Tom Tauber: Einzelkämpfer -3-


Von Thumberg und dem Wilden Westen nach Afrika. Hier kämpfen unsere Helden noch immer ums Überleben. Jeder auf seine Weise, auf beide stehen großen Gefahren gegenüber.

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Tauber kippte den Scooter senkrecht nach unten und zog den Geschwindigkeitsregler bis zum Anschlag hoch. Der riesige Urwaldbaum hatte eine weite Reise hinter sich ins Delta des Niger. Zu alt, zu krank, um den Stürmen zu widerstehen, konnte er der Wut des letzten Unwetters nicht mehr standhalten. Der Fluss, der den mächtigen Koloss so lange versorgte, nahm ihn auf und trug den toten Baum zum Meer.

Jetzt drohten seine starren Äste den einsamen Taucher aufzuspießen, sein Stamm wollte ihn zerschmettern und ihn auf der Fahrt durch das Flussdelta mitnehmen. Die Scheinwerfer zeigten zum Grund des Stroms, Tauber hatte keine Ahnung, wie nah der Urwaldriese schon gekommen war und wie tief er in das dunkle Wasser hinabtauchen musste, um den Fängen des tödlichen Treibguts zu entkommen.

Schnell fand er sich in einer Zwickmühle wieder. Die Lichter des Tauchboots wiesen zum Grund, in Richtung des herantreibenden Baumriesen sah ein Taucher deshalb nur in die Schwärze des Flusses. Er besaß keinerlei Möglichkeiten einzuschätzen, wie weit die Äste nach unten ragten. Das wenige Mondlicht reichte nicht bis zu ihm hinab. Der Druck in den Ohren stieg. Welche Dimensionen erreichte die Krone eines stattlichen Baums aus den Urwäldern Zentralafrikas? Zwanzig Meter? Dreißig?

Wie hoch wurde so ein Monstrum tief im Regenwald. Erst als die Scheinwerfer den schlammigen Grund des Niger zeigten, kippte er den Scooter zurück in die Waagerechte. Ein kurzer Blick in den eingebauten Kompass und die GPS-Anzeige bewies ihm, dass er noch immer auf dem richtigen Kurs lag. Jetzt konnte Tauber nur hoffen, dass der Urwaldriese über ihn wegtrieb, ohne dass einer seiner Ausleger aus der Dunkelheit zuschlug und den einsamen Taucher mitzog.

Etwas Gutes bewirkte der Baum allerdings. Er dürfte in der nächsten Zeit die Haie fernhalten.

***

Die Tür zum OP öffnete sich einen Spalt. Jemand schob den Lauf einer Kalaschnikow hindurch, die Mündung der Waffe tastete wie ein Fühler und suchte nach einer Bedrohung. Dann siegten die Angst und Unsicherheit des Besitzers. Eine Salve zerfetzte Möbel und Instrumente. Querschläger trafen die Leiche der frisch Operierten und vollendeten den Mord, den Dr. Sue Ashlen begonnen hatte.

Ein Stiefel schob den Türspalt weiter auf, eng an die Wand gepresst drang der Schütze hinein. Als er die beiden Krankenschwester schluchzen hörte, entspannte er sich. Diese Geräusche verrieten keine Gefahr. Das war der Moment, in dem die Ärztin die Säureflasche aus der Deckung des schweren OP-Tischs heraus in die Richtung des Eindringlings warf.

Das Glas zerbrach, zischend sprühte der ätzende Inhalt über den Rebellen. Er ließ das Sturmgewehr fallen und schlug die Hände vors Gesicht. Der Soldat holte Luft für einen Aufschrei, doch die Säure geriet dabei in die Kehle. Sein Schmerz entlud sich in einem grauenvollen Gurgeln, dann brach der Mann zusammen.

Nach einem Augenblick der Stille gellten die Angstschreie der beiden Krankenschwestern durch das Krankenhaus. Gott sei Dank hatte sie keiner der Säurespritzer getroffen. In ihrer Panik liefen sie aus dem OP-Raum. Aus dem Geräusch ihrer Schritte schloss Sue, dass die Frauen in Richtung der kleinen Küche flohen.

Sie wartete, doch es fielen keine weiteren Schüsse. Spitze Schreie verrieten jedoch, dass die Flüchtenden den Angreifern in die Arme gelaufen waren. Das Geschrei steigerte sich, bis eine befehlsgewohnte Stimme alles übertönte.

Die Ärztin lauschte und versuchte, anhand der Geräusche, die daraufhin folgten, das folgende Geschehen zu erraten. Jemand brachte die Schwestern weg, nur ihr Schluchzen drang bis in den OP-Raum. Das hielt Sue für ein gutes Zeichen. Niemand kam auf die Idee, die Schwestern zu misshandeln. Wenigstens in dieser Sache war ihr Kalkül aufgegangen.

Ihr eigenes Schicksal ließ jedoch keinerlei Platz für Hoffnung. Eine weiße Frau durfte in dem Bürgerkrieg, der das westafrikanische Land seit Jahren quälte, nicht mit Gnade rechnen. Selbst falls Shadar, der Anführer der Rebellen, den Überfall auf ihr Hospital anführte, würde er jetzt, nach dem Tode des Soldaten, Schwierigkeiten haben, sie zu schützen. Er kannte sie zwar aus ihrer Studienzeit in London, aber ihre Lebensläufe hatten sich schon vor langer Zeit getrennt. Und der Blutrausch ließ die Kämpfer, unterstützt von der Wirkung ihrer Drogen, unberechenbar werden.

Zwei Biografien standen gegeneinander.

Hier die Wut eines ehrgeizigen Afrikaners. Der nachdem alle Verwandten im Verlauf eines der zahlreichen Staatsstreiche in der westafrikanischen Heimat hingerichtet wurden. Plötzlich mittelos die eigenen Träume von Studium und Wohlstand begraben musste. Shandar schwor Rache und trieb von da an mit seinen Rebellen die Regierungssoldaten durch das Land.

Dort der Idealismus einer übermotivierten Medizinstudentin, die mit ihrem Zuhause brach und ihr Leben seitdem damit verbrachte, die Wunden, die ihr ehemaliger Studienfreund zu verantworten hatte, zu versorgen.

Für eine Sekunde überlegte sie, ob sie einen Fehler gemacht hatte. Unter Umständen wäre es besser gewesen, sich zu ergeben. Auf die Gnade und den Großmut des einstigen Kommilitonen zu vertrauen. Mit dem sie mehr verband, als nur ein gemeinsames Studienfach.

Sie wusste, wie es Frauen erging, die in die Hände der wütenden Soldateska geriet. Nur wenige Glückliche überlebten die erste Nacht.

Wenn die Soldaten sie fänden, würde auch Shadars Einfluss ihre Wut vielleicht nicht besänftigen können.

***






Kommentare

  1. Schwierig, schwierig.. mit den Lampen des Scooters nach unten bleibt keinerlei Licht übrig, für den Baum und seine Ausmaße. Wenn nur ein einzelner Ast zu lang ist und zu nahe kommt.. ihn festhält, oder gar die Sauerstoffflasche abreisst, wird es eng, mit dem Aufstieg und der Fortsetzung seines Auftrages. Der Grund des Flusses mag ausreichen.
    Das nächste Problem dürfete das Auftauchen sein, denn dann strahlen die Lichter des Scooters nach oben, gegen die Wasseroberfläche.
    Im Dunkel der Nacht wäre er gut auszumachen. Von geheimer Mission kann dann nicht mehr die Rede sein. Beim Auftauchen ohne Licht könnte ihn dann so gut wie alles erwischen.
    Aber.. keine Haie.. vor denen scheint er wirklich Muffe zu haben.

    Gefährliche Tiere dagegen im anderen Teil Afrikas, im Busch, im Krankenhaus.
    War es wirklich gut, die Flasche mit Säure zu werfen ?
    Auf der anderen Seite war er "nur" ein Soldat. Wer weiss, ob sie beim Ergeben je eine Chance gehabt hätte, auf ihren ehemaligen Mitstudenten zu treffen.
    Grösse ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser nach der Befriedung des Raumes als erster in durch die Tür kommt.
    Ihr Gedankengang ist nachvollziehbar. Wer weiss, ob er sie noch kennt, ob er ihr eventuell Schutz bietet, oder ob er sie durch ihre Arbeit zu seinen Feinden zählt.
    Zuviele offene Fragen - im Fluss und im Krankenhaus.
    Da bleibt nur eins: Abwarten und Tee trinken - alternativ Kaffee.. aber nur, weil ich gar keinen Tee mag.
    Ich bin also gespannt..

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