wie machst Du das?“

Silgid weinte noch immer. Vielleicht würde ihr Geruchssinn nie zurückkehren. Möglich, dass sie das mit dem Schlangengift durchtränkte Tuch zu lange um Nase und Mund gebunden hatte. War das der Preis für Wissen?

Sie hörte wieder das Klopfen ihres Herzens, als sie vorsichtig an den Eingang des Labyrinths heranschlich. Es klang so laut, dass sie glaubte, der Wächter dort könnte sie in ihrem Versteck hören. Sie wartete auf eine Gelegenheit, an ihm vorbei in die unterirdischen Kammern des Tempels zu schleichen. Aber der Kerl ging und ging einfach nicht weg.

Schließlich band sie das mit Schlangengift durchtränkte Tuch vor das Gesicht. Mit diesem Schutz wagte sie, einen kleinen Krug mit dem Lhab-Brei, den sie aus dem Mondturm mitbrachte, zu öffnen. Sie hatte eben erst einen alten Feind besiegt. Da würde sie vor diesem muskelbepackten Riesen mit Breitschwert und Lederrüstung keine Angst mehr haben.

Denn bevor sie aufbrach, gewann Silgid ihr zweites Duell mit der Naht-Schlange an diesem Tag. Wieder und wieder ließ sie das Tier in ein Wolltuch beißen und glaubte jetzt, sogar ein Schema in ihren blitzschnellen Attacken zu erkennen. Sie beobachtete, dass der Schlangenkopf kurz vor dem Biss ein wenig nach hinten zuckte. Beim nächsten Test würde sie ihr Wissen ausnutzen.

Aus der Deckung heraus schöpfte sie schnell einen kleinen Löffel Brei und schleuderte ihn auf den ahnungslosen Posten. Die Wirkung war ebenso grandios wie spektakulär. Der Klumpen traf den Wächter am Bein und lief dann zähflüssig hinunter in Richtung Stiefel. Der Getroffene reagierte sofort. Er wankte, wie von einem Hammer geschlagen. Das Gesicht verfärbte sich beängstigend weiß und der arme Kerl musste sich mit der freien Hand an der Mauer festhalten, um nicht umzukippen.

Silgid beschloss, eine zweite Ladung abzuschießen. Sie zielte höher und so endete der Flug des zähen Breis am Kopf des Bewaffneten. Dieser Treffer zeigte endlich die gewünschte Wirkung.

Am Rande der Bewusstlosigkeit stolperte der Posten aus ihrem Sichtbereich. Sie hörte, wie er sich in einer Ecke übergab. Jetzt war die Gelegenheit gekommen, rasch und unbemerkt in das Labyrinth zu huschen. Das erste Hindernis war überwunden.

An der folgenden Kreuzung lernte sie die nächste Lektion.

Wie sollte sie in diesem Irrgarten ihren vermissten Lehrer finden? Es existierte nur ein Exemplar eines Plans und das befand sich in den Händen Mussads, der in einer Fallgrube auf seinen Tod wartete.

„Vertrau keinem Lageplan, vielleicht fehlt er Dir bei Deinem Rückzug. Hab deshalb stets Kreide dabei!“ Wie oft musste sie sich diesen Satz anhören.

Zu ihrem Glück hielt sich ihr Lehrmeister an seine Regeln. Sie erkannte im Licht der mitgebrachten Fackel einen Kreidestrich mit einer Pfeilspitze, die in den Gang zu ihrer Rechten führte. Diese Richtung musste sie zu ihrem Ziel führen. Bald stieß sie an jeder Kreuzung oder Einmündung auf weitere Pfeile, so dass sie sicher war, früher oder später auf die Grube mit dem Gesuchten zu stoßen.

Mehr Sorgen bereiteten Silgid die schlurfenden Geräusche in ihrer Nähe. Die schleimigen Wärter des Labyrinths schienen ihre Anwesenheit bemerkt zu haben und machten sich an die Verfolgung.

Bald gewöhnte sie sich daran, an jeder Kreuzung oder Einmündung einen Klumpen Lhab aus dem Topf auf den Boden tropfen zu lassen. Hoffentlich trog sie ihre Hoffnung nicht, dass der Brei auch auf Egel seine Wirkung nicht verfehlte.

Am Ende war es einfach. Schneller als erwartet stieß sie auf die Fallgrube. In ihrem Eifer wäre sie beinahe hineingefallen. Ein Sturz hätte fatale Folgen haben können.

Selbst die Geräusche ihre Verfolger verloren sich im Dunkel des Irrgartens. Der Brei wirkte.

In der Grube mit Mussad verteilte sie freizügig weitere Proben des Lhab-Breis. Ihr Lehrer, obwohl an den Gestank gewohnt, kippte um, so dass sie ihn nur mit Mühe aus der Falle hievte. Zu ihrem Glück erholte er sich auf dem Rückweg mit jedem Schritt, mit dem die Beiden sich dem Ausgang näherten.

Da der Posten immer noch nicht zurückgekehrt war (Silgid hörte ihn hinter einem Busch würgen und stöhnen), konnten sie ihre Flucht in den Mondturm ohne Probleme beenden.

Während Ihr Lehrer Wein und Eis stahl, machte sie einen kleinen Ausflug, war aber rechtzeitig vor seiner Rückkehr zurück. Im Moment brauchte sie alle Konzentration, um Nase und Augenbrauen unter Kontrolle zu bringen. Sie schienen nach dem Kontakt mit dem giftgetränkten Wolltuch ein Eigenleben zu entwickeln. Dennoch lauschte sie stolz auf das Lob ihres Lehrmeisters.

***

„Du hast mir das Leben gerettet. Wie ein Narr bin ich in die Falle dieses Speichelleckers geraten. Ohne dich ...“ Mussad zog die Wangen nach innen und hielt die Innenwände eine Weile fest. „Ausgesaugt hätten sie mich. Wir haben die verurteilten Schwerverbrecher in der Arena gesehen. Ein grässlicher Anblick.“

Er nahm noch einen tiefen Schluck aus seinem Weinkelch. So langsam fühlte er, wie das Leben wieder in die müden Glieder zurückkehrte. Dann suchte er den Blick seiner Schülerin.

„Was hat es mit dem Tuch auf sich, das da unten um Dein Gesicht gewickelt war? Da glitzerte es wie kleine Kristalle. Du weiß schon. Wie getrocknetes Schlangengift. Und könntest Du damit aufhören! Deine Nase zuckt ja, wie die eines jungen Welpen. Und deine Augenbrauen. Was ist mit ihnen passiert?

Und wo sind die bewusstlosen Egel, die Du in den Sack gesteckt hast. Ich hab es gesehen. Du hattest einen dabei. Und mir war, als ob er sich bewegte.“

Nur träge krochen die Worte aus seinem Mund. Die Aufregung und der Wein forderten ihren Tribut. Doch bevor er einschlief, spürte er, wie sich das Leben in ihm zurückmeldete. Eine bekannte Kraft sammelte sich in seinem Bauch. Rumorte. Brodelte. Und entlud sich in einem wohlbekannten und in seiner Lage willkommenen Laut. Der Lhab-Brei tat seinen Dienst.

Ein letzter Blick auf seine Schülerin. Silgid schien über seinen Darmwind wenig erstaunt. Sie schnüffelte und zu seinem Erstaunen zeigte sich so etwas wie Wiedererkennen in ihren Augen. Wie sollte man aus so einem Mädchen schlau werden.

Dann träumte er von seiner Rückkehr als gefürchteter Dieb in Thumberg. Und seiner Rache an dem, der ihm alles eingebrockt hatte.

***

Zur gleichen Zeit kroch Pashar müde in sein Bett. Die Siegesfeier dauerte bis in die frühen Morgenstunden. Der Abschied mit seinen Freunden und Zechgenossen fiel herzlich aus, wenn auch wenig standfest. Zum Abschluss einigten sie sich auf ein weiteres Opfer in der Diebesgilde. Neue Intrigen wurden gesponnen, frische Bündnisse geschlossen. So blieben nach und nach allein nur seine Günstlinge am Leben. Aber diesen Kerl Mussad war er endgültig los.

Egelfutter!

Zu betrunken, um auf seine Umgebung zu achten, kuschelte er sich unter das kostbare Seidentuch. Darunter fühlte es sich so weich an. Anders als sonst. Ob ihm eine Tänzerin bis ins Bett gefolgt war. Egal. Vielleicht morgen. Er wollte nur noch schlafen.

Und das tat er dann. Für immer!

***



Kommentare

  1. Ich wage es kaum.. aber ich klopfe mir leicht und verstohlen auf die Schulter.. Hatte ich nicht geahnt, dass das Tuch mit dem Schlangengift nochmal vorkommt und es eine besondere Bewandnis hat ?
    Aber die Hauptwaffe der tapferen Novizin ist wohl der Krug mit Lhab..
    Was für ein Glück, dass es auf die Egel eine ebenso starke Wirkung hat, wie auf jedes andere menschliche Wesen..
    Ich bin neulich an einem Busch entlang gegangen, ich denke, es war der Busch, hinter dem die Wache sich.. es klang sehr ähnlich..

    Eine schöne Geschichte.. Leicht zu lesen, kurzweilig und unterhaltsam. Eine Thumberg-Geschichte, wie wir sie kennen. Sie fügt sich nahtlos ein, in das kleine Universum von Eisen und Magie.. Ich bin froh, sie gelesen zu haben.
    Auch, wenn sie mir sehr kurz vorkam.. *hüstel*

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