Thumberg: Der alte Gladiator und der erste handfeste Ärger ...

Popstars stehen schnell im Rampenlicht. Das gilt auch in der Fantasy-Welt von Thumberg. Und schnell findet sich jemand, der sich an einem abgehalfterten Gladiator reiben will. So auch im "Roten Pony"

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8


Der Geschmack von Blut verblasste mit jedem Atemzug. Zunächst war die Erinnerung frisch, als ob das rohe Fleisch noch in seinem Maul steckte. Der Fleischsaft beim Kauen den Gaumen kitzelte und Wärme in seinem Magen verbreitete. Im Reflex ahmte er alle Bewegung des grausamen Mahls nach, doch jetzt biss er ins Nichts, seine Klauen zerrissen leere Luft. Seine Zunge irrte im Mund herum, suchte in den Winkeln und Lücken des Gebisses nach Fleischfetzen, um wenigstens eine Ahnung der letzten Mahlzeit zu finden. Erfolglos.

Wütend versuchte er sein Gefängnis zu sprengen, setzte all seine gewaltige Kraft ein. Aber die Fesseln gaben nicht einen Fingerbreit nach.

Hastig zog er die Luft ein, wenigstens seine Wut sollten sie hören. Doch es kam kein Laut aus seiner Kehle. Der, dessen Gefangener er jetzt war, stahl ihm neben seiner Freiheit auch seine Stimme.

***

9


Vlad sehnte den Augenblick herbei, an dem die "Blaue Jungfer" in See stach. Ursprünglich plante er, schon heute Abend an Bord zu schlafen. Bereits auf der Reise nach Thumberg lockten ihn die Sterne am Nachthimmel mit dem Versprechen, dass ihr Anblick auf hoher See viel beeindruckender war. Dieses Funkeln erinnerte den Gladiator an die erste Seefahrt.

Verkauft an die Gladiatorenschule des alten Thosten, gepeinigt von der Heimweh nach zu Hause und voller Angst vor der Zukunft. Aber sein Schiff lag nach einem schweren Sturm im Dock, es sollte ein bis zwei Tage dauern, bis es wieder seetüchtig war.

Diese Jahre angefüllt mit Schmerzen und Blut waren jetzt vorbei. Vielleicht existierte die Schmiede seines Vaters noch. Er freute sich auf das melodische Hämmern, den satten Klang des Amboss. Vermutlich stand heute einer seiner Brüder da und schuf jeden Tag neue Dinge. Während er selbst nur Tod und Qual erschaffen hatte.

Thosten war gestorben. Nicht wie viele seiner Schüler und Kämpfer im Sand der Arena und mit dem Geschmack von Blut im Mund. Die erste Liebesnacht mir seiner jungen Braut war auch die Letzte gewesen. Das siegreiche Duell gegen die Gladiatorenschule des reichen Malander fand mit Vlads Sieg über seinen ewigen Konkurrenten Berg von Stenen endlich ein Ende. Mit seinem Triumph und dem Tod seines Herrn endete gleichzeitig ein Jahrzehnte dauernder Konkurrenzkampf, der beiden Häusern lange Geld und Ruhm einbrachte.

Doch das alles war nun vorbei. Mit Thostens Tod erlosch der Vertrag, der vor vielen Jahren im fernen Systh geschlossen worden war. So wie sein eigener Tod in der Arena ihn beendet hätte. Jetzt war er frei.

Er sperrte die Aufregung um sich herum aus, verlor sich in Tagträumen, in denen sanfter Wellenschlag und der Geruch heißen Metalls die Hauptrolle spielten. Seine Träume endeten, als eine harte Faust auf seinen Tisch klopfte.

Vlad öffnete die Augen, aber wünschte im gleichen Augenblick, er wäre blind. Vor ihm stand ein Gespenst aus seiner Vergangenheit.

Den reichen Malander hatte er nicht erwartet. Wie stets in feinster Seide gekleidet. Fett geworden vom Blut seiner Gladiatoren. Wohlhabend durch manipulierte Duelle in der Arena, bei denen er mitleidslos die eigenen Kämpfer für den Profit opferte. Wie oft hatte Vlad den Göttern gedankt, dass das Schicksal, so grausam es auch war, ihn nicht in diese Gladiatorenschule trieb.

Müde schloss er die Augen. Das war alles vorbei. Auf ihn wartete Systh. Der Klang der Schmiede. Der sanfte Schlag der Wellen.

Doch vorher wartete dieser Mann auf ihn. Ein Bote aus alten Tagen. Alten Sorgen. Schmerzen.

Vlad öffnete erneut die Augen und suchte in Malanders Gesicht nach einer Spur von Menschlichkeit. Der schien seine Absicht zu erraten, lachte höhnisch und ließ sich ungefragt auf den freien Stuhl vor dem Gladiator nieder. Hinter ihm baute sich ein junger Mann auf, dem der gewählte Beruf aus jeder Pore des muskulösen Körpers quoll. Der Betreiber der größten Gladiatorenschule im Reich, nicht nur in der Arena verhasst, brachte einen Leibwächter in das „Rote Pony“.

„Was wollt Ihr hier!“ Vlad beschloss, die Sache möglichst schnell zum Abschluss zu bringen. Dann warteten wieder die Träume an seine Heimat auf ihn.

„Ihr schuldet mir was!“

„Was?“

„Den ultimativen Entscheidungskampf!“

Vlad hob resignierend die Schultern und schüttelte den Kopf. „Ich habe euren Champion besiegt. Eine ganze Stadt ist Zeuge gewesen.“

Malander beugte sich nach vorne. So weit, dass sein stinkender Atem dem Gladiator ins Gesicht flog. „Ihr habt Euch davongeschlichen. Sten war noch nicht tot, als ihr aus der Arena gekrochen seid. Ihr kennt die Regeln. Beide Gegner bleiben bis zum Schluss auf dem Sand. Ihr seid geflohen. In meinen Augen habt Ihr das Duell verloren. Ihr schuldet mir einen Endkampf!“

„Was sollte das bringen. Ich kämpfe nicht mehr.“

„Ihr weigert Euch!“

„Es gab einen Kampf, es gab einen Toten. Ich habe überlebt und das bedeutet, es ist zu Ende!“

„Nicht nach den Regeln. Ihr seid es mir schuldig.“

Vlad nahm einen tiefen Schluck. „Es ist mir gleich. Dies war mein letztes Duell. Es ist Schluss!“

Malander lehnte sich zurück. „Ich dachte mir, dass am Ende eure Feigheit wieder einmal siegt. Ihr habt schon früher Kämpfe verweigert.“

„Nicht aus Feigheit ...!“

Jetzt mischte sich der Leibwächter ein. Er trat neben seinen Schützling und baute sich vor Vlad auf. „Merkt Dir meinen Namen. Condo, heiße ich. Ich habe in der Arena jeden besiegt, der sich mir entgegenstellte. Ich finde kaum noch Gegner, die sich trauen, mich herauszufordern. Ihr seht den neuen Champion, den neuen Meister der Welt.“

Der alte Gladiator musterte ihn. Lange Muskeln bewiesen, dass er nicht nur stark, sondern auch über eine beeindruckende Schnelligkeit verfügte. In seinem Gürtel steckten zwei Dolche, unter dem weiten Leinenhemd vermutete er einen Lederkollar. Denn es lag eine gewisse Steifheit darin, wie sich Malanders Begleiter vor ihm aufbaute. In den Augen funkelte gefährlicher Stolz und Selbstsicherheit. Der Mann kannte das Gefühl einer Niederlage nicht. Noch nicht. Die Zeit würde das erledigen. Das tat sie immer. Und dann zeigte sich, aus welchem Holz der Leibwächter geschnitzt war.

Aber jetzt war der Kerl darauf versessen, den berühmtesten Arenakämpfer der Welt vor aller Augen zu demütigen.

Vlad kratzte sich nervös am Hals. Schwüre galten ihm viel und er hatte geschworen, nie mehr eine Waffe zu ergreifen. Deshalb trug er auch keine Klinge.

„Wenn ich mit Dir fertig bin, alter Mann, dann kriechst Du aus dieser Schenke. Wie ein elender Wurm!“ Condor lehnte den Oberkörper nach vorne, stützte sich mit einer Hand auf dem Tisch, rückte mit der anderen einen der Dolche zurecht. Seine Augen funkelten vor Wut, er spuckte seine ganze Verachtung in das traurige Gesicht. Alle Gäste des „Roten Pony“ schauten ihm zu. Auf so einen Auftritt wollten sie nicht verzichten.

Vlad nahm den Weinbecher und leerte ihn mit langen Schlucken. Der Leibwächter fixierte ihn mit einem Blick, der keinerlei Gnade erwarten ließ. Der Gladiator nutzte die Gelegenheit, sein Gegenüber einzuschätzen. In alten, längst vergangen Tagen wäre er kein ernsthafter Gegner gewesen. Doch nun schmerzten unzählige Narben, viele Muskeln verweigerten ihren Dienst.

Der Becher war leer, also prostete er Malanders Leibwächter zu, lächelte ihn freundlich an und knallte dann den Weinbecher auf die Hand, mit der Condor sein Gewicht auf dem Tisch stützte. Das Geräusch der brechenden Fingerknochen drang bis in die hinterste Ecke des „Roten Pony.“

Vlad beendete die Bewegung und stieß den Becher so schnell es die protestierenden Gelenke erlaubten von unten gegen das Kinn seines Gegners. Er war nicht sicher, ob seine Kraft reichte, aber Condo antwortete mit einem erstickenden Stöhnen. Dann brach er ohne einen weiteren Laut zusammen.

Der Gladiator setzte sich hin, hob den Weinbecher hoch und schaute in die Runde. „Krieg ich noch etwas Wein?“

***





Kommentare

  1. Da ist man hin- und hergerissen.
    Nein, lass dich nicht provozieren möchte man rufen.
    Ja.. stutz den arroganten Wicht zusammen, möchte man jubeln.
    Fakt ist, es ist eine der Situationen im Leben, in denen man nur falsch handeln kann.
    Entweder er spürt die Klinge, weil er sich weigert und das Gegenüber die Vernunft als Schwäche deutet, oder aber man langt zu und entfacht die alte Feindlichkeit erneut.
    Es ist schon schade, dass dieser Schwinger nicht als Endkampf gilt, denn der Jungspund lebt ja noch. Einstweilen ist nur Malander vorübergehend ohne Leibwächter. Ich frage mich, wie schnell er den Rückzug antritt.
    Das Dumme ist, dass das Schiff, das unseren Ex-Gladiator aus der Stadt und somit (vieleicht) ausser Gefahr bringt, erst in einigen Tagen ablegen kann.
    Das eröffnet Malander und seinem Emporkömmling noch einige Möglichkeiten der Schikane.
    Wie gerne würde ich Herrn Mochtgern einschreiten sehen, dem Gladiator Unterschlupf gewähren sehen - natürlich nicht, ohne ihn ein Wenig für seine Stadtgeschäfte einzuspannen.
    Aber das bleibt erstmal offen.
    Und so warten wir wieder - viel zu lang (kichert)

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